Den Wahl-O-Mat kennt jeder Diese alternativen Wahl-Tools gibt es

Welche Partei soll ich bei der Bundestagswahl am 26. September wählen? Alle, die noch unentschieden sind, können per Smartphone-App den Parteien-Test machen. Wir stellen acht Apps vor, die nicht jeder kennt.

Die Grafik zeigt viele Hände, die Tablets oder Smartphones halten, auf deren Screen die Apps der Alternativen zu sehen sind.
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Ein Wahlprogramm komplett durchzulesen dauert Zeit. Und noch mehr Zeit kostet es, alle Programme zu studieren, um am Ende die persönlich richtige Entscheidung zur Wahl treffen zu können. Seit Jahren gibt es dafür Apps und andere Online-Tools, die es einfacher machen wollen.

Das Konzept ist ganz einfach und bei allen Tools fast überall gleich: Ein paar Thesen beantworten und schon ist zumindest ungefähr klar, welche Partei den eigenen politischen Einstellungen am nächsten kommt. Den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) kennen die meisten. Es gibt aber noch viel mehr - mit unterschiedlichsten Funktionen und Schwerpunkten. Welches Tool passt zu Ihnen?

WahlSwiper - fast wie eine Dating-App

Ein Screenshot vom Wahlswiper - darauf steht: Soll der Besitz von Cannabis zum Eigenbedarf entkriminalisiert werden? User können mit Ja oder Nein antworten, die Frage überspringen oder doppelt gewichten
Die einzelnen Thesen können beim Wahlswiper nach links und rechts gewischt werden. Bild © WahlSwiper-App/Screenshot

Eine Wahlentscheidung, wie bei Tinder und anderen Dating-Apps: Hier können die Thesen gewischt werden: Nach links bedeutet "nein", rechts heißt "ja".

Auch hier können Thesen doppelt gewichtet und übersprungen werden - eine neutrale Antwortmöglichkeit gibt es nicht. Besonders beim WahlSwiper ist, dass es zu jeder der 36 Fragen ein Erklärvideo mit Hintergrundinformationen gibt. Für das Design des WahlSwipers gab es in der Vergangenheit bereits den "German Design Award".

Hinter dem Projekt steckt ein Verein, der mit Politikwissenschaftlern der Universität Freiburg kooperiert. Auch die Frankfurter Goethe-Universität ist Partner des Projekts.

Vereinsvorstand Matthias Bannert sagte auf hr-Anfrage: "Sich eine Meinung bei Wahlen zu bilden, soll einfach sein und auch ein bisschen Spaß machen." Bisherige Angebote seien zu statisch und zu wenig wissensvermittelnd.

Steuer-O-Mat

Der vermutlich schnellste Check: Bei welcher Partei spare ich wie viel Einkommensteuern? Wem vor allem wichtig ist, wie sich die Wahl auf die Steuern auswirkt, dem sei der Steuer-O-Mat empfohlen. Jahreseinkommen eingeben, Status zu Kindern und Ehe angeben - fertig. Das Tool spuckt aus, wer mir welche Steuerentlastung verspricht - ob die Parteien sie jeweils einhalten, ist eine andere Frage.

Hinter dem Steuer-O-Mat steckt das Institut der deutschen Wirtschaft, ein privates Wirtschaftsforschungsinstitut, dass das Tool gemeinsam mit einer App für Steuererklärungen anbietet. Nur Parteien, die derzeit im Bundestag sitzen, werden gelistet.

Eine Berechnung für das Wahlversprechen der Alternative für Deutschland (AfD) sei allerdings nicht möglich, weil die Partei keine konkreten Angaben zur Einkommensteuer gemacht habe. Darauf wird am Ende hingewiesen.

DeinWal - von einem privaten Anbieter mit anderem Ansatz

Eines vorweg: DeinWal (ja, das wird wirklich so geschrieben) stammt nicht von einer Organisation, sondern von Privatmann Martin Scharm, der als Biologe an der Uni Rostock arbeitet. Hier steht nicht im Vordergrund, was die Parteien vorhaben, sondern wie sie in der Vergangenheit zu den Themen abgestimmt haben.

Ähnlich wie beim WahlSwiper gibt es die Auswahl zwischen "Daumen hoch", "Daumen runter" und die Möglichkeit, Fragen zu überspringen. Auch hier lassen sich Themen doppelt gewichten.

Scharm nutzt als Datengrundlage für sein Wahl-Quiz die Abstimmungsergebnisse, die der Bundestag veröffentlicht. Daher werden auch nur Parteien einbezogen, die in der aktuellen Legislaturperiode (2017-2021) im Bundestag sitzen. Tier-Maskottchen des Tools ist ein Wal - daher der Name.

