Ausgabe beginnt Bezahlkarte für Geflüchtete: Bündnis kündigt Umtauschaktionen an

Geflüchtete in Hessen sollen nun eine Bezahlkarte nutzen. Die Landesregierung will so irreguläre Migration bekämpfen. Die Opposition zweifelt am Erfolg. Und ein Bündnis will dabei helfen, die Bargeld-Grenze zu umgehen.

Ein Mann hält eine Bezahlkarte in der Hand.
Geflüchtete sollen in Zukunft bestimmte Leistungen über eine Bezahlkarte bekommen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Geld abzuheben, ist bis zu einer bestimmten Höhe möglich - es zu überweisen, nicht: Am Montag hat die Ausgabe der Bezahlkarte für Geflüchtete in Hessen begonnen. Über die Debitkarte sollen zukünftig Sozialleistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber ausgezahlt werden.  

Die Karte sieht aus wie eine Bankkarte, funktioniert aber ohne Kontobindung. Sie kann mit einem Guthaben aufgeladen werden. Eine Überziehung des Guthabens soll nicht möglich sein.

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Sie kann in allen Geschäften an Kartenterminals eingesetzt werden, die Visa akzeptieren. Für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Telekommunikation und Vereinsgebühren wird zudem ein Lastschriftverfahren ermöglicht.

Bündnis übt Kritik an Bezahlkarte

Die Opposition im hessischen Landtag äußerte schon in der vergangenen Woche Kritik. Auch das Bündnis "Hessen sagt Nein! zur Bezahlkarte" stellte sich am Montag gegen die Einführung der Bezahlkarte.

Die Bezahlkarte schränke Asylsuchende massiv in ihrer Selbstbestimmung ein, verstärke Ausgrenzung und Stigmatisierung, hieß es in einer Mitteilung des Bündnisses, dem Initiativen und Organisationen wie Seebrücke Frankfurt und Sea Eye Frankfurt angehören.

Mit Umtauschaktionen wie in Bayern, wo die Bezahlkarte schon im Frühjahr eingeführt wurde, wolle man die Bargeldbeschränkung umgehen, so das Bündnis.

Dort bieten Tauschbörsen Geflüchteten die Möglichkeit, mit der Bezahlkarte erworbene Einkaufsgutscheine, die sie etwa in Supermärkten oder Drogerien per Kartenzahlung erwerben, gegen Bares einzutauschen. Diese Umtauschaktionen kritisierte die AfD am Freitag.

"Leistungen sollen nur Sicherung des Lebensunterhalts dienen"

Die Länder hatten im November 2023 die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete beschlossen. Zudem wurde eine Bargeldgrenze in Höhe von 50 Euro festgelegt, von der in Ausnahmefällen abgewichen werden kann.

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Bezahlkarte für Geflüchtete ab Montag in Hessen

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Damit sollen Auslandsüberweisungen und Zahlungen an Schleuser verhindert werden. Für Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ist die Bezahlkarte ein "wichtiges Instrument zur Begrenzung irregulärer Migration". Damit werde auch "das Unwesen der Schlepper" bekämpft.

"So wird sichergestellt, dass die Leistungen dem Zweck dienen, für den sie gedacht sind", sagte Rhein, "nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts der Empfängerinnen und Empfänger in Deutschland."

Zunächst Ausgabe in Erstaufnahme

Laut dem Ministerpräsidenten wird die Bezahlkarte "in einem ersten Schritt" in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an neu ankommende Flüchtlinge ausgegeben. Eine im Regierungspräsidium Gießen eingerichtete Stelle soll dazu als Bindeglied zwischen Land, Kommunen und Dienstleistern fungieren und die Einführung koordinieren.

Gleichzeitig könne die Verteilung in den Kommunen beginnen, sagten Rhein und die fachlich zuständige Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) bei einer Pressekonferenz in der Vorwoche.

Kreis sieht "noch offene Fragen"

Auf Nachfrage konnte Hofmann allerdings keine Gemeinde oder Stadt in Hessen nennen, wo die Bezahlkarte ab Montag ausgegeben werde. Vielmehr teilte der Kreis Groß-Gerau dem hr mit, es gebe "noch offene Fragen zu den Weisungen des Landes".

Zudem müssten die Mitarbeiter in der Verwaltung geschult werden, was nicht vor Januar geschehen könne. "Daher wird der Kreis Groß-Gerau nicht vor dem ersten Quartal mit der Umsetzung starten", so eine Sprecherin der Kreisverwaltung.

FDP: Kommunen unzureichend vorbereitet

"Die Bezahlkarte kann kein Erfolg werden, wenn das Verfahren bei den Städten und Gemeinden nicht funktioniert", betonte der migrationspolitische Sprecher der FDP, Yanki Pürsün.

Dass die Kommunen mit der Einführung zögerten oder sich unzureichend vorbereitet fühlten, sei ihnen kaum zu verdenken. "Wie befürchtet hat die Landesregierung die Arbeitsprozesse offenbar nicht durchdacht", sagte Pürsün.

Er vermute, die Landesregierung habe den nun verkündeten Einführungstermin vorgezogen, um zum Jahresende noch Handlungsfähigkeit zu suggerieren. "Von einer flächendeckenden Einführung kann keine Rede sein."

AfD: Betrug verhindern

Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou äußerte Kritik – allerdings nicht an der Bezahlkarte, sondern an Umtauschaktionen wie in Bayern.

Diese seien eine "Umtauschkampagne linker Aktivisten" mit dem Ziel, die limitierten Einsatzmöglichkeiten der Karte zu umgehen, sagte er am Freitag. Hessen müsse sicherstellen, dass Gutscheine mit der Geldkarte nicht zu erwerben sind.

Nach der Ankündigung des Bündnisses, solche Aktionen durchführen zu wollen, fühlte sich die AfD am Montag in ihrer Kritik bestätigt.

Linke sieht Mehraufwand bei Behörden

Der Hessische Flüchtlingsrat und die Linke Hessen unterstützen den Aufruf nach einer Tauschbörse dagegen nach eigenen Angaben.

Die Bezahlkarte sei Ausdruck eines "besorgniserregenden Rechtsrucks in Gesellschaft und Politik, der mittlerweile zu einem Wettbewerb der Schäbigkeiten geführt hat", teilten die Linken-Landesvorsitzenden Desiree Becker und Jakob Migenda mit.

Absurderweise bedeute die Einführung der Bezahlkarte nicht nur mehr Ausgrenzung für die Betroffenen, sondern führe zu enormem Mehraufwand auf Verwaltungsseite.

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Quelle: hessenschau.de mit Informationen von Nicholas Buschschlüter, epd