Zehn Jahre Sternenpark Rhön: Wieso sorgsamer Umgang mit Licht wichtig ist

In der Rhön ist der Sternenhimmel so gut zu sehen wie an wenigen Orten in Deutschland. Im seit zehn Jahren bestehenden Sternenpark erfahren Besucher, wie wichtig der Schutz der Nacht ist und welche Folgen Lichtverschmutzung hat.

Foto eines Nachthimmels mit sehr vielen Sternen über dem Schwarzen Moor in der Rhön. Am unteren Bildrand Gebüsch und Bäume, sehr dunkel als Schattenriss.
Eine Aufnahme des Nachthimmels über dem Schwarzen Moor in der Rhön zeigt zahlreiche funkelnde Sterne. Bild © Sternenpark Rhön
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Lichtverschmutzung als schädlicher Umwelteinfluss wird weltweit ein immer größeres Problem. Es hat Folgen für Mensch, Tier und Natur, wenn zu viel Kunstlicht eingesetzt wird. Der mittlerweile seit zehn Jahren anerkannte Sternenpark Rhön zeigt, dass es auch anders geht. Das Jubiläum wird seit Monaten mit Veranstaltungen gefeiert. Am 23. August folgt am Radom auf der Wasserkuppe ein Volksfest.

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Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank erklärt, worauf es beim Schutz der Nacht ankommt. Fragen und Antworten:

Wie wird das Jubiläum des Sternenparks gefeiert?

Es gab im Juli bereits das Sternenpark-Fest als zentrale, länderübergreifende Würdigung mit den Kommunen. Am 23. August folgt am Radom auf der Wasserkuppe ein Volksfest. Ab 18 Uhr beginnt bei freiem Eintritt das "Chill-out unterm Sternehimmel" - ein Relax-Event mit DJ-Musik, das auch junge Erwachsene ansprechen soll.

Bis zum 12. August laufen auch noch die fünften Rhöner Sternenparkwochen. Sterne- und Naturfans sollen bei zahlreichen Veranstaltungen auf ihre Kosten kommen. Auf dem Programm stehen unter anderem Führungen, Vorträge, Workshops, gastronomische Angebote und am 10. August die Aktion "Licht aus, Sterne an" im Sternschnuppenregen.

Gefeiert wird die Anerkennung des Sternenparks vor zehn Jahren. Die International Dark Sky Association (IDA) verkündete am 7. August 2014 die Anerkennung des Biosphärenreservats (BR) Rhön als Sternenpark. Das BR liegt im Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen.

Was ist ein Sternenpark?

Die Auszeichnung bekommen Gebiete für den Erhalt der schützenswerten und natürlichen Nachtlandschaft. Es gibt verschiedene Kategorien von Auszeichnungen für sogenannte Dark Sky Places. Der Sternenpark Rhön hat die höchste Auszeichnung erhalten. Ein Sternenpark ist allerdings kein abgegrenzter Park mit Ein- und Ausgang und auch kein Erlebnispark - auch wenn manche Touristen das erwarten.

Ein Sternenpark ist ein Gebiet, in dem Kommunen darauf achten, Licht rücksichtsvoller einzusetzen. Ziel ist, möglichst wenig Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung zu verursachen. Aufgrund geringer Lichtverschmutzung kann man dort - etwa an Himmelsschauplätzen - besser als andernorts eine intakte Nachtlandschaft beobachten. In der Rhön sind Sterne sichtbar, die man in vielen anderen Regionen schon lange nicht mehr am Nachthimmel findet.

Wie fällt die Bilanz zu zehn Jahre Sternenpark Rhön aus?

Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank sagt: "Es ist viel erreicht worden. Es gibt aber auch noch viel zu tun." Der Begriff der Lichtverschmutzung sei etabliert. Für viele Menschen sei aber schwer zu verstehen, dass Licht schädlich sein kann, weil es so nützlich erscheine. Daher müsse weiter Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Die Umsetzung der Beleuchtungsrichtlinien mit Technik-Umrüstungen auf Lampen, die weniger gleißend helles Licht gen Himmel strahlen, läuft. 17 Kommunen in Osthessen machen mit. Bevorzugt installiert werden Lampen mit wärmerem Licht, das zielgenauer Straßen und Wege erhellt. Bis zur bestmöglichen Umsetzung und weitgehenden Einsparung von überflüssigem Licht sei es aber noch ein weiter Weg, sagt Frank.

Wie viele Einrichtungen dieser Art gibt es weltweit?

