EU für erleichterten Abschuss Hessen erfreut über Kursänderung beim Schutz von Wölfen
Die Mehrheit der EU-Länder hat sich für eine Lockerung des Schutzes von Wölfen ausgesprochen. Die Landesregierung, Weidetierhalter und Bauern begrüßen das. Kritik kommt von Naturschützern.
Hessens Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) hat den Wölfen wegen Attacken auf Weidetiere schon seit längerem den Kampf angesagt. Nun bekommt er Rückendeckung aus Brüssel. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Wölfen will die Mehrheit der EU-Länder einen schnelleren Abschuss der Tiere ermöglichen.
Die 27 Mitgliedstaaten stimmten am Mittwoch dafür, den besonderen Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen. Es ist ein erster Schritt hin zu einer Bejagung ohne Sondergenehmigungen.
"Schärferes Vorgehen notwendig"
Minister Jung sagte in Wiesbaden: Es sei ein Durchbruch. Ein schärferes Vorgehen gegen Wölfe sei dringend notwendig. Es sei höchste Zeit, dass in der EU in Regionen mit vielen Wolfsrudeln die Population eingegrenzt werden könne. "Unser Ziel ist ein regional angepasstes Bestandsmanagement", erklärte er.
In Hessen - vor allem in Nord- und Osthessen - wurden zuletzt die Rufe nach mehr Schutz für Weidetiere immer lauter. Bei einem Besuch zum Beispiel bei Landwirten und Tierhaltern im April in der Rhön musste sich Jung viel Kritik anhören.
Abschuss bisher nur in Gefahrenlagen
Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen oder Weidetiere darstellen. Die Hürden für eine Abschussgenehmigung sind in der Praxis hoch, häufig müssen die Ergebnisse einer DNA-Analyse abgewartet werden.
Doch selbst dann läuft bei der Zuordnung der zum Abschuss freigegebenen Tiere nicht immer alles wie geplant. In der Rhön wurde neulich ein Weibchen geschossen. Später stellte sich heraus: Es war das falsche Tier.
Die unkomplizierte Bejagung soll künftig durch eine Absenkung des Schutzstatus von "streng geschützt" auf "geschützt" ermöglicht werden. Damit ist nach Angaben von Jung ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf wäre weiter geschützt, eine Jagd aber grundsätzlich möglich.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte, eine Reduzierung des Schutzstatus könne dem Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität im Umgang mit problematischen Wölfen geben. Es handele sich aber um keinen Freifahrtschein für ungeregelte Abschüsse. Sie betonte: "Der Wolf ist und bleibt eine geschützte Art, sein guter Erhaltungszustand das Ziel."
Kleinerer Bestand aus Ministerin-Sicht notwendig
Doch auch Lemke erkannte: "Die Bestandszahlen des Wolfes haben sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass diese Entscheidung aus Sicht des Naturschutzes verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig ist."
Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz gab es im Jahr 2023 mehr als 1.300 Wölfe in Deutschland - mit steigender Tendenz. In Hessen wurden 2023 26 Wölfe nachgewiesen, wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) ermittelte. Die meisten Wölfe in Deutschland halten sich in Nord- und Ostdeutschland auf.
Doch auch die wenigen Wölfe in Hessen sorgen für viel Unmut in Hessen. Deswegen begrüßte auch der Hessische Bauernverband (HBV) das Ergebnis der EU-Abstimmung. Eine Sprecherin sagte: "Angesichts der steigenden Zahl von Konflikten zwischen Wölfen und landwirtschaftlichen Betrieben, insbesondere den Weidetierhaltern in Hessen, sehen wir dringenden Handlungsbedarf."
Nabu spricht von "großem Fehler"
Kritik kommt vom Naturschutzbund (Nabu). Der Landesverband Hessen befand: Die Zustimmung der Bundesregierung für weniger Wolfschutz sei ein "großer Fehler". Dadurch würden die Probleme nicht gelöst. "Der Wolf wird auch weiterhin bei uns bleiben", so der Nabu. Zum Schutz von Weidetieren müssten hingegen mehr Anstrengungen unternommen werden, etwa durch bessere Zäunen und Herdenschutzhunden. Im Einzelfall sei auch ein Abschuss eines problematischen Tieres denkbar.
Nach dem Willen von Jung und der EU sollen diese Abschüsse jedenfalls künftig einfacher sein. Bis die geplanten Änderungen umgesetzt werden, dürfte es aber noch dauern. Zunächst muss der EU-Ministerrat den Beschluss formell fassen. Anschließend kann die EU sich für eine Änderung der sogenannten Berner Konvention starkmachen. In diesem völkerrechtlichen Vertrag, den auch Länder wie die Türkei, Marokko und die Schweiz unterzeichnet haben, ist der Schutz des Wolfs festgeschrieben.
Für eine Änderung will die EU-Kommission in der nächsten Sitzung einen offiziellen Vorschlag machen. Anschließend kann Brüssel einen konkreten Gesetzentwurf vorlegen, um die künftigen Jagdregeln für Wölfe in der EU festzulegen.