BSW-Spitzenkandidat Ali Al-Dailami Der frühere Flüchtling, der vor zu vielen Migranten warnt

Der hessische Spitzenkandidat für das Bündnis Sahra Wagenknecht hat eine bewegte Biografie: Kinderheim, Schulabbruch, schließlich Bundestag. Dort setzt sich Ali Al-Dailami für Bildungsgerechtigkeit, eine härtere Migrationspolitik und eine neue Friedenspolitik ein.

Ein Mann mit Halbglatze und kurzen grauen Haaren an den Kopfseiten steht im schwarzen Mantel vor einem Gebäude., auf dem "Georg-Büchner-Schule" steht. Er lächelt in die Kamera.
Ali Al-Dailami vor der Georg-Büchner-Schule in Gießen. Bild © Timo Kurth (hr)

Ali Al-Dailami verlässt die Aula des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums in Gießen. Gerade hat der Bundestagsabgeordnete vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hier mit Schülern über die bevorstehende Wahl diskutiert. In einer Umgebung, die ihm aus seiner Jugend nicht vertraut ist: Denn ein Gymnasium hat er selbst nie besucht. Seine Schulzeit verlief alles andere als geradlinig.

Als Kind lebte der Sohn jemenitischer Geflüchteter in verschiedenen Jugendheimen. Immer wieder gab es Probleme, vor allem nachdem seine Mutter gestorben war. Mit knapp 15 Jahren brach Al-Dailami die Schule ab. Erst als Erwachsener holte er an einer Abendschule seinen Haupt- und Realschulabschluss nach. Die Erinnerung daran wecke in ihm "gemischte Gefühle", sagt der 43-Jährige im Gespräch mit dem hr.

Dass in Deutschland jedes Jahr zehntausende Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen, hält der hessische Spitzenkandidat des BSW bei der Bundestagswahl für ein riesiges Problem. "Das kann und will ich nicht akzeptieren. Das ist der soziale Sprengstoff von morgen", sagt er: "Das sind Biografien, an denen wir uns gesellschaftlich vergehen."

Der Staat müsse mehr in Bildung investieren, sonst drohe eine verlorene Generation, fordert Al-Dailami. Der frühere bildungspolitische Sprecher der Linken im Bundestag beziffert den Investitionsstau in dem Bereich auf mehr als 70 Milliarden Euro.

Von der Linken zum BSW

Lange war Al-Dailami ein Gesicht der Linkspartei. Seit 2021 sitzt er im Bundestag. Ende 2023 entschied er sich, mit Sahra Wagenknecht zu gehen und das BSW mitzugründen. In der Sozialpolitik sieht er weiterhin viele Parallelen zur Linken, doch in anderen Fragen sei ihm seine frühere Partei zu weit entfernt von der Lebensrealität vieler Menschen, sagt er, etwa in der Corona- und Migrationspolitik.

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Hessische Spitzenkandidaten

hessenschau.de stellt die hessischen Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien für die Bundestagswahl 2025, also die jeweils Erstplatzierten auf den Landeslisten, näher vor. Auch die hessenschau im Fernsehen berichtet in dieser Woche über sie.
Montag, 10. Februar: Bettina Stark-Watzinger (FDP)
Dienstag, 11. Februar: Janine Wissler (Linke)
Mittwoch, 12. Februar: Ali Al-Dailami (BSW)
Freitag, 14. Februar: Anna Lührmann (Grüne)
Samstag, 15. Februar: Patricia Lips (CDU)
Sonntag, 16. Februar: Jan Nolte (AfD)
Montag, 17. Februar: Sören Bartol (SPD)

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Während der Pandemie habe die Linke versagt, findet er. Vor allem Meinungsfreiheit und Friedenspolitik seien für ihn entscheidende Themen. In der Außenpolitik müsse Deutschland stärker auf Diplomatie statt auf militärische Eskalation setzen. Und in der Migrationspolitik schlägt Al-Dailami einen ganz anderen Kurs vor als seine Ex-Partei.

Werben für härtere Migrationspolitik

Als Kind kam er selbst mit seinen politisch verfolgten Eltern aus dem Jemen nach Deutschland. Heute warnt er davor, dass der Staat durch zu viele Geflüchtete überlastet sein könnte. Hunderttausende Menschen kämen jährlich, während es an Wohnraum und Integrationsangeboten fehle.

Viele Migranten in seinem Umfeld, so Al-Dailami, sähen das genauso. "Es geht nicht um Migrationskritik, sondern darum, wie wir Migration so gestalten, dass wir nicht überfordert sind", sagt er. Sein Vorschlag: Deutschland solle Asylbewerber an der Grenze zurückweisen, wenn sie über einen sicheren EU-Staat einreisen wollten. Eine Forderung, die er mit CDU/CSU, der FDP und der AfD teilt.

Umfragewerte um die fünf Prozent

Al-Dailami gilt als enger Vertrauter von Sahra Wagenknecht und führt in einer Doppelspitze den hessischen Landesverband seit ein paar Monaten mit dem Frankfurter Unternehmer Oliver Jeschonnek. Die Umfragen sehen das BSW derzeit um die fünf Prozent - es wird also knapp.

Sollte er nicht wieder in den Bundestag einziehen, macht sich Al-Dailami nach eigener Aussage allerdings keine großen Sorgen. Er habe in seinem Leben Schlimmeres erlebt. "Als jemand, der so viele andere Existenzängste durchgemacht hat wie Kinderheim oder Obdachlosigkeit, schockt mich so schnell nichts. Ich bin da deshalb eher entspannt", versichert der Bundestagsabgeordnete.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de