Umweltschützer schlagen Alarm Landesregierung könnte Klimaziele verfehlen – BUND fordert Sofortprogramm

Hessen wird sein Klimaschutzziel krachend verfehlen, glaubt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) - wenn die Landesregierung nicht schnell handelt. Die Regierung selbst sieht sich auf einem guten Weg.

Windräder drehen sich vor den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks.
Windenergie ausbauen und Strom sparen: So will der BUND den Treibhausgas-Ausstoß senken Bild © dpa
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Noch vor einem Jahr hatten es die Themen Klimawandel und Umweltschutz bei Hessinnen und Hessen in die Top drei der wichtigsten Themen geschafft, die sie vor der Landtagswahl 2023 beschäftigten. Doch das Interesse scheint sich verