So bereiten sich Hessens Kommunen auf die Bundestagswahl vor

In drei Monaten soll ein neuer Bundestag gewählt werden. Die Vorbereitungen für den 23. Februar laufen in den hessischen Kommunen auf Hochtouren. Dabei wird unter anderem die Fastnacht mancherorts zur besonderen Herausforderung.

Glastür mit Schild "Wahlraum", dahinter Flur einer Schule, zwei verschwommene Personen sind zu erkennen
Oft sind Wahllokale wie hier in Schulen - in vielen Fastnachtshochburgen aber auch in öffentlichen Räumen, die für den 23. Februar bereits für Feiern reserviert sind. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Der Countdown läuft: In weniger als 100 Tagen wird in Deutschland gewählt. Dass die Bundestagswahl nicht erst im September 2025, sondern bereits am 23. Februar stattfinden soll, ist allerdings erst seit rund zwei Wochen klar.

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Spätestens seit dem Aus der Ampel-Regierung laufen in den meisten Kommunen in Hessen die Vorbereitungen - mit einigen besonderen Herausforderungen.

Dabei geht es unter anderem um die Suche nach Ehrenamtlichen, nach geeigneten Räumen, Änderungen bei der Briefwahl - und voraussichtlich auch um viele Überstunden für die kommunale Verwaltung und einen strafferen Zeitplan für die Parteien.

Was ist die größte Herausforderung für die Kommunen?

Die meisten Städte und Gemeinden erklären auf Nachfrage, dass sie die größte Herausforderung darin sehen, die notwendige Anzahl Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu mobilisieren.

Während dafür in kleineren Städten wie Erlensee (Main-Kinzig) rund 100 Freiwillige gesucht werden, sind es in größeren Städten wie Marburg mehr als 900, in Kassel 2.100 und in Frankfurt rund 4.600 Menschen, die am Wahltag gebraucht werden.

In Frankfurt haben sich innerhalb der ersten Woche nach Bekanntgabe des Neuwahltermins bereits Hunderte Interessierte gemeldet, wie Stefan Köster vom Frankfurter Bürgeramt, Statistik und Wahlen erklärte. "Wir sind zum jetzigen Stand nicht unzufrieden, aber weiterhin auf der Suche."

Die Stadt Kassel berichtet mit 700 Meldungen von einer hohen Zahl an Freiwilligen. In Wiesbaden haben sich nach Angaben der Stadt bislang vergleichsweise mehr Interessenten als bei anderen Wahlen gemeldet. Das sieht in Dietzenbach (Offenbach) ähnlich aus: "Erfreulicherweise haben wir in den letzten Tagen mehrere Mails von Bürgerinnen und Bürgern erhalten, die als Wahlhelfer mitmachen wollen", heißt es von der Stadt.

Während Groß-Gerau auf eine Helfer-Datei von vorherigen Wahlen zurückgreift und rund 180 ehemalige Wahlhelferinnen und Wahlhelfer erneut aktiv kontaktiert, versucht die Stadt Gießen über ein eigens eingerichtetes Online-Portal, Ehrenamtliche zu gewinnen. Dort gibt es laut Stadt einen erstaunlichen Zulauf von Neubewerbern.

In Bad Vilbel (Wetterau) wurde das sogenannte Erfrischungsgeld, das die Freiwilligen für ihren Einsatz bekommen, auf bis zu 80 Euro für Wahlvorsteherinnen und Wahlvorsteher erhöht - in der Hoffnung, so mehr Ehrenamtliche zu gewinnen. Genügend Menschen für den Job zu finden sei jedoch bei jeder Wahl ein Problem, nicht nur in diesem Sonderfall, erklärt ein Sprecher der Stadt.

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Wahlhelferinnen und Wahlhelfer

Grundsätzlich können alle Bürgerinnen und Bürger, die selbst wahlberechtigt zum Deutschen Bundestag sind - also die deutsche Staatsangehörigkeit haben - und mindestens 18 Jahre alt sind, Wahlhelferinnen und -helfer werden.
Dabei handelt es sich um ein Ehrenamt. Wenn die jeweilige Gemeinde- und Stadtverwaltung Bürgerinnen und Bürger zu dieser Aufgabe beruft, kann die Mitwirkung nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden.
Häufig wird für die Tätigkeit ein sogenanntes Erfrischungsgeld gezahlt, das je nach Kommune und je nach genauer Tätigkeit (Wahlvorsteher, Beisitzer oder Schriftführer) zwischen 30 und 80 Euro liegt.

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Welche Besonderheiten gibt es bei der Suche nach Wahllokalen?

In den 21 Wahlkreisen in Hessen müssen von Waldeck im Norden bis zur Bergstraße im Süden hunderte Räumlichkeiten gefunden werden, die am 23. Februar als Wahllokale genutzt werden können.

Auch hier unterscheidet sich die Anzahl der benötigten Räume stark je nach Größe der Gemeinde oder Stadt: Frankfurt braucht nach eigenen Angaben insgesamt 380 Wahlräume, Gelnhausen (Main-Kinzig) 13.

