Arbeitsplätze, Waren und Fördergelder So stark profitiert Hessen von der EU

Hessen liegt zentral im Herzen Europas. Doch nicht nur die Lage macht das Bundesland so wichtig für die Europäische Union. Auch viele Arbeitsplätze hängen mit Europa zusammen. Außerdem gibt es jede Menge Fördergelder.

Vor blauem Hintergund und hinter einem gelben Sternkreis eine Hessenkarte in deren Mitte ein Foto eines Handschlags zwischen zwei Anzugtragenden zu sehen ist. Die Hessenkarte wird umspielt von Elementen wie Geldscheinen, ein Flugzeug ein Gabelstapler und ein Cargomitarbeiter mit Helm und gelber Weste während der Arbeit.
Für Hessen ist die Europäische Union aus wirtschaftlicher Sicht wichtig. Bild © Adobe Stock, picture-alliance/dpa, hessenschau.de
Videobeitrag

Warum die EU für Hessen wichtig ist

hs 31.05.2024
Bild © hessenschau.de
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Für die hessische Wirtschaft ist Europa kaum wegzudenken. Zentraler Motor der Europäischen Union (EU) ist der gemeinsame Binnenmarkt. Dieser ermöglicht den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen.

Wie wichtig Hessen für die EU ist, zeigt die Wirtschaftskraft: Den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr erwirtschaftet wurden, gibt das sogenannte Bruttoinlandsprodukt (BIP) an. Im EU-Ländervergleich liegt Deutschland gemessen am BIP vorne.

Und auch das BIP des deutlich kleineren Hessens schneidet vergleichsweise gut ab: Es liegt vor dem von ganzen Ländern wie Rumänien, Tschechien oder Finnland und würde verglichen mit allen EU-Ländern immerhin auf Platz 12 landen.

Wenn man auf das BIP pro Kopf schaut, würde Hessen sogar den fünften Platz im EU-Ländervergleich belegen - hinter den Niederlanden und vor Österreich. Deutschland schneidet dabei deutlich schlechter ab. "Stärker als andere Bundesländer profitiert Hessen schon allein wegen seiner starken Logistikbranche, dem Flughafen, seiner exportorientierten Wirtschaft und dem Finanzplatz von der EU", teilte ein Sprecher der hessischen Staatskanzlei mit.

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EU-Behörden sitzen in Hessen

So hat etwa die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Sitz in Frankfurt. Dort sind nach eigenen Angaben über 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Praktikantinnen und Praktikanten aus ganz Europa beschäftigt. Eine zweite EU-Behörde sitzt ebenfalls in Frankfurt: die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen (EIOPA).

Künftig soll mit der neuen Anti-Geldwäschebehörde AMLA eine dritte wichtige EU-Behörde nach Hessen kommen. Die Staatskanzlei rechnet in diesem Zuge neben neuen Arbeitsplätzen mit einem Zuwachs der Europäischen Schule in Frankfurt sowie einem größeren Bedarf an Wohnimmobilien.

Hessen habe aber auch weitere Vorteile durch die EU. Viele Standards, von der Technik bis zum Datenschutz, seien europaweit geregelt. "Globale Unternehmen müssen sich zum Vorteil der Verbraucherinnen und Verbraucher an diese Standards halten, was man allein als Hessen nicht hätte durchsetzen können", sagte der Sprecher der Staatskanzlei.

Der Hauptgewinn allerdings liege darin, dass Hessen - auch wegen seiner Lage - im europäischen Binnenmarkt stark eingebettet und eingebunden sei. "Es liegt auf der Hand, dass in einem vernetzten Binnenmarkt unsere Wirtschaft und Arbeitsplätze eng mit dem Schicksal Europas verbunden sind."

EU ist Hessens größter Handelspartner

Das hat seinen Preis. Deutschland ist der größte Geldgeber der EU und zahlte 2022 netto 19,7 Milliarden Euro in den EU-Haushalt ein, wie aus Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht. Doch wer daraus ableite, dass die EU Deutschland mehr schaden als nutzen würde, habe zu kurz gedacht, erklärt Berthold Busch, Senior Economist für Europäische Integration am IW. "Man darf den Nutzen der EU nicht auf die finanziellen Zuwendungen an die EU begrenzen."

Denn gleichzeitig profitiere das Land als größte Volkswirtschaft stark vom Binnenmarkt. Deutsche Unternehmen exportieren ihre Produkte vor allem in andere Mitgliedsstaaten der EU. "Die dadurch erzielten Wohlstandsgewinne übersteigen die Beiträge zum EU-Haushalt um ein Vielfaches", heißt es von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.

Nach Hessen sind im Jahr 2023 Waren in einer Menge von insgesamt mehr als 19 Millionen Tonnen und einem Wert von über 122 Milliarden Euro als der ganzen Welt importiert worden. Dem gegenüber steht eine Exportmenge von über 12 Millionen Tonnen bei einem Wert von über 80 Milliarden Euro.

Der wichtigste Handelspartner für Hessen ist ebenfalls die EU: Im Jahr 2023 exportierte Hessen fast 75 Prozent seiner Waren in die EU. Das entsprach einem Warenwert von über 43 Milliarden Euro. Die Importe machten sogar fast 82 Prozent aus, der Warenwart lag bei fast 57 Milliarden Euro. Der europäische Binnenmarkt ist insofern ein großer Vorteil für den hessischen Markt, dass auf die Ein- und Ausfuhren innerhalb der Union keine Zölle erhoben werden.

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Unternehmen würdigen politische Stabilität ...

Auch die hessischen Unternehmen würdigen die EU. Zu diesem Ergebnis kommt das IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2024. "Die hessischen Unternehmen schätzen die politische Stabilität und den gemeinsamen Währungsraum, die die europäische Integration mit sich gebracht hat", sagte HIHK-Präsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller. Der Zugang zum europäischen Markt nutze der Wirtschaft.

