Ausschuss zur Entlassungsaffäre Der "geplant gute Weg" führte für Messari-Becker ins Aus
Warum verlor Wirtschaftsstaatssekretärin Messari-Becker ihren Job? Der Untersuchungsausschuss im Landtag hat dank der Aussagen des Kultusministers und seines Staatssekretärs wenigstens eine wichtige Teilfrage klären können.
Eigentlich hatten es alle nur gut gemeint. Wollten Menschen schützen, Schaden abwenden, Persönlichkeitsrechte wahren. Das ist der Eindruck, der bleibt, am Montag nach fast sieben Stunden Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss zu Entlassung der Staatssekretärin Messari-Becker im Landtag.
Diese Erkenntnis trifft im Prinzip auf alle Zeugen aus dem hessischen Kultusministerium zu, die am Montag geladen waren: von der Beamtin über den Staatssekretär bis hoch zum Minister.
Rückblende: Als Lamia Messari-Becker im Januar 2024 in die damals neue Landesregierung geholt wurde, galt das vielen als Coup. Die Bauexpertin als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, das auch Bauen und Wohnen verantwortet. Eine vom Fach, parteilos, selbstbewusst. Eine Frau mit marokkanischen Wurzeln. Das Gesamtpaket wirkte stimmig, nicht nur für den neuen Minister Kaweh Mansoori von der SPD.
"Fehlverhalten" im Elterngespräch
Gut sechs Monate später war nicht nur die Sympathie abgekühlt, sondern auch das Vertrauen weg. Mansoori entließ die politische Beamtin. Ohne Angabe von Gründen wäre das möglich gewesen. Aber Mansoori nannte Gründe, sprach von "nicht hinnehmbarem Fehlverhalten" - außerhalb des Amts.
Die Frage, worin genau das Fehlverhalten bestand, blieb lange ohne Antwort. So beschäftigt sich schon seit Monaten der Untersuchungsausschuss im Landtag damit.
Inzwischen ist klar: Es ging um die Abiturprüfung von Messari-Beckers Tochter. Die Noten waren schlechter als erwartet, die Tochter bat um einen Termin an der Schule in Begleitung ihrer Mutter. Wie die bei dem Gespräch auftrat und was sie sagte, empfanden viele als unangemessen. Das wurde bei früheren Zeugenbefragungen im Ausschuss deutlich.
Vor allem die Aussage des Schulleiters hat Gewicht. Er berichtete: Die damalige Staatssekretärin habe Titel und Posten ins Spiel gebracht und wiederholt gesagt: "Ich bin eine Person des öffentlichen Interesses. Ich erwarte eine Exit-Tür im Rahmen des rechtlich Möglichen." Messari-Becker bestreitet das.
Der Staatssekretär war's
Aber wie gelangte das über das Kultusministerium zuerst in die Staatskanzlei und dann zu Wirtschaftsminister Mansoori? Auf diese vielfach gestellte Frage gab es am Montag eine vergleichsweise schlichte Antwort: über den Staatssekretär im Kultusministerium, Manuel Lösel. Und zwar, wie dieser versicherte, in bester Absicht.
Ausgelöst hatte die Verwaltungskaskade der Schulleiter, der irritiert war über Messari-Beckers Wortwahl. Nachvollziehbar und verständlich sei das Empfinden des Rektors gewesen, befanden sämtliche Zeugen aus dem Kultusministerium am Montag.
Die Abteilungsleiterin für die Dienstaufsicht sagte aus, der "top Schulleiter" habe sich "in Nöten" an das Ministerium gewandt. Man habe daraufhin einen Sachstandsbericht verfasst. Da es sich bei Messari-Becker um eine Staatssekretärin handelte und sie diese Rolle aus ihrer Erinnerung selbst an der Schule thematisiert habe, habe das irritierende Elterngespräch "eine politische Dimension" gehabt, sagte die Abteilungsleiterin. Messari-Becker selbst hat stets bestritten, ihre Rolle als Regierungsmitglied thematisiert zu haben.
"Völlig normaler Vorgang"
Jedenfalls hob es die Beamtin auf die politische Ebene, wie sie sagte: zum Staatssekretär Manuel Lösel. Auch er kam am Montag als Zeuge in den Ausschuss. Für ihn war es aus heutiger Sicht "völlig normal", den Vorfall weiterzugeben, und zwar an den Chef der Staatskanzlei, der Regierungszentrale in Wiesbaden.
Dieser koordiniere schließlich die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre der gesamten Landesregierung, sagte Lösel. Der Chef der Staatskanzlei heißt Benedikt Kuhn.
"Ein geplant guter Weg"
Dass der CDU-Mann Kuhn die Informationen über Messari-Becker dann mit dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium teilte - seine Entscheidung, aber durchaus in Lösels Sinne, wie dieser aussagte. Seine Hoffnung sei gewesen: Minister Mansoori spricht seine Staatssekretärin auf den Vorgang an, erinnert an ihre Rolle und Vorbildfunktion, sie entschuldigt sich, der Fall ist erledigt.
"Es war eigentlich ein geplant guter Weg", beteuerte Lösel im Ausschuss. Nur war das Ergebnis ein anderes als geplant. Am Ende hatte Kaweh Mansoori genügend Munition, um seine Staatssekretärin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
Das wollte zwar keiner der Akteurinnen und Akteure aus dem Kultusministerium so beabsichtigt haben, wie sie sagten. In Kauf nahm man es offenbar aber schon. Und Worte des Bedauerns über die Entlassung Messari-Beckers verlor am Montag keiner der Zeugen im Ausschuss.
Minister versteht Aufregung nicht
"Es ist das Normalste von der Welt, dass Ministerien miteinander sprechen und ein Informationsaustausch stattfindet", sagte Kultusminister Armin Schwarz (CDU) am Montag. Das sei vertrauensvolles Miteinander und vernünftiges Zusammenarbeiten.
Nach der Sitzung des Ausschusses konnte es sich Schwarz nicht verkneifen, dessen Arbeit in Frage zu stellen. "Diese vermeintliche Aufarbeitung hat viel Zeit, viel Geld, viele Ressourcen verbraucht. Und das Ganze ohne jeglichen Erkenntnisgewinn." Die Arbeit habe weder Gewinner noch Verlierer produziert, jetzt müsse wieder Ruhe einkehren.
Kritik von den Grünen
Die Opposition, die den Untersuchungsausschuss beantragt hat, sieht das naturgemäß anders. Kaya Kinkel von den Grünen kritisierte das Kultusministerium. Es habe zugelassen, dass der Schulleiter vom Wirtschaftsministerium kontaktiert wurde.
Die Persönlichkeitsrechte der Staatssekretärin und ihre Tochter seien dabei nicht berücksichtigt worden, sagte Kinkel dem hr. Auch wenn das Bemühen des Kultusministeriums um eine einvernehmliche Lösung sicher gut gemeint gewesen sei.