hr-Sommerinterview AfD-Landeschef Lambrou: Edeka-Kampagne ist Wahlwerbung für uns

Ob Kirchenleute wie Limburgs Bischof Bätzing oder Unternehmen wie Edeka: Vor den Wahlen im Osten mehren sich die Warnungen vor der AfD. Deren hessischer Landeschef Robert Lambrou sagt im hr-Sommerinterview: Das sei ungerecht, helfe seiner Partei aber.

Die Moderatoren Christoph Scheld und Ute Wellstein mit AfD-Politiker Robert Lambrou
AfD-Landeschef Robert Lambrou (re.) mit Moderatoren Christoph Scheld und Ute Wellstein Bild © hr/Timo Kurth
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Der Co-Landeschef und Fraktionsvorsitzende der hessischen AfD, Robert Lambrou, sieht seine Partei auf einem guten Kurs, auch wenn aus Teilen der Wirtschaft vermehrt vor ihr gewarnt wird. Aktuelle Kampagnen wie die der Supermarkt-Kette Edeka gegen die Partei nutzten der AfD nur, sagte er im hr-Sommerinterview.

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Robert Lambrou (AfD) vor dem Hessischen Landtag in Wiesbaden im Gespräch.
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"Im Grunde müssen wir uns für solch eine Kampagne bedanken", fügte Lambrou hinzu. Denn das sei Wahlwerbung. Kurz vor den Landtagwahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag hat das Lebensmittel-Unternehmen Anti-AfD-Zeitungsannoncen geschaltet. In Anspielung auf die Parteifarbe heißt es darin: "Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht."

Dass sich auch andere Branchen und zuletzt Familienunternehmen in einer gemeinsamen Aktion gegen die AfD wandten, weil sie den Wirtschaftsstandort gefährde, bezeichnete Lambrou als enttäuschend. "Eigentlich ist es die Regierung, die sie kritisieren müssten", wies der 56-Jährige die Kritik zurück.

Viele dieser Firmen hätten Produktionsstandorte nicht wegen seiner Partei ins Ausland verlagert, sondern wegen Wettbewerbsnachteilen wie hohen Steuern und Energiepreisen sowie zu viel Bürokratie.

Das sagte Lambrou außerdem über:

  • die Migrations- und Asylpolitik: Ob schärfere Waffengesetze oder schnellere Abschiebungen: Die Maßnahmen der Bundesregierung nach dem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag von Solingen nannte Lambrou einen "Schritt in die richtige Richtung". Das reiche aber nicht annähernd. Seine Partei habe als einzige bereits vor zehn Jahren vor Negativ-Folgen der "Massenmigration" gewarnt.
  • das Brandmauer-Problem: Der AfD-Politiker sähe die AfD gerne in der Regierungsverantwortung. Dass bisher keine andere wichtige Partei mit ihr koalieren will, liegt nach seiner Meinung nicht an der AfD.  Diese sei zwar "nicht perfekt", trage "für den Zustand des Landes" aber keine Verantwortung. "Ich sehe, dass die anderen Parteien etwas ändern müssen und zwar, dass die Brandmauer fallen muss". So könne CDU-Bundeschef Friedrich Merz seine Vorstellungen in der Migrations- und Asylpolitik einzig mit der AfD verwirklichen.
  • das schwierige Verhältnis zu den Kirchen:  "Rechtsextremistische Parteien wie die AfD" seien für Christen nicht wählbar – so hat sich Limburgs Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender der Bischofskonferenz gerade geäußert. Für Lambrou ist der Appell selbst unchristlich und ein Beleg, wie sehr seine Partei ausgegrenzt werde. Millionen von Christen wählten die AfD. Der Versuch, die Partei "wegzubeißen", sei ohnehin längst gescheitert.
  • den Lehrermangel: Als "Verzweiflungslösung" lehnt der AfD-Landeschef das Vorhaben der CDU/SPD-Landesregierung ab, Quereinsteiger mit Fachstudium und Referendariat einzustellen. Nach eigenen, schnell wirksamen Ideen gefragt, sagte er: "Hier gibt es keine Lösung." Die anderen Parteien hätten aber auch keine. Unter anderem müssten sich aber die Bedingungen an Schulen verbessern, damit weniger Lehrer vorzeitig aufhörten oder in Teilzeit gingen.
  • den Corona-Untersuchungsausschuss: Lambrou legte sich nicht fest, ob die AfD gegen den Anfang Juli vom Landtag beschlossenen Ausschuss wie vor Wochen angekündigt Verfassungsklage einreicht. Den Arbeitsauftrag des von der AfD gewünschten Ausschusses hatten die anderen Parteien stark zusammengestrichen. Mit den bloß 7 von 43 Fragen, die übrig geblieben sind, könne man zwar "aufklären und Fakten schaffen", sagte Lambrou. Aber es bleibe dabei, dass man per Verfassungsklage mehr erreichen wolle.
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Robert Lambrou beim Sommerinterview
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AfD-Co-Landeschef Lambrou ist seit dem erstmaligen Einzug seiner Partei in den Landtag im Jahr 2019 Vorsitzender der Fraktion. Bei der jüngsten Landtagswahl im Herbst des vergangenen Jahres ist die Partei zweitstärkste Kraft in Hessen geworden. Mit 18,4 Prozent landete sie hinter der CDU, aber vor SPD und Grünen. Eine inhaltliche Zusammenarbeit mit ihr haben alle anderen Landtagsfraktionen kategorisch ausgeschlossen.

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hr-Sommerinterviews

Die hr-Sommerinterviews sind jeweils samstags um 14.05 Uhr in hr-iNFO zu hören. Außerdem sind sie um 17.20 Uhr im hr-fernsehen und als Zusammenfassung um 19.30 Uhr in der hessenschau zu sehen, sowie in der ARD-Mediathek

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Das Interview führten Ute Wellstein und Christoph Scheld.

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Redaktion: Wolfgang Türk

Sendung: hr-fernsehen, Sommerinterviews im hr,

Quelle: hessenschau.de