Während viele Kommunen wie üblich bei Wahlen auf Räume in Schulen und Kitas zurückgreifen, haben hessische Städte und Gemeinden in Regionen mit feierwilligen Jecken bei der anstehenden Wahl teilweise eine zusätzliche Herausforderung: Limburg und Fulda etwa rechnen mit Schwierigkeiten bei der Raumsuche, da städtische Räume teils schon für Fastnachtssitzungen reserviert sind. In Laubach-Freienseen (Gießen) beispielsweise soll aus diesem Grund ein Wahllokal in eine alte Dorfschmiede verlegt werden.

Was ist bei der Briefwahl anders als sonst?

Der hessische Landeswahlleiter Wilhelm Kanther rechnet damit, dass das Zeitfenster für die Briefwahl auf etwa zwei Wochen verkürzt wird. Das liege daran, dass die Breifwahlunterlagen voraussichtlich erst Anfang Februar ausgegeben werden können - schließlich müssen alle Kandidatinnen und Kandidaten und die Landeslisten der Parteien feststehen, damit Stimmzettel gedruckt werden können.

Beantragen könne man die Briefwahlunterlagen aber schon vorher: "Es ist zu empfehlen und auch ausreichend, den Antrag im Januar 2025 zu stellen", so Kanther. Schon ohne die Wahlbenachrichtigung könne man die Unterlagen mit einem formlosen Schreiben, per E-Mail oder über ein Online-Formular beim Wahlbüro der jeweiligen Gemeinde beantragen.

Aus Darmstadt heißt es, man habe bereits Absprachen mit der Post wegen der Briefwahl getroffen. Klar sei, dass sich die Organisation schwieriger als sonst gestalte.

In Neu-Isenburg (Offenbach) habe man die Anzahl der Briefwahlvorstände in den vergangenen Jahren wegen der gestiegenen Nachfrage an der Briefwahl angehoben - ob das so bleibe, sei wegen der verkürzten Fristen noch fraglich, sagte eine Sprecherin der Stadt. Klar sei: Die Unterlagen sollen ab dem erstmöglichen Tag so bald wie möglich versendet werden - dabei liege die Priorität bei den Briefen, die ins Ausland gehen.

Wie viel Mehrarbeit kommt auf die Verwaltung zu?

"Alles machbar, nur im Zeitraffer", so die noch relativ entspannt wirkende Einschätzung aus Idstein (Hochtaunus). Bei anderen Kommunen wird der Arbeitsaufwand der kommenden drei Monate deutlich größer eingeschätzt:

  • In Fulda geht die Stadt davon aus, dass auf jeden Fall Überstunden anfallen werden.
  • Frankfurt und einige weitere Kommunen schließen nicht aus, dass es zu Einschränkungen bei den Bürgerämtern kommen könnte. In Groß-Gerau schließt man verkürzte Öffnungszeiten zwar aus, aber erwartet längere Bearbeitungszeiten bei allem, was nicht die Wahl betrifft.
  • In Darmstadt ist Beschäftigten im Wahl- und Einwohnermeldeamt teilweise der Urlaub zwischen den Jahren gestrichen worden. Auch in Wiesbaden gibt es eine Urlaubssperre für Mitarbeitende des Wahlamtes. In der Landeshauptstadt laufen zusätzlich zur Bundestagswahl auch noch Vorbereitungen für die Oberbürgermeisterwahl im März.
  • Die gleiche Doppelbelastung steht den Verwaltungen in Mörfelden-Walldorf (Groß-Gerau) und Hofheim (Main-Taunus) bevor: Auch hier wird kurz nach der Bundestagswahl ein neues Stadtoberhaupt gewählt.

Welche Abläufe müssen Parteien beachten?

Laut Landeswahlleiter Wilhelm Kanther stehen die wichtigen Fristen für die Parteien noch nicht fest. Ähnlich wie bei den Briefwahl-Abläufen liegt das daran, dass der Wahltermin am 23. Februar erst verbindlich ist, wenn der Bundestag vom Bundespräsidenten aufgelöst wurde. Damit ist laut Kanther "kurz nach den Weihnachtsfeiertagen zu rechnen".

Das Bundesinnenministerium könne die wahlrechtlichen Fristen danach mit einer Verordnung verkürzen. Kanther rechnet damit, dass dafür bald schon ein Entwurf vorgelegt wird, an dem sich Wahlbehörden und auch Parteien orientieren können. "Es ist damit zu rechnen, dass die Parteien bereits Anfang Januar ihre Beteiligung an der Wahl anzeigen müssen und Mitte Januar die Kreiswahlvorschläge und Landeslisten einzureichen sind", so Kanther.

Für kleinere Parteien, die länger nicht mit Abgeordneten im Bundestag vertreten waren, bedeutet das: Sie müssen schneller als sonst üblich die notwendigen 2.000 Unterschriften sammeln, um überhaupt mit auf die Stimmzettel zu kommen.

Redaktion: Pia Stenner

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de mit Informationen von Marie-Cathérine Fromm und Felix Wendt (hr), dpa/lhe