Bundesratsinitiative für "spanisches Modell" Hessen bereitet neue Technik bei elektronischen Fußfesseln vor
Zur Vorbeugung von Gewalttaten gegen Frauen will Hessen elektronische Fußfesseln flexibler machen. Das Land setzt auf eine neue Technik und macht sich dafür im Bundesrat stark. Solche Fußfesseln sollen eine Schutzzone um einen Menschen gewährleisten, nicht nur um einen Ort.
Die hessische Landesregierung wirbt aktuell im Bundesrat für eine Änderung der Technik von Fußfesseln - für das so genannte spanische Modell.
Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Technik in Deutschland besteht nach Angaben des Justizministeriums darin, dass keine vordefinierten festen Verbotszonen überwacht werden.
Warnung vor Zufallsbegegnungen
Vielmehr kann ein bestimmter Bereich um das zu schützende Opfer herum in den Blick genommen werden, auch wenn sich ein Mensch fortbewegt. Damit werden Frauen auch außerhalb ihrer Wohnung vor Zufallsbegegnungen mit dem Täter im Alltag gewarnt.
Über die hessische Bundesratsinitiative soll am Freitag in Berlin beraten werden. "Wir wären in nur wenigen Wochen einsatzbereit, um Frauen langfristig vor häuslicher Gewalt zu schützen, es fehlt nur noch die rechtliche Grundlage", erklärte Justizminister Christian Heinz (CDU) am Dienstag in Wiesbaden.
Fußfessel-Einsatz bislang mit Hürden
Die hessische Bundesratsinitiative sieht unter anderem vor, die elektronische Fußfessel im Gewaltschutzgesetz - einem Bundesgesetz - zu verankern. Die Polizeigesetze der Länder ermöglichen ihren Einsatz nach häuslicher Gewalt bislang nur kurzfristig und vorübergehend, bevor gerichtliche längerfristige Entscheidungen greifen können.
Nach den Worten von Justizminister Heinz können Näherungsverbote, die nach häuslicher Gewalt ausgesprochen wurden, bislang faktisch oft nicht durchgesetzt werden. Mit elektronischen Fußfesseln werden auch in bestimmten Fällen verurteilte Straftäter nach einer Haftstrafe überwacht.
Opfer überwacht Fußfessel-Träger per GPS-Einheit
Bei der von Hessen favorisierten Überwachungstechnik der neuen Generation kann die elektronische Fußfessel des Trägers mit einer GPS-Einheit kommunizieren, die das Opfer bei sich trägt. Das System überwacht dadurch sowohl den Standort des potenziellen Angreifers als auch den des Opfers.
Wenn sich Aggressor und Opfer entweder absichtlich oder unabsichtlich nähern, wird ein mehrstufiger Alarm ausgelöst. Zudem hat das Opfer-Gerät einen Panikknopf, um schnelle Hilfe zu rufen.
"Weisser Ring": Täter werden nicht effektiv abgeschreckt
Der Landesvorsitzende der Opferschutzorganisation "Weisser Ring", Patrick Liesching, begrüßte die hessische Initiative. "Seit Jahren sehen wir eine quantitative und qualitative Zunahme von Gewalt in andauernden oder beendeten Partnerschaften", sagte er.
Durchschnittlich an jedem dritten Tag komme es in Deutschland zur Tötung einer Frau. "Besonders betroffen macht mich dabei, dass sich viele Opfer vor ihrem Tod hilfesuchend an den Staat gewandt und auch ein gerichtliches Näherungsverbot erwirkt hatten", ergänzte Liesching. Die bisherigen Schutzmöglichkeiten schreckten Täter nicht effektiv genug ab.
2023 hessenweit 19 Frauen durch Ex oder Partner getötet
Die Bundesratsinitiave begründet Hessen auch mit dem Anstieg von häuslicher Gewalt in Deutschland: 2023 sei eine Viertelmillion Menschen Opfer häuslicher Gewalt geworden, ein Anstieg von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
"Selbst wenn es den Betroffenen gelingt, sich aus einer gewaltbelasteten Beziehung zu lösen und sich Unterstützung zu holen, kommt ihnen allzu oft kein konsequenter Schutz zu", heißt es im hessischen Antrag, Kontaktsperren oder Näherungsverbote seien oft nicht effektiv genug.
Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt steigt auch in Hessen: 12.000 Fälle waren es im Jahr 2023, 500 mehr als im Vergleichszeitraum im Vorjahr. 19 Frauen wurden allein 2023 von ihrem aktuellen oder Ex-Partner getötet.