hr-Sommerinterview FDP-Fraktionschef Naas: "Ampel-Koalition verdient keine Neuauflage"

Das Miteinander, die Außendarstellung, die Regierungskunst: An der Berliner Ampel-Koalition lässt Hessens FDP-Fraktionsvorsitzender Stefan Naas wenig Gutes. Im hr-Sommerinterview spricht er außerdem über Bürokratie, Bremsklötze und zehnspurige Autobahnen.

hr-Sommerinterview vor dem Landtag: Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Naas mit den Moderatorinnen Sandra Müller (r.) und Ute Wellstein.
hr-Sommerinterview vor dem Landtag: Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Naas mit den Moderatorinnen Teresa Peters (m.) und Ute Wellstein (l.). Bild © Timo Kurth (hr)
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Der FDP-Fraktionschef im Hessischen Landtag, Stefan Naas, will nicht, dass seine Partei noch einmal mit den Grünen zusammen regiert. Das sagte er im hr-Sommerinterview in Wiesbaden.

Zwar bestehe keine Notwendigkeit, "heute, morgen oder diese Woche noch" aus der Ampelkoalition im Bund auszusteigen, so Naas. Denn durch den Ukraine-Krieg, eine schwierige Wirtschaftslage und sinkende Steuereinnahmen seien es "herausfordernde Zeiten", und die FDP nehme ihre Regierungsverantwortung ernst.

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FDP-Fraktionsvorsitzender Stefan Naas im hr-Sommerinterview mit den Moderatorinnen Teresa Peters (l.) und Ute Wellstein.
Bild © Timo Kurth (hr)
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Dennoch sei er unzufrieden mit der Ampel. Vor allem "die Außendarstellung, das Miteinander, die Regierungskunst" kritisierte Naas: "Deswegen glaube ich, hat diese Koalition keine Neuauflage verdient."

Naas sieht A5-Ausbau als Wohlstandsfaktor

In der Diskussion um einen Ausbau der Autobahn 5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und Friedberg warf Naas dem hessischen Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) vor, den Ausbau verhindern zu wollen. "Es kann nicht sein, dass wir so hohe Hürden aufbauen, dass es am Ende überhaupt keinen Ausbau und keine Ausbaumöglichkeit gibt", sagte Naas.

Mansoori besteht auf einer sogenannten Einhausung der Autobahn, also einer aufwändigen Überdachung. "Mir erscheint das so: Er will es nicht", sagte Naas über Mansoori. Er selbst halte Lärmschutz für die Anwohner auch ohne eine Einhausung für machbar.

CDU und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, hessische Autobahnprojekte beim Bund voranzutreiben. Käme es zur Erweiterung der A5, wäre sie die bundesweit erste zehnspurig ausgebaute Autobahn. Naas sieht darin ein wichtiges Projekt: "Hessen lebt wie kein anderes Bundesland von seiner guten Erreichbarkeit", sagte er. "Das macht unseren Wohlstand aus."

Das sagte Naas im hr-Sommerinterview außerdem über …

  • Bürokratie: Ihren Abbau nannte Naas bei der Frage nach dem größten Thema der FDP. In Hessen kämen kleine Betriebe wie Bäckereien wegen zu viel Verwaltungsaufwand nicht mehr zum Arbeiten. Trotzdem baue die Landesregierung zusätzliche Bürokratie auf. "Wir haben zwei zusätzliche Ministerien, vier zusätzliche Staatssekretäre und 130 Stellen mehr in der hessischen Ministerialbürokratie", kritisierte Naas. Wäre die FDP am Ruder, würde sie unter anderem auf weitere Förderprogramme verzichten und "die Wirtschaft auch mal in Ruhe lassen."
  • das Hessengeld: Wer in Hessen zum ersten Mal ein Haus baut, bekommt einen Zuschuss vom Land. Bis zu 30.000 Euro sind es für eine vierköpfige Familie - laut Naas eine "Mogelpackung", weil die Förderung in Raten über zehn Jahre ausgezahlt wird und nicht auf einmal. Er sprach sich stattdessen für eine niedrigere Grunderwerbssteuer aus - als "deutliches Signal" an die Bauindustrie, damit wieder mehr gebaut werde.
  • die Entlassung von Staatssekretärin Lamia Messari-Becker: Hier kritisierte Naas die Art und Weise, wie Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) seine höchste Beamtin nach nur sechs Monaten Regierungszeit entlassen hatte. "Die Umstände waren mehr als dubios", findet Naas. Mansoori hatte seiner Staatssekretärin ein "nicht hinnehmbares Fehlverhalten" vorgeworfen, ohne dies näher zu erläutern. Als politische Beamtin hätte sie allerdings jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Messari-Becker sieht ihren Ruf geschädigt. Sie hatte betont, sie habe sich nichts vorzuwerfen.
  • die Schuldenbremse: Sie wird gerne als "heilige Kuh" der Liberalen bezeichnet - weil die FDP sie so vehement verteidigt. Auch Stefan Naas findet, das Land Hessen müsse mit dem Geld auskommen, das es einnehme. Dazu soll seiner Ansicht nach an Bürokratie gespart werden. Außerdem müsse man Personalkosten "im Griff behalten" und mehr in Infrastruktur investieren. Auch bei der Landesenergieagentur, die Firmen beraten soll, wenn sie klimafreundlicher werden wollen, würde Naas nach eigener Aussage sparen.
  • Bremsklötze: Den Vorwurf, die FDP fungiere - vor allem in der Ampel-Koalition auf Bundesebene - als Bremsklotz und Ideen-Verhinderer, wies Naas zurück. Er sieht die FDP stattdessen als "Fortschrittspartei", die aber klar benenne, wenn etwas "Mist" sei. Darunter fällt für ihn zum Beispiel die Idee, wieder mehr Schulden zu machen: "Die Aufweichung der Schuldenbremse ist Mist und dagegen werden wir uns weiter stemmen."

Bei der Landtagswahl im Oktober 2023 war die FDP mit fünf Prozent knapp in den Landtag eingezogen. Stefan Naas als ihr Spitzenkandidat wollte eigentlich regieren und Wirtschaftsminister von Hessen werden. Nun führt er die kleinste Oppositionsfraktion im hessischen Landtag an.

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Das Interview führten Ute Wellstein und Teresa Peters.

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Quelle: hessenschau.de