Landgericht Frankfurt Getötet, um ins Gefängnis zu kommen: Lebenslang für Mord an Rollstuhlfahrer

Ein 30 Jahre alter Mann hat im Frankfurter Bahnhofsviertel einen obdachlosen Rollstuhlfahrer erstochen. Dafür ist er nun zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Sein Motiv: Ins Gefängnis kommen, um versorgt zu sein - und der eigenen Obdachlosigkeit zu entgehen.

Im Gerichtssaal des Land- und Amtsgerichtes Frankfurt. Drei leere Richterstühle in Detailaufnahme, darüber hängt das hessische Wappen.
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Mehr als ein Jahr nach der tödlichen Messerattacke auf einen obdachlosen Rollstuhlfahrer im Frankfurter Bahnhofsviertel ist am Freitag das Urteil gegen den Täter gefällt worden: lebenslange Haft wegen Mordes. Das Frankfurter Landgericht sah gleich zwei Mordmerkmale als erwiesen an: Der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen und aus Heimtücke getötet.

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Die Richter folgten damit der Einschätzung des Staatsanwaltschaft, die davon ausging, dass der 30-Jährige den Mord verübte, um ins Gefängnis zu kommen. Der arbeitslose und von Obdachlosigkeit bedrohte Mann habe sich eine "Vollversorgung" in Haft sichern wollen. Der Mann hatte vor der Tat unter anderem gegoogelt: "Gefängnis letzte Rettung".

"Er wollte so seine Sorgen loswerden", erklärte die Vorsitzende Richterin der Schwurgerichtskammer. "Das schien ihm die allerbeste Lösung für seine Probleme zu sein." Er habe sich so nicht nur Kost und Logis im Gefängnis sichern, sondern auch seine soziale Isolation überwinden und einen geregelten Tagesablauf gewinnen wollen.

Zehn Stiche in den Rücken

Die Verteidigung war dagegen davon ausgegangen, dass der Mann aus Notwehr handelte, als er am 7. März 2024 einen obdachlosen und drogenabhängigen Rollstuhlfahrer mit mindestens zehn Stichen in den Rücken so schwer verletzte, dass dieser später im Krankenhaus starb. Sie hatte auf Totschlag plädiert und eine Haftstrafe von fünf bis sieben Jahren gefordert.

Die Verteidigung argumentierte, er habe sich von dem 43 Jahre alten Rollstuhlfahrer angegriffen gefühlt. Das Feuerzeug, mit dem der abgemagerte und einbeinige Rollstuhlfahrer den Angeklagten bedroht haben soll, wurde allerdings nie gefunden. Videoaufnahmen und Zeugenaussagen gaben ebenfalls keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte von seinem späteren Opfer bedroht worden wäre. Das Gericht sah es daher als erwiesen an, dass der Angriff auf den Mann im Rollstuhl gezielt erfolgte.

Haftstrafe als Ausweg aus Lebenskrise gesehen

Der nun Verurteilte lebte vor der Tat im rheinland-pfälzischen Nastätten, war arbeitslos, ihm drohte die Obdachlosigkeit. Angesichts seiner schwierigen Lebenssituation hatte er offenbar Suizidgedanken, die ihn dazu brachten, in einer Haftstrafe einen Ausweg zu sehen. Sein einziger sozialer Kontakt war seine Mutter, mit der er sich jedoch nicht verstand. Ein Gutachter hatte dem 30-Jährigen im Laufe des Verfahrens zwar eine Persönlichkeitsstörung attestiert, ihn aber dennoch als schuldfähig eingestuft, weil seine Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen sei.

Am Tattag packte er ein großes Küchenmesser ein und fuhr in das Frankfurter Bahnhofsviertel. Dort suchte er laut den Feststellungen des Gerichts ein Opfer, das sogar ihm als kleinen, schmächtigen, ängstlichen Mann unterlegen war. Kurz nach der Tat ließ er sich anscheinend ungerührt von der Polizei festnehmen. Auch als er einen Tag später von dem Tod seines Opfers erfuhr, zeigte er keine Betroffenheit.

Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Der Angeklagte nahm das Urteil zwar nickend auf, dennoch könnte die Verteidigung binnen einer Woche noch in Revision gehen.

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Quelle: hessenschau.de/Antje Buchholz/Heike Borufka; dpa/lhe