Autoposer, Hygienemängel, hohe Preise Zoff um Protz-Restaurant in Frankfurter Bürgerhaus
Ein Blattgold-Steak für 280 Euro in einem Bürgerhaus? Ein Szene-Restaurant sorgt in Frankfurt nicht nur durch hohe Preise für Ärger. Jetzt fordert die SPD im Ortsbeirat den Rausschmiss der Pächter. Doch daraus wird wohl nichts.
Wer im "Platz im Herzen" essen geht, der hat zweifelsohne ein Erlebnis - egal ob positiver oder negativer Natur. Das Essen wird nicht auf Tellern serviert, sondern mehr oder weniger stilvoll vor dem Gast auf ein Holzbrett gekippt. Trockeneisnebel sorgt für Instagram-würdige Fotos. Die Toiletten sind bunt und schrill, so auch der Rest des Show-Etablissements. Hier geht hin, wer gesehen werden will - oder wer im Nachhinein zeigen will, wo er war.
Vergoldete Steaks für bis zu 278,90 Euro stehen auf der Karte, Rinderfilets aus aller Welt, der Burger für fast 24 Euro als günstigste Hauptspeise - nein, es ist sicherlich nicht sehr bürgernah, was hier im Bürgerhaus in Frankfurt-Bornheim angeboten wird. Dabei sorgt das Restaurant in der Arnsburger Straße nicht ausschließlich mit seinen Preisen für Streit und Unmut.
Viral auf Social Media - mit vielen negativen Kommentaren
Wer über das Lokal im Internet stolpert, meint gar, dass es sich nicht um einen gefeierten Szene-Treffpunkt, sondern um eines der unbeliebtesten Restaurants Frankfurts handeln könnte. Beim Bewertungsportal "TripAdvisor" steht das Platz im Herzen auf Platz 1.701 von 1.704 gelisteten Restaurants in der Stadt (Stand: 20.3.24).
In den sozialen Netzwerken, bei TikTok und Instagram, ist das Lokal schon lange berühmt und wohl auch etwas berüchtigt. Hier präsentieren sich die Macher mit markigen Sprüchen beim Servieren des Essens, beim atypischen Zubereiten eines Rindercarpaccios mit Bunsenbrenner oder beim affektierten Salzstreuen.
"So versaut man Essen", schreibt ein User bei Instagram unter ein solches Video, "Gnocchi mit Pommes auf einer Platte ist schon Aussage genug", schreibt ein anderer - oder jemand urteilt: "Der Edgar unter den Restaurants", als Anspielung auf den umstrittenen Frisuren-Trend "Edgar Cut", der trotz seines TikTok-Hypes eher als kläglicher Topfschnitt durchgeht. Die meisten Kommentare unter den Videos sind mittlerweile gelöscht oder die Möglichkeit zum Kommentieren wurde vom Restaurant deaktiviert.
Ortsbeirat fordert anderes Restaurant für den Standort
Der Inhalt dieser Internet-Kommentare ist das eine - der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Frankfurt-Bornheim, Ulrich Labonté, der auch Mitglied des Ortsbeirats für die Stadtteile Bornheim und Ostend ist, hat aber vor allem andere Kritikpunkte. "Jeder darf ein Steak mit Goldauflage essen. Es interessiert mich nicht. Aber der Ort dafür ist der falsche", sagt er dem hr auf Anfrage. Ein anderer Gastronom für das traditionelle Stadtteil-Bürgerhaus solle deshalb her. Zuerst hatte darüber die FAZ berichtet.
Laut Labonté war es die falsche Entscheidung der ABG Holding, der Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft gewesen, deren Tochterunternehmen die städtischen Bürgerhäuser verwaltet, das "Platz im Herzen" in den Bornheimer Saalbau einziehen zu lassen.
Der frühere Wirt mit kroatischer Küche gab Ende 2019 aus Altersgründen auf. Damals versprach ABG-Chef Frank Junker, der nächste Pächter werde eine "bodenständige Küche auf gutem Niveau" anbieten und das Angebot des Bürgerhauses bereichern. Von diesem Versprechen ist nicht viel übrig geblieben.
Beschwerden wegen Ruhestörungen, Gesundheitsamt entdeckt Hygiene-Mängel
Nun kommen laut Labonté regelmäßig Anwohnerinnen und Anwohner auf ihn zu. "Laufend beschwert sich jemand bei mir, weil den alten Bornheimern ihr Restaurant fehlt", so Labonté. Catering für die Vereine, die das Bürgerhaus für Veranstaltungen nutzen, finde nicht mehr statt. Auch das hatte die ABG seinerzeit beim Pächterwechsel anders angekündigt.
Vermehrt komme es zudem zu Ruhestörungen, berichtet Labonté. Zum einen, weil Restaurant-Gäste im "Platz im Herzen" trotz Reservierung draußen auf ihren Tisch warten müssten. Zum anderen durch Autos, die entweder rücksichtslos und wild parkten oder rund um das Restaurant den Motor aufheulen ließen und beschleunigten - zum Prahlen, erklärt der Lokalpolitiker.
Andere Umstände setzen das Restaurant auch nicht gerade auf die Beliebtheitsskala: Im vergangenen Dezember sind bei einer Lebensmittelkontrolle durch das Ordnungsamt unter anderem Küchenschaben "im gesamten Betrieb", eine verunreinigte Küche und Fleisch, bei dem die Kühlkette unterbrochen war, festgestellt worden. Der Betrieb musste schließen und durfte kurz darauf wieder öffnen, nachdem die Hygienemängel beseitigt wurden.
ABG: Hatten keinen Besseren
SPD-Ortsbeiratsmitglied Labonté sagt, dass die ABG und deren Chef Frank Junker teure Eventgastronomie an einem Ort stattfinden ließen, der für die ganze Bürgerschaft wichtig sei. "So kann man mit zentralen Orten unserer kommunalen Gemeinschaft nicht umgehen."
Die ABG Holding und deren Tochterunternehmen Saalbau GmbH teilen auf hr-Anfrage mit, dass man sich damals für das Restaurant entschieden habe, weil "andere überzeugende Konzepte nicht vorlagen". Insbesondere ausschlaggebend sei gewesen, dass das Restaurant bereits an einem anderen Standort erfolgreich betrieben wurde und sich großer Beliebtheit erfreute.
Solange keine zivilrechtlichen Vertragsstörungen vorliegen würden, könnten Verträge nicht gekündigt werden, so die ABG. Zwar habe sich der Pächter damals bereit erklärt, auch einen preisgünstigeren Mittagstisch anzubieten. Dass davon auf der aktuellen Speisekarte nichts mehr zu lesen ist, stellt aber offenbar kein größeres Problem dar.
Neuverpachtung steht nicht zur Debatte
Dem SPD-Ortsverein Frankfurt-Bornheim teilte man in einem Schreiben, das dem hr vorliegt, mit, dass eine Neuverpachtung nicht zur Debatte stehe. Man sei überzeugt, dass das Restaurant "eine Bereicherung für Bornheim" darstelle. Das "Platz im Herzen" ließ eine hr-Anfrage unbeantwortet.
"Wir wollen nicht beurteilen, wer was zu essen hat", sagt Labonté. Er rege sich etwa auch nicht über das Sterne-Restaurant La Fleur im Palmengarten auf. "Aber immerhin ist das wenigstens der richtige Ort für ein teures Lokal. Aber doch kein Bürgerhaus."
Anm. d. Red.: In einer früheren Version wurde Labonté als Ortsvorsteher von Frankfurt-Bornheim bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Wir haben die Angabe geändert.