Konzern K+S soll nachjustieren Gemeinde stellt sich gegen Pläne zur Abdeckung des Kalibergs in Neuhof
190 Meter ragt der "Monte Kali" in Neuhof empor. Die Rückstände des Kali-Bergbaus will der Konzern K+S in einem Mammutprojekt abdecken und begrünen. Die Pläne stoßen auf Ablehnung in der Gemeinde. Der Verdacht: K+S schaue mehr auf die Kosten als auf die Folgen für Mensch und Natur.
In Neuhof (Fulda) regt sich starker Widerstand gegen die Pläne des Düngemittelherstellers K+S zur Abdeckung des weithin sichtbaren Kalibergs. Die Gemeindevertretung kritisiert das Konzept des Kasseler Konzerns. In einer politischen Stellungnahme geht die Gemeinde nun auf Konfrontationskurs.
Die von K+S vorgelegte Planung zur Haldenabdeckung stelle die Bürgerinnen und Bürger vor nicht zu bewältigende Herausforderungen. Die gewaltigen Auswirkungen könnten von den dort lebenden Menschen nicht getragen werden, heißt es in dem vor kurzem einstimmig beschlossenen Papier.
Die Gemeindevertretung fordert von K+S eine "sofortige Änderung der jetzigen Primärplanung". Alle Handlungsvarianten müssten geprüft werden. Es dürfe nicht auf die Lösung hinauslaufen, die für den Konzern am wirtschaftlichsten sei, sondern auf jene, die für die Anwohner am besten zu ertragen sei. Eine Prüfung der Pläne, so die Gemeindevertretung, müsse ergebnisoffen und unabhängig erfolgen.
Neuhöfer wollen Wald und Agrarflächen schützen
Laut K+S sollen für die Haldenabdeckung allein 40 Hektar Wald gerodet werden. Das solle durch Ausgleichmaßnahmen und ein Wiederaufforsten kompensiert werden, so der Konzern. Der Gemeinde reicht das nicht aus: Gefordert wird in Neuhof, so viel Wald wie möglich und landwirtschaftliche Flächen zu erhalten. Zumal die Pläne vorsehen, Straßen, Gas- und Stromleitungen zu verlegen. Die Bewohner befürchten zudem massiven Verkehrslärm - und zwar über Jahrzehnte.
Wegen der weitreichenden Folgen will die Gemeinde bei allen Plänen von K+S mitsprechen. Zudem verlangt sie einen dauerhaften Informationsaustausch und Transparenz in sämtlichen Verfahrensschritten, wie die Gemeindevertretung betonte.
RP Kassel erteilt die Genehmigungen
Einfach blockieren kann sie die Pläne und deren Umsetzung allerdings nicht. Mit den Genehmigungen wird sich das Regierungspräsidium Kassel (RP) befassen. Wenn Neuhof damit nicht einverstanden ist, sind Klagen möglich.
Kritik wächst mit dem Kaliberg
Das von K+S geplante und laut eigener Schätzung rund 50 Millionen Euro umfassende Projekt ist gewaltig. Durch den seit mehr als 115 Jahren währenden Kalibergbau in Neuhof-Ellers ist ein 190 Meter hoher Berg mit Rückständen, vor allem Steinsalz, entstanden. Die nicht verwertbaren, unter Tage abgebauten Stoffe werden seit Jahrzehnten auf der stetig wachsenden Halde aufgetürmt. Sie ist bereits 150 Fußballfelder groß.
Wenn der Bergbau mangels Kali einmal erschöpft sein wird, muss die Halde vorschriftsmäßig abgedeckt werden. So soll verhindert werden, dass Niederschläge salzhaltiges Wasser in den Erdboden spülen. Derzeit wird das Salzwasser aufgefangen und mit Leitungen entsorgt.
Für die Zukunft plant K+S eine sogenannte Dickschichtabdeckung mit einer begrünten Oberfläche für seinen "Monte Kali". Damit habe man die effektivste, nachhaltigste und wirtschaftlichste Variante der Abdeckung gefunden, befand K+S bei der ersten öffentlichen Vorstellung der Pläne im April 2022.
Die Halde soll mit einer dicken Schicht aus Bauschutt und Erdaushub bedeckt werden. Dafür sollen die bei Bauprojekten anfallenden Bauabfälle verwendet werden. Auf der Bauschutt-Boden-Schicht soll dann eine Pflanzendecke kultiviert werden, die sich terrassenartig um den Berg windet.
Wenn die Abdeckung begrünt ist, sollen die Niederschläge mit dem aus Salzrückständen bestehenden Haldenkörper nicht mehr in Kontakt kommen. Das Regenwasser werde größtenteils über die Pflanzen an der Oberfläche verdunsten - so die Theorie. Ein Vorbild für das Projekt gibt es. Am K+S-Standort im niedersächsischen Sehnde wurde mit der Abdeckung der Halde Friedrichshall bereits vor mehr als 20 Jahren begonnen. Auch an der Halde Hattorf (Philippsthal/Hohenroda) im Werk Werra in Osthessen hat K+S mit der Abdeckung und Begrünung begonnen.
Die Neuhöfer sind bislang aber alles andere als überzeugt vom Vorgehen. Gegenwind kam bereits bei Bürgerversammlungen auf. Und auch die Umweltschützer des BUND sind kritisch: "Ob das Ganze funktioniert, ist sehr fraglich." Der Vorwurf: Es seien grüngefärbte Marketing-Pläne ohne Realitätsnähe.
K+S beharrt auf Abdeckvariante
K+S reagierte auf die Kritik aus Neuhof und die Stellungnahme der Gemeindevertretung. Man müsse die Forderungen genauer betrachten, um Antworten geben zu können. Man sei sich aber sicher, dass die anvisierte Abdeckvariante am besten geeignet sei. Ein K+S-Sprecher sagte, man wähle sie nicht aus Gründen der Profitabilität. Das Ziel, die Salzabwässer zu reduzieren und Belastungen für nachfolgende Generationen zu vermeiden, werde so am besten erreicht.
Grundsätzlich hält K+S nach eigener Einschätzung die geforderte Transparenz für gegeben. Zwei große öffentliche Veranstaltungen habe es bereits gegeben. Als Nächstes sei im März der erste von mehreren Themen-Abenden geplant.
Ende Februar wird zudem erstmals ein Dialogkreis tagen. Dazu seien Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Naturschutz sowie aus der Bürgerinitiative eingeladen. Dort wolle man in einen fachlichen Austausch treten und die politischen Gremien aus Neuhof einbinden. Für K+S ist dies eine Gelegenheit, Überzeugungsarbeit zu leisten. Sie scheint dringend notwendig.
Sendung: hr4, 13.02.2023, 14.30 Uhr
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