SPD-Kandidat wird OB von Kassel Geselle siegt klar im ersten Wahlgang
Das Kasseler Rathaus bleibt fest in SPD-Hand: Christian Geselle wird neuer Oberbürgermeister in der nordhessischen Großstadt. Der 40-Jährige setzte sich am Sonntag im ersten Wahlgang gegen seine fünf Mitbewerber durch.
56,6 Prozent der Kasseler Wähler stimmten am Sonntag für Geselle - was die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang bedeutete. Der SPD-Politiker und amtierende Stadtkämmerer folgt damit als Oberbürgermeister auf seinen Parteigenossen Bertram Hilgen, der aus Altersgründen nicht mehr antrat.
Weit abgeschlagen landete der CDU-Kandidat Dominique Kalb. Für ihn votierten lediglich 18,3 Prozent der Wähler. Auf den Plätzen folgen Eva Koch von den Grünen, Murat Cakir von der Kasseler Linken, Bernd Hoppe von den Freien Wählern sowie Matthias Spindler von der Satirepartei Die PARTEI. Die Wahlbeteiligung lag bei gerade mal 36,6 Prozent.
Mit viel Applaus wurde Geselle im Anschluss an die Auszählung im Rathaus empfangen. "Ich habe eine Menge Rückenwind wahrgenommen. Dass es so überwältigend gleich im ersten Wahlgang klappt, damit habe ich nicht gerechnet", erklärte der SPD-Politiker sichtlich erleichtet, betonte aber zugleich: "Bei aller Euophorie - ich hätte mir eine höhere Wahlbeteiligung gewünscht." Die Beteiligung nannte der unterlegene Kalb auch als einen der Hauptgründe für sein schlechtes Ergebnis: "Die Beteiligung lief nicht zugunsten der CDU. Es gab keine großen Aufregerthemen im Wahlkampf."
Zu den ersten Gratulanten gehörte der noch amtierende OB Hilgen. "Ich freue mich sehr über dieses überragende Vertrauensvotum für Christan Geselle", erklärte der 63-Jährige. Bei der letzten Wahl 2011 hatte Hilgen ebenfalls im ersten Wahlgang gesiegt - mit 51,3 Prozent lag er aber sogar noch ein Stück unter dem Ergebnis seines Nachfolgers. Der Amtswechsel wird Mitte Juli vollzogen.
In allen 23 Stadtteilen klar vorn
Geselles Triumph zieht sich durch alle 23 Stadtteile Kassels. Überall hatte er bei den Wählern deutlich die Nase vorn - von 69,4 Prozent in Nordshausen bis 42,7 Prozent im Stadtteil Nord (Holland). In 20 von 23 Stadtteilen erreichte er die absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent.
Kalb konnte sein bestes Ergebnis in Brasselsberg erzielen (31,3%), während der CDU-Kandidat im bevölkerungsreichen Stadtteil Vorderer Westen mit 12,6 Prozent sogar nur die viertmeisten Stimmen aller Kandidaten erreichte. Die Wahlbeteiligung schwankte von 49,6 Prozent (Jungfernkopf) bis 19,7 Prozent im Stadtteil Wesertor (alle Ergebnisse hier in einer interaktiven Karte).
150.000 Wähler waren aufgerufen
Die Wahllokale in Kassel waren seit 8 Uhr morgens geöffnet. Rund 150.000 Wahlberechtigte durften ihre Stimme abgeben, um den Nachfolger von OB Hilgen zu wählen. Der 63-Jährige, der seit 2005 im Amt ist, hört im Juli auf. Um den frei werdenden Posten in Hessens mit rund 202.000 Einwohner drittgrößter Stadt bewarben sich sechs Kandidaten.
Geselle galt bereits im Vorfeld als aussichtsreicher Bewerber in der SPD-Hochburg. Der 40-Jährige wird künftig ein junger, aber nicht der jüngste Oberbürgermeister in Kassel: Der spätere Ministerpräsident Hans Eichel hatte bereits im Alter von 34 Jahren auf dem Chefsessel im Kasseler Rathaus Platz genommen.
Immer die SPD - mit einer Ausnahme
Als Hauptkontrahent Geselles ging der 45 Jahre alte CDU-Kandidat Kalb ins Rennen - er blieb am Ende aber ebenso chancenlos wie die vier weiteren Kandidaten. Bislang stellte die CDU erst einmal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Oberbürgermeister in Kassel: Zwischen 1993 und 2005 regierte Georg Lewandowski im Rathaus. Sonst war stets die SPD am Ruder.
Große Aufreger-Themen gab es im Wahlkampf nicht. Sogar in den Streit, ob auf einem Stadtteilfest im April Bratwürste oder nur vegetarisches Essen verkauft werden soll, mischten sich die Kandidaten ein. Uneinigkeit herrscht in der Frage, wie die Stadt mit dem verlustreichen Flughafen "Kassel Airport" in der Nachbargemeinde Calden umgehen sollte, an dem sie beteiligt ist.
Die finanzielle Lage der Stadt hat sich deutlich verbessert. Einst gehörte Kassel zu den am höchsten verschuldeten Kommunen Hessens. 2012 schlüpfte die Stadt deshalb unter den Schulden-Rettungsschirm des Landes. Der wurde 2016 wieder verlassen. Seit drei Jahren werden Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet, nicht zuletzt dank steigender Gewerbesteuereinnahmen.