Darum geht es beim Streit um das Versammlungsrecht
Im Rechtsstreit über umstrittene Änderungen am Versammlungsrecht hat der Staatsgerichtshof am Donnerstag ein mit Spannung erwartetes Urteil verkündet. Geklagt hatten die frühere Linke-Fraktion und die AfD-Opposition.
Hessens neues Versammlungsrecht ist einem Urteil nach in kleinen Teilen verfassungswidrig. Das hat der Staatsgerichtshof in Wiesbaden am Donnerstag mitgeteilt. Worum es dabei geht:
Wer hat geklagt?
Die frühere Linken-Fraktion und die AfD-Opposition im Landtag haben sich gegen die Neufassung des Landesversammlungsrechts gewandt. Diese war im Frühjahr 2023 noch unter Schwarz-Grün in Kraft getreten.
Wogegen richtet sich die Kritik?
Linke und AfD wenden sich vor dem Staatsgerichtshof mit ihren Normenkontrollanträgen gegen einzelne neue Vorschriften. Diese räumten Polizei und Versammlungsbehörden zu viele Befugnisse ein und es drohe übermäßige Kontrolle, kritisieren die Kläger.
Worum geht es im Detail?
Die frühere Linken-Fraktion nannte als Beispiele für eine Verfassungswidrigkeit aus ihrer Sicht die weitreichenden Pflichten der Versammlungsleitung bei Demos zur Erhebung und Mitteilung persönlicher Daten sowie die umfangreichen Möglichkeiten der Anwesenheit von Polizisten, Bild- und Tonaufnahmen sowie von Verbot und Auflösung. Die Linke wollte zudem die Verfassungsmäßigkeit der Bannmeile um den Landtag überprüfen lassen.
Was kam in der mündlichen Verhandlung zur Sprache?
Im November 2024 hatte der Präsident des Staatsgerichtshofs, Wilhelm Wolf, in einer Verhandlung das Versammlungsrecht als fundamentales Freiheitsrecht bezeichnet. Der höchste Richter des Landes erinnerte daran, dass ohne die friedlichen Montagsdemos in Ostdeutschland der Mauerfall nicht denkbar gewesen wäre. Andererseits habe 2021 in den USA eine Versammlung im Angriff auf das Kapitol geendet. Damals gab es mehrere Todesopfer in Washington.
Was sagt Deutschlands höchstes Gesetz?
Die Versammlungsfreiheit von Bürgerinnen und Bürgern ist vom Grundgesetz - und auch von der hessischen Landesverfassung - grundsätzlich geschützt. Im Artikel 8 des Grundgesetzes heißt es: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden."
Genau um eine solche Einschränkung geht es: Die inzwischen schwarz-rote Landesregierung in Wiesbaden will mit dem hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz etwa gewalttätige und extremistische Demonstranten in die Schranken weisen können.
Hat es auch Proteste gegeben?
Ja, vor Inkrafttreten der Neuregelung war es zu mehreren Demos im Land gekommen. Zudem kassierten die damaligen Linken-Abgeordneten von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) nach einem unerlaubten Protest mit Plakaten im Parlament in Wiesbaden eine Rüge und einen Ordnungsruf. Trotz Wallmanns Aufforderung, Fotos davon zu löschen, landeten diese seinerzeit in sozialen Medien.