Leistungen nur noch in ausgewählten Kliniken Gesundheitsministerin Stolz stellt Fahrplan für Krankenhausreform vor
Mehr Geld und strengere Qualitätskriterien für die Häuser - das sieht die Krankenhausreform des Bundes vor. Für Hessen gibt es nun einen ersten Fahrplan zur Umsetzung. Bei der Vorstellung sparte Ministerin Stolz allerdings nicht mit Kritik.
Knapp eine Woche, nachdem der Bundesrat die Krankenhausreform der scheidenden Ampel-Koalition beschlossen hat, hat Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) am Mittwoch einen groben Fahrplan für die hessischen Krankenhäuser vorgestellt. Für die Umsetzung und damit letztlich die Entscheidung, welche Krankenhäuser künftig noch welche Leistungen anbieten dürfen, sind nämlich die Bundesländer zuständig.
Ob Krankenhäuser in Hessen geschlossen werden, könne sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehen, sagte die Ministerin. Sicher sei, dass die Reform zu vielen Veränderungen in Hessen führen werde.
Stolz fordert Nachbesserungen bei der Finanzierung
Grundsätzlich sei das auch nicht verkehrt: Die Kliniken müssten neu aufgestellt und ausgerichtet werden. "Das steigende Lebensalter der Menschen, die beschränkte Zahl an Fachkräften, steigende Kosten und die voranschreitende Digitalisierung sind zentrale, große Herausforderungen für das Gesundheitswesen", zählte Stolz auf. Diesen müsse man mit einer Reform Rechnung tragen.
Gleichwohl pochte die CDU-Ministerin auf Nachschärfungen und sparte bei der Vorstellung ihres Plans nicht mit Kritik an SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: "Sie können nicht eine Blaupause übers ganze Land ausschütten, sondern Sie müssen in die Regionen gucken, wie ist der jeweilige Bedarf." Sie werde beim Bund nachdrücklich Nachbesserungen einfordern, auch beim Thema Finanzierung, kündigte die hessische Ministerin an.
Das soll sich mit der Krankenhausreform ändern:
Dabei ist ein zentrales Ziel der Krankenhausreform, die Kliniken von finanziellem Druck zu befreien. Künftig sollen sie nicht mehr nur mit einer Fallpauschale für Leistungen entschädigt werden, die sie tatsächlich durchgeführt haben. Stattdessen sollen die Kliniken künftig einen Großteil der Vergütung für das bloße Vorhalten von Leistungen bekommen - also bereits für das theoretische Angebot bezahlt werden.
Um Behandlungen anbieten zu dürfen, müssen die Kliniken künftig allerdings bundesweit einheitliche Qualitätskriterien erfüllen. Das soll sicherstellen, dass die Behandlungen nur noch dort durchgeführt werden, wo die passende Ausstattung und geschultes Personal vorhanden sind.
Bis Ende 2026 müssen die Bundesländer für alle Krankenhäuser - in Hessen gibt es derzeit 125 - entscheiden, welche Leistungsgruppen diese künftig noch anbieten sollen.
KV Hessen warnt vor Standortschließungen
Das zu ermitteln, werde ein riesiger bürokratischer Aufwand, befürchtet Christian Höftberger von der Hessischen Krankenhausgesellschaft: "Die Zuteilung von Leistungsgruppen entsteht ja nicht auf einem Schachbrett, sondern das Gesamtgefüge der Versorgungslandschaft muss weiter funktionieren."
Aus den Krankenhäusern höre er landauf, landab: "Das kriegen wir nicht gestemmt, das bringt uns noch größere Defizite, damit stehen wir mit dem Rücken an der Wand", warnte Frank Dastych von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. In einem Worst-Case-Szenario würden Krankenhausstandorte verloren gehen, befürchtet er.
Einen Eindruck von der Stimmung in den Häusern habe sich Stolz bis heute nicht verschafft, kritisierte die Gewerkschaft Verdi: Die CDU-Ministerin habe trotz Nachfragen noch keine Zeit für ein Gespräch über die Situation in den Kliniken gefunden. "Gerade in kleineren Häusern sorgen die Pläne für viel Verunsicherung. Die Beschäftigten brauchen unbedingt einen Ausblick auf Sicherheit", betonte Verdi.
Experten sollen Reformprozess begleiten
Der Krankenhausplan für Hessen werde gemeinsam mit verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens erstellt, versicherte Stolz. In sechs "Versorgungsgebieten" sollen im kommenden Jahr in jeweils einer "Versorgungskonferenz" mit zuständigen Experten die Krankenhausreform und die Weiterentwicklung des sonstigen Gesundheitssystems regional begleitet werden.
In jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt werde das Land während der Reform außerdem einen Gesundheitskoordinator finanzieren - als Ansprechpartner etwa für Bürgermeister und Ärzte.
Neue hybride Einrichtungen geplant
Für die Planungen seien bereits fundierte Daten erhoben worden: Eine Prognose des Bedarfs an stationären Leistungen, demografische Entwicklungen und das erwartete Potenzial zur ambulanten Behandlung wurden dabei berücksichtigt.
Um etwaige Lücken in der Versorgung aufzufangen, können die Bundesländer künftig Versorgungseinrichtungen bestimmen, in denen stationäre, ambulante und pflegerische Leistungen angeboten werden sollen. Hessen werde solche Versorgungskliniken ermöglichen, kündigte Stolz an. Die traditionelle Trennung zwischen stationärer Versorgung in Kliniken und ambulanter Hilfe in Arztpraxen sei ohnehin überholt.
Enormer Schuldenberg
Das Land werde die Kliniken auch mit einem eigenen Förderprogramm unterstützen, kündigte Stolz an. Auf diese Weise sollen Kliniken Kredite tilgen können, die sie für getätigte Investitionen aufgenommen haben. 140 Millionen Euro seien im neuen Haushalt dafür veranschlagt, sagte die Gesundheitsministerin. Abgerufen werden soll das Geld etwa ab Anfang des kommenden Jahres. Es ist aber ausdrücklich nicht für die Tilgung bestehender Schulden gedacht.
Diese sind enorm. Nach Angaben der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG) machen die Häuser pro Stunde aktuell gut 68.000 Euro Schulden. Die sogenannte Defizit-Uhr, eine fortlaufende Schulden-Uhr der HKG, wies am Mittwochabend mehr als 1,4 Milliarden Euro aus, die den Krankenhäusern im Land fehlten.