Ein Screenshot von DeinWal.de - hier mit der Frage, ob Wölfe zum Abschuss freigeben werden sollten.
Bei DeinWal steht nicht das Wahlprogramm, sondern die tatsächlichen Abstimmungen der Partei im Fokus Bild © deinwal.de/Screenshot

Sozial-O-Mat

Betrieben von der Diakonie Deutschland, also einem kirchlichen Träger, geht es beim Sozial-O-Mat vor allem um soziale Themen: Arbeit, Gesundheit, Familie und Kinder, Migration. 20 Fragen - mit den Möglichkeiten "ja", "neutral", "nein" und "überspringen".

Zu jeder Frage gibt es eine Geschichte, die zeigen soll, wie Politik Auswirkungen auf das echte Leben haben kann.

Wahl-Kompass

Der Wahl-Kompass der Uni Münster will vor allem eines sein: differenzierter. Statt nur "ja" oder "nein" anzugeben, gibt es hier viele Abstufungen: "Stimme vollkommen zu", "Stimme nicht zu", "Stimme überhaupt nicht zu". Vor Quiz-Start können Nutzerinnen und Nutzer persönliche Daten angeben - als "Datenspende" für die interne Auswertung des Wahlkompasses. Die Felder können aber auch leer gelassen werden.

Nach Beantwortung der 30 Thesen gibt es nicht nur eine Liste mit den Übereinstimmungen, sondern tatsächlich so etwas wie einen "Kompass" - ein Fadenkreuz, dass den eigenen Standpunkt ins Parteienspektrum einordnet.

Ein Fadenkreuz auf dem die bekannteren Parteien verortet sind - nach konservativ und progressiv aufgeteilt - eine Stecknadel zeigt den eigenen politischen Standpunkt
Eine Stecknadel zeigt den eigenen politischen Standpunkt beim Wahl-Kompass Bild © Wahl-Kompass/Screenshot

Wahltraut

Fokus bei Wahltraut liegt auf Themen rund um Gleichstellung, Diversität, queere Menschen, Rassismus und Inklusion. Eine beispielhafte These fragt nach dem Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit. Abstimmen geht mit Zustimmung, Ablehnung, neutral, überspringen und doppelt gewichten.

Dahinter steckt ein Team aus Frauenrechts-Aktivistinnen, die gemeinsam mit Expertinnen und Experten und Organisationen wie der "UN Woman Germany" die 32 Fragen entwickelt haben. Alle sechs Parteien im Bundestag hätten die Fragen zur Beantwortung zugesendet bekommen - lediglich die AfD habe nicht geantwortet, weshalb sie bei Wahltraut nicht auftaucht.

Klima-Wahlcheck

Während der große Wahl-O-Mat die Themen möglichst streuen möchte, geht's beim Klima-Wahlcheck um alle Facetten des Umweltschutzes. Besonders ist, dass sich Themengebiete einzeln anwählen lassen. Fragen gibt es zu: Energie, Mobilität, Industrie, Gebäude, Klimaziele und Landwirtschaft. Wer sich nur für Mobilität interessiert, braucht auch nur diese fünf Fragen beantworten.

Fragen können nicht doppelt gewichtet werden - dafür gibt es aber eine Reihe an Abstufungen, die die Zustimmung signalisieren soll: vollkommen zustimmen bis gar nicht.

Auf dem Bild wird gefragt: Soll der Kohleausstieg beschleunigt werden? Daneben stehen mehrere Antwort-Möglichkeiten, die nach der Zustimmung fragt (gar nicht, teilweise, vollkommen)
Der Klimawahlcheck nimmt die Wahlprogramme klimapolitisch unter die Lupe. Bild © klimawahlcheck.org/Screenshot

Wer steckt dahinter? Die "Klima-Allianz Deutschland", ein Bündnis aus 140 Organisationen für den Klimaschutz. Unter anderem: WWF, Brot für die Welt, Bioland, BUND und viele Landeskirchen - auch die evangelische Kirche von Hessen und Nassau.

Musik-O-Mat

Was hören die Grünen und wozu tanzt die Union? Ganz anders und mit einer Portion Augenzwinkern ist der Musik-O-Mat der Streamingplattform Deezer. Es geht nicht ums Wahlprogramm, sondern um den Musikgeschmack der Parteien: Neun Fragen zum Sommerhit, Lieblings-Schlager und besten Partysong. Am Ende entsteht ein vermutlich unerwartetes Ergebnis.

Eine Website, auf der die Frage "Welcher Klassiker darf in deiner Musiksammlung nicht fehlen" - zur Auswahl stehen unter anderem Freiheit von Westernhagen und Respect von Aretha Franklin.
Der Musik-O-Mat zeigt humorvoll, wie nah der eigene Musikgeschmack mit den Parteien übereinstimmt Bild © Deezer/Screenshot

Beim Musik-O-Mat sind alle Parteien vertreten, die derzeit im Bundestag sitzen - bis auf die AfD. Deezer teilt mit, dass sie die Partei wegen eines ausstehenden Gerichtsurteils über die Einstufung als rechtsextremistischen Verdachtsfall nicht angefragt habe.

Weitere Informationen

Sendung: hr1, Koschwitz am Morgen, 02.09.2021, 6:22 Uhr

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Quelle: hessenschau.de