Derzeit gibt es 22 Reservate wie den Sternenpark Rhön. In Deutschland gibt es mit dem Sternenpark Westhavelland nur einen weiteren Ort dieser höchsten Kategorie. Daneben existieren verschiedene andere Kategorien wie etwa Urban Dark Sky Places (dunklere Bereiche in Großstädten) oder Dark Sky Communities (wie die Sternenstadt Fulda). Sie alle zählen zum Dark-Sky-Programm der International Dark Sky Association (IDA), die sich weltweit für die Reduzierung der Lichtverschmutzung einsetzt.

Wie wird eine Region zum Sternenpark?

Die Anforderungen für die Anerkennung sind hoch und werden von der International Dark Sky Association (IDA) stetig weiterentwickelt, wie die Rhöner Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank erklärt. In Fulda hat es von der ersten Idee und einer Studienarbeit an der Hochschule Fulda bis zur Anerkennung Jahre gedauert.

Elementar sind die Beleuchtungsrichtlinien, die von mindestens 80 Prozent der Kommunen nach Fläche und Einwohnerzahl akzeptiert werden mussten. Dafür mussten auch die Energieversorger vor Ort überzeugt und beteiligt werden.

Zur Anerkennung muss man einen Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der Lichtverschmutzung erarbeiten und umsetzen. Lichtmessungen am Himmel müssen zeigen, dass wenig Licht verschwendet wird. Lichtquellen müssen zudem in einem Leuchtkataster erfasst werden.

Die Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung müssen durch Forschungsprojekte wissenschaftlich begleitet werden. Der Dark-Sky-Gedanke muss in der Umweltbildung kommuniziert werden, etwa in Führungen und Vorträgen, wie die Rhöner Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank erklärt.

Zwei Fotos derselben Stelle eines kleinen dörflichen Platzes: links sehr hell weiß beleuchtet, rechts gedämpft gelblich beleuchtet.
Vorher-nachher-Vergleich: In Nüsttal-Silges (Fulda) wurde die Straßenbeleuchtung umgerüstet. Nun strahlen die Lichter weniger grell in den Nachthimmel. Bild © A. Mengel / Sternenpark Rhön , Collage: hessenschau.de

Wie groß ist das Problem mit der Lichtverschmutzung?

Lichtverschmutzung betrifft fast die Hälfte der Erdoberfläche, wie im Mai ein Forschungsteam nach der Auswertung von Satellitenbildern schlussfolgerte. Künstliches Nachtlicht nehme weltweit jährlich um zwei bis zehn Prozent zu. Kunstlicht ist als schädliche Umwelteinwirkung im Bundesimmissionsschutzgesetz erfasst, genauso wie Luftverschmutzung und Lärm.

Abendliche und nächtliche Lichtquellen sind zahlreich: Industrieanlagen, Gewerbegebiete, Straßenlaternen, beleuchtete Parkplätze, Autoscheinwerfer, Schaufensterlichter und Werbebildschirme, Flutlichter auf Sportplätzen, Häuserlampen und Solarlampen in Gärten, die selbst dann leuchten, wenn die Gartenbesitzer im Bett liegen.

Warum ist ein Übermaß an Licht im heimischen Garten schädlich?

Gärten sind wie Siedlungen generell Lebensräume für viele Tiere. Nicht nur für nachtaktive, Licht meidende Igel, sondern zum Beispiel auch für Vögel, die die Dunkelheit zur Erholung benötigen. Günstige und leicht verfügbare LED-Beleuchtungen haben für einen massiven Anstieg an Beleuchtung in Gärten gesorgt, wie Frank beobachtet. Gründe gegen Garten- und Balkonbeleuchtungen sind hier aufgeführt.

Frank sagt: "Wir sollten - auch aufgrund von Klima- und Artenschutzproblemen - einen anderen Umgang mit künstlicher Beleuchtung kultivieren. Dazu soll der Sternenpark mit seinem Umwelt-Bildungsprogramm beitragen."

Sabine Frank
Die Rhöner Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank kämpft seit Jahren gegen Lichtverschmutzung. Bild © picture-alliance/dpa

Wie wirkt sich Lichtverschmutzung auf den Menschen aus?

Wissenschaftliche Studien belegen schädliche Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf die menschliche Gesundheit, wie die International Dark-Sky Association schreibt. Dazu zählten etwa Verschiebungen im Schlafrhythmus oder Störungen bei der chemischen Signalübertragung im Körper. Bei manchen Menschen könne dies zu chronischen Krankheiten beitragen, außerdem scheine ein Übermaß an künstlichem Licht bestimmte Krebsarten zu fördern. Allerdings seien die meisten Studien mit künstlichem Licht in Innenräumen durchgeführt worden. Der Einfluss von Außenbeleuchtung auf die Gesundheit wurde laut der Organisation noch nicht ausreichend erforscht.

