"Leo-Immobilie" in Fulda Hessen droht Millionenverlust wegen Sanierung von Behördenzentrum

Vor 20 Jahren verkaufte das Land Hessen das Behördenzentrum in Fulda an einen privaten Investor - um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Doch nun droht das Land auf Sanierungskosten in Millionenhöhe sitzenzubleiben. Schuld ist eine fehlende Regelung dazu im Mietvertrag.

Ein Behördengebäude ist von Bauzäunen umgeben, daneben stehen Baumaschinen.
Baustelle am Behördenzentrum in Fulda. Bild © Volker Siefert (hr)
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Hessen droht Millionenverlust wegen Sanierung von Behördenzentrum

Hessen droht Millionenverlust wegen Sanierung von Behördenzentrum
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Das Land Hessen hat nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Frankfurt schlechte Karten, sich die Kosten für die Sanierung des angemieteten Behördenzentrums Fulda vom Vermieter zurückzuholen. Wie das Gericht am Dienstag in einem Hinweisbeschluss verkündete, hat das Land bislang nicht ausreichend belegt, dass der Putz in dem Gebäudekomplex zur Wand gehört.

Doch nur in diesem Fall müsste der Vermieter, die PATRIZIA Immobilien Kapitalverwertungsgesellschaft mbH, für die Sanierungskosten des Innenputzes aufkommen. "Der dazu bislang gehaltene Vortrag reicht nicht aus", erklärte der Vorsitzende Richter des zuständigen Zivilsenats in Kassel.

10,8 Millionen Euro Sanierungskosten

Im Behördenzentrum Fulda fiel der Putz schon vor Jahren in großen Brocken von Wänden und Decken. Um Finanzbeamte und Besucher zu schützen, musste der Putz für 10,8 Millionen Euro abgeschlagen und gesichert werden. Seit Mitte 2023 wird zudem ein Teil des Gebäudes saniert und neu verputzt.

Vor Jahren schon wurde im Behördenzentrum der Putz abgeschlagen, damit er den Beamten nicht auf den Kopf fällt.
Vor Jahren schon wurde im Behördenzentrum der Putz abgeschlagen, damit er den Beamten nicht auf den Kopf fällt. Bild © Volker Siefert, hr

Das Land hatte das Behördenzentrum 2005 an einen Investor verkauft und zurückgemietet. Der Kaufvertrag beinhaltet keine klare Regelung, wer den Innenputz bezahlen muss. Das Land Hessen verlangt die Sanierungskosten vom Vermieter zurück. Es verklagte ihn 2019, unterlag aber in erster Instanz.

Das Land zog vor das Oberlandesgericht und legte ein Gutachten vor. Das beweist aber aus Sicht der Richter nicht schlüssig, dass der Putz zur Wand gehört. Doch nur wenn das in der sogenannten "Dach- und Fachklausel" eindeutig geregelt wäre, müsste demnach der Vermieter den neuen Putz bezahlen. Das Land hat nun sechs Wochen Zeit, um neue Argumente vorzubringen oder die Klage zurückzuziehen.

Doppelte Miete bei "Leo-Immobilien"

Das Behördenzentrum Fulda gehört zu den rund 55 sogenannten Leo-Immobilien, die vor 20 Jahren von den CDU-geführten Landesregierungen unter Ministerpräsident Roland Koch verkauft und zurückgemietet wurden. Mit den Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro wurden Schulden getilgt.

Erst nach und nach kamen Schwachstellen des Immobiliengeschäfts ans Licht. So war das in den siebziger Jahren erbaute Sozialministerium in Wiesbaden so marode, dass es 2021 vom Vermieter abgerissen werden musste. Mehrere Jahre lang zahlte das Land doppelte Miete: Für das leerstehende Gebäude und ein neu angemietetes Sozialministerium.

Ebenfalls doppelte Miete zahlt das Land derzeit für das 14-geschossige Hochhaus, in dem bis 2022 die beiden Wiesbadener Finanzämter untergebracht waren. Die Beamten versehen ihren Dienst seitdem in einem neu angemieteten Gebäude. Das Hochhaus steht größtenteils leer. Das Land zahlt dafür mindestens 3,4 Millionen Euro im Jahr an den Vermieter. Dazu kommt die noch höhere Miete für das neue Finanzamt.

Mehrkosten von rund fünf Millionen Euro

Auch für das Behördenzentrum Fulda zahlt das Land derzeit doppelte Miete: Es geht um die rund 10.000 Quadratmeter Fläche, auf denen bis Mitte 2023 die 400 Finanzbeamten gearbeitet haben. Diese sind in ein neu angemietetes Gebäude umgezogen.

Bis 2028 soll das gesamte Behördenzentrum fertig saniert sein. Zu ihm gehört, neben dem ehemaligen Finanzamt, auch das Justizgebäude. Bis zum Abschluss der Sanierung wird das Land demnach Mehrkosten von rund fünf Millionen Euro für die doppelte Miete bezahlen.

Es droht sanierter Leerstand

Für die 2028 fertig sanierten 10.000 Quadratmeter gibt es aktuell noch keinen konkreten Plan. "Das Behördenzentrum Fulda soll auch zukünftig von verschiedenen Landesbehörden genutzt werden", erklärte ein LBIH-Sprecher. "Leerstand ist nicht geplant."

Welche konkreten Landesbehörden das Gebäude nutzen sollen, bleibt jedoch offen. Über größere Verlagerungen von Dienststellen aus anderen Teilen Hessens nach Fulda ist bislang nichts bekannt.

Und noch eine Entwicklung spricht dagegen, dass ein Flächenbedarf dieser Größenordnung in absehbarer Zeit in Fulda besteht: "Die flächendeckende Einführung des Mobilen Arbeitens und die Möglichkeit des Homeoffice führten zu reduzierten Flächenbedarfen," sagte Finanzminister Alexander Lorz (CDU) vergangenes Jahr im Landtag - mit Blick auf die zukünftige Nutzung der Leo-Immobilien.

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Steuerzahlerbund: "Teuer und ärgerlich"

Der langwierige Rechtsstreit - mit offenbar negativem Ausgang für das Land - sorgt für deutliche Kritik an den Leo-Geschäften. Das Land habe damals "mehrere Fehler" gemacht, sagte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahle Hessen, Joachim Papendick, dem hr: "Im aktuellen Fall wurden die Pflichten von Vermieter und Mieter nicht klar genug definiert."

Möglicherweise seien damals auch der Zustand der Immobilie und der daraus resultierende künftige Sanierungsbedarf falsch eingeschätzt worden. Papendicks Fazit: "Das Behördenzentrum Fulda steht damit in einer Reihe mit weiteren teuren und ärgerlichen Fällen."

"Jetzt bekommt das Land auch noch juristisch bestätigt, dass es kaum Chancen hat, sein Geld wiederzusehen", beklagt die haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Landtag, Marion Schardt-Sauer. "Die Kombination aus unzureichenden Verträgen und einem nachlässigen Umgang der Landesregierung mit den Leo-Immobilien wird die Steuerzahler am Ende teuer zu stehen kommen."

Redaktion: Marcel Sommer

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de