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... und kritisieren Bürokratie

Allerdings gibt es auch Kritik, vor allem an der Bürokratie. Diese müsse innerhalb der EU abgebaut werden. Fast jedes befragte Unternehmen (94 Prozent) gab das an. Auch bei der Sicherstellung der Energieversorgung (67 Prozent), der Stärkung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit (54 Prozent) sowie dem Schutz vor etwa Cyberangriffen (54 Prozent) gibt es noch Potential nach oben.

"Jedes zweite Unternehmen ist laut der Umfrage der Meinung, dass die Attraktivität der EU als Unternehmensstandort in den letzten fünf Jahren gesunken ist", sagte Schoder-Steinmüller. Die Unternehmen seien sich einig, dass es einen breiten Bürokratieabbau in Europa brauche, um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit wieder zu steigern.

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"Gleichzeitig muss die EU näher an die Betriebe heranrücken und ihre Initiativen am unternehmerischen Alltag ausrichten." Denn Fördergelder gebe es jede Menge, nur seien diese oft nicht so leicht zu durchblicken.

774 Millionen Euro aus EU-Fonds

"Hessen profitiert in erheblichem Maße von Förderungen aus EU-Mitteln", ist ein Pressesprecher des hessischen Europaministers überzeugt. Er erklärt: Man müsse zwischen Struktur- und Investitionsfonds und den von der EU-Kommission direkt verwalteten Förderprogrammen unterschieden. Für die aktuelle Förderperiode 2021 bis 2027 bekommt Hessen demnach über 774 Millionen Euro aus Struktur- und Investitionsfonds.

Diese setzen sich zusammen aus dem "Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung" (EFRE), dem "Europäischen Sozialfonds Plus" (ESF+) und dem "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums" (ELER).

Über den "Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung" (EFRE) erhält Hessen von 2021 bis 2027 fast 249 Millionen Euro. Damit werden beispielsweise kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt sowie Projekte zum Senken von CO2-Emissionen gefördert. So wird etwa einer Druckerei aus Maintal (Main-Kinzig) dabei geholfen, die Produktion umzustellen, um Ressourcen und Energie einzusparen. Dafür bekommt das Unternehmen drei Millionen Euro.

Weitere Informationen

Europawahl 2024 auf hessenschau.de

Wer genau wird am 9. Juni gewählt, wofür ist das Europäische Parlament zuständig und wie ging die vorige Wahl aus? Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie in unserem Europawahl-FAQ. Am Sonntag berichten wir im Ticker zur Europawahl 2024.

In dieser Übersicht haben wir die Parteien, die zur Wahl stehen, und ihre Programme zusammengefasst. Mit dem Wahl-O-Mat können Sie außerdem die Positionen der Parteien miteinander vergleichen.

Ab 18 Uhr bieten wir alle Ergebnisse der Europawahl 2024 aus Hessen im Überblick. Über aktuelle Meldungen aus Hessen zur Europawahl bleiben Sie in unserem Dossier auf dem Laufenden.

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Schüler können in Berufe schnuppern

Im Rahmen des "Europäischen Sozialfonds Plus" (ESF+) bekommt Hessen in der Förderperiode 2021 bis 2027 über 169 Millionen Euro. In Hessen verfolgt der ESF+ mit seinen Programmen insbesondere zwei Ziele: den gleichberechtigten Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung sowie aktive Inklusion und die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit. So bietet das Land etwa mit den "Praktikumswochen Hessen 2024" erstmals Jugendlichen ab der achten Klasse die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit in viele verschiedene Berufe reinzuschnuppern. Das Projekt wird von der EU gefördert.

Aus dem dritten Fonds, dem "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums" (ELER), erhält Hessen über 356 Millionen Euro. Dieses Geld soll für Maßnahmen der Landwirtschaft und des ländlichen Raums eingesetzt werden: etwa für den ökologischen Landbau, Ausgleichszulagen für benachteiligte Gebiete oder Dorf- und Regionalentwicklung. In der Vergangenheit wurden beispielsweise Landwirte gefördert, die neue Techniken einsetzten, um Dünge- und Pflanzenschutzmittel sparsamer, präziser und damit umweltschonender auszubringen.

Zusätzlich 1,2 Milliarden Euro für Landwirtschaft

Zusätzlich zu diesen finanziellen Mitteln bekommt die hessische Landwirtschaft weitere Gelder, vor allem in Form von Direktzahlungen. Diese belaufen sich im aktuellen Jahr 2024 auf etwa 250 Millionen Euro. Für die Zeit von 2023 bis 2027 rechnet das Europaministerium mit einem Gesamtbetrag von 1,2 Milliarden Euro.

Weitere Gelder erhält Hessen etwa aus dem Förderprogramm "Horizont Europa". Diese summieren sich seit 2021 auf fast 234 Millionen Euro. Es ist laut EU das größte Zuschussprogramm für Forschung und Innovation weltweit. Ziel des Programms ist eine engere Zusammenarbeit der EU-Länder in der Forschung, etwa bei der Anpassung an den Klimawandel, für gesündere Meere und Küstengewässer, eine klimaneutrale Stadtplanung oder im Gesundheitssektor bei der Behandlung von Krebserkrankungen.  

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Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Förderprogramme, deren Verwaltung durch die EU-Kommission erfolgt. Diese sollen direkt für hessische Bürgerinnen und Bürger sein. Beispiele dafür sind etwa "Erasmus+" zur Förderung von Bildung, Jugend und Sport oder "Kreatives Europa" zur Unterstützung der Kulturbranche.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 31.05.2024, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de