Boris Rhein auf der Bühne am Rednerpult

Ein perfekt choreographierter Einzug in die Halle, Lobeshymnen aus der Bundeshauptstadt – und schließlich die Wiederwahl als hessischer CDU-Landeschef: Es läuft bei Boris Rhein. Das Regieren in Hessen droht aber schwieriger zu werden.

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Boris Rhein als hessischer CDU-Landeschef wiedergewählt

Boris Rhein im Interview vor Ort
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Es könnte derzeit kaum besser aussehen für Boris Rhein: Die Landtagswahl im Oktober vergangenen Jahres hat er überzeugend gewonnen. Die neue Koalition mit der SPD läuft, hundert Tage nach Regierungsübernahme zeigt ein hr-Hessentrend sogar noch wachsende Zustimmung für die hessische CDU. Im Europawahlkampf legt der von ihm geführte Landesverband stärker zu als jeder andere der CDU.

Und am Samstag, auf dem Parteitag der Christdemokraten in Wetzlar, die Bestätigung seiner Partei: die Wiederwahl zum Vorsitzenden der CDU Hessen. Der Ministerpräsident erhielt 96,4 Prozent der Delegiertenstimmen, nur knapp weniger als bei seiner ersten Wahl zum Landesvorsitzenden vor zwei Jahren. Damals waren es 97,9 Prozent.

Bundes-Generalsekretär Linnemann (links) und ein klatschender Rhein

Es läuft für Rhein derzeit so gut, dass CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann Rhein in Wetzlar als Vorbild für die gesamte deutsche CDU preist. Sein Wahlkampf sei die "Benchmark", also der Vergleichsmaßstab, für den kommenden Bundestagswahlkampf. 

Einzug in Halle perfekt choreographiert

Linnemann griff in seiner Rede mehrfach die Ampel-Koalition im Bund an. Sie mache Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung und gegen den gesunden Menschenverstand. Rhein und seine CDU seien dagegen pragmatisch und betont konservativ.

Diese Erzählung pflegte auch Rhein in seiner Rede vor den 347 Delegierten. Sein Einzug in die Halle war zuvor perfekt choreographiert: emotionale Musik vom Band, Filme mit überlebensgroßen Bildern eines lachenden Ministerpräsidenten, das Petrolblau der Wahlkampagne auf Großleinwänden. Die Delegierten brauchten keine Regieanweisung, um aufzustehen und schon vor Beginn der Rede stehend zu applaudieren.

 Rheins Aufzählung politischer Positionen

"Gänsehaut" kriege er davon, begann Rhein. Und blickte dann auf das "wahre Schicksalsjahr" zurück, in dem er nach 25 Jahren CDU-geführter Regierung in Hessen erneut einen Regierungsauftrag bekommen habe.

Was dann folgte, ist eine bekannte Aufzählung seiner politischen Positionen: die Regierung gebe mit ihrer Sicherheitsoffensive den Menschen ihre Innenstädte wieder zurück, mache Schluss mit dunklen Ecken. Dealer gehörten in den Knast statt in die Kaiserstraße. Man habe das härteste Genderverbot Deutschlands in Hessen umgesetzt. Die Landesregierung sei die Schutzmacht der Bauern, weil sie den Wolf ins Jagdrecht aufgenommen habe und das Düngen auf gefrorenen Böden erlaube.

Boris Rhein

Den Weg nach Hessen mache man für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive unattraktiv, indem man sie gar nicht auf die Kommunen verteile, sondern in zentralen Aufnahmeeinrichtungen belasse, so Rhein. Das Hessengeld belohne Menschen, die etwas leisteten, indem es den Erwerb des ersten Eigenheims fördere.

"Derzeit kann er über Wasser gehen"

All das sei mit den Grünen nicht zu machen gewesen, sagte Rhein, die stünden für "Bevormundung, Ideologie und Verbote". Das sind harsche Worte gegen den früheren Koalitionspartner. Aber die Menschen hätten die Nase voll davon, sagte er: "Und wir auch!"

Rheins eindeutiges Wahlergebnis vom Samstag zeigt, dass er momentan völlig unangefochten ist in der hessischen CDU. "Derzeit kann er über Wasser gehen", spotten manche Delegierte im Gespräch am Rande des Parteitags, bei dem die zuvor kommissarische Generalsekretärin Anna-Maria Bischof 80 Prozent der Delegiertenstimmen auf sich vereinte. Rhein hat seine Partei im Oktober zu einem überzeugenden Wahlsieg geführt.

Anna-Maria Bischof am Rednerinnenpult

Allerdings war das Umfeld auch günstig. Die Landtagswahl war zu einer Abrechnung mit der Politik der Ampelregierung im Bund geraten. An der Bundesregierung arbeitete Rhein sich in seiner Rede auch redlich ab: Sie spalte die Gesellschaft, werde zum Demokratieproblem, betreibe Sachbearbeitung statt Politik.

Rhein nennt Scholz "Kanzler Nö"

Bundeskanzler Olaf Scholz nannte er durchgängig "Kanzler Nö", wohl in Anspielung auf den Tag nach der Europawahl, als Scholz auf Bitte um einen Kommentar zum Wahlausgang nur "Nö" gesagt hatte.

Doch das Umfeld wird für Rhein nicht immer so günstig bleiben. Die Ampel hat nach derzeitigem Stand keine Aussicht, nach der Bundestagswahl weiter zu regieren. Als abschreckender Gegenpart fällt sie damit vermutlich aus.

In Hessen stehen Sparmaßnahmen an

Und in Hessen droht das Regieren auch schwieriger zu werden. Die Steuereinnahmen brechen ein. Die Regierung wird nicht umhinkommen, zu erklären, wo sie sparen wird. Weitere teure Wohltaten wie das Hessengeld wird sie nicht erfinden können, vielen Interessengruppen wird sie Wünsche abschlagen müssen.

Seine unbeschwerten Gänsehautmomente von Wetzlar wird Rhein sich dann vielleicht zurückwünschen.  

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Die Zahl der stellvertretenden CDU-Landesvorsitzenden erweiterte sich mit dem Parteitag von bisher fünf auf sechs Personen. Neu in dieses Amt wurden der Fuldaer Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld und der EU-Abgeordnete Sven Simon vom Kreisverband Gießen sowie die Landtagsabgeordnete Lena Arnoldt vom Bezirksverband Kurhessen-Waldeck und Patricia Lips, Bundestagsabgeordnete aus dem Bezirksverband Frankfurt/Rhein-Main gewählt. Wiedergewählt als stellvertretende CDU-Landesvorsitzende wurden Hessens Landwirtschaftsminister Ingmar Jung sowie Sportministerin Diana Stolz. 

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