Wie beteiligen sich Kommunen daran, Lichtverschmutzung zu vermeiden?

Kommunen rüsten zum Beispiel ihre Straßenlaternen um. So soll Licht nicht unnötig in den Himmel strahlen. Einige schalten ihre Straßenbeleuchtung auch weitgehend ab, dazu zählen etwa Ebersburg, Tann, Gersfeld und Ehrenberg-Melperts im Kreis Fulda. Dafür gibt es aus der Bevölkerung sowohl Unterstützung als auch Kritik - insbesondere dort, wo man ausgeschaltete Straßenlaternen nicht gewohnt ist, wie Frank beobachtet.

Das Hessische Netzwerk gegen Lichtverschmutzung zeigt auf einer Karte, welche Kommunen sich noch an einer Nachtabschaltung oder an Einsparungen beteiligen. Im benachbarten Frankreich wird Beleuchtung flächendeckend abgeschaltet, wie Frank anmerkt. Gleiches gilt unter anderem für Gütersloh (NRW) - immerhin auch eine Großstadt mit über 110.000 Einwohnern.

Foto, auf welchem eine nicht leuchtende Straßenlaterne zu sehen ist, die an einer Straße vor einem (leicht beleuchteten) Haus steht. Darüber ein Nachthimmel mit sehr vielen Sternen.
In der Rhön bleiben Straßenlaternen zuweilen ausgeschaltet - als Beitrag zur geringeren Lichtverschmutzung im Bereich des Sternenparks. (Symbolbild) Bild © Sternenpark Rhön

Was unternehmen Firmen gegen die Lichtverschmutzung?

Sternenpark-Koordinatorin Frank beobachtet die Entwicklung als engagierte Hüterin der Nacht besonders kritisch und sagt: Viele Firmen bemühen sich - aber nicht überall. In der Rhön haben etliche Unternehmen ihre Beleuchtung abgeschaltet, reduziert oder optimiert. Dazu zählt Frank etwa den Getränkehersteller Rhönsprudel, der seinen Sitz in Ebersburg (Fulda) hat. Am Rand von Fulda in Richtung Rhön sei die Umsetzung noch nicht so konsequent, beobachtet Frank.

Wird der öffentliche Raum durch mehr Dunkelheit unsicherer?

Lichtverschmutzung lässt sich ohne Sicherheitsrisiken reduzieren, sagt die Rhöner Sternenpark-Koordinatorin Frank. Praxis-Beobachtungen zeigten, dass weniger Licht von Straßenlaternen nicht mit höheren Risiken verbunden sei.

Ausgeschaltete oder gedimmte Leuchten in der Rhön und andernorts zeigten etwa, dass es nicht mehr Verkehrsunfälle gebe. Und Licht an Bushaltestellen könne man auch mit Bewegungsmeldern steuern und nur bei Bedarf einschalten.

Ob Dunkelheit Angst mache oder nicht, sei vor allem Gewohnheit, findet Frank. Viele Menschen hätten eher Angst davor, alleine draußen zu sein - als vor der Dunkelheit an sich. "Die haben auch Angst, wenn sie alleine an einer beleuchteten Bushaltestelle sitzen."

Hat der Sternenpark den Tourismus verändert?

Der Sternenpark hat die Rhön als Reiseziel für Touristen noch beliebter gemacht. Angesteuert wird er nun auch verstärkt von an Astronomie interessiertem Fachpublikum. "Wir stellen bei den Anmeldungen zu den Sternenführungen fest, dass viele Leute wegen des Sternenparks in die Rhön kommen, oft von sehr weit her oder auch aus lichtverschmutzten Gegenden", beobachtet Frank.

Welche Probleme sind durch den Sternenpark-Tourismus entstanden?

Die Sternenpark-Initiatoren in der Rhön sehen auch Nachteile: Touristen erkunden auf eigene Faust für Tiere und Pflanzen sensible Gebiete, teils mit Wohnmobilen und Stirnlampen. Dabei gibt es ausgewiesene Beobachtungsplätze und geführte Erkundungen. Sternenpark-Koordinatorin Sabine Frank spricht deswegen von einem Dilemma: "Sternenparks macht man in Gebieten, die noch einigermaßen dunkel sind, doch das lockt mehr Menschen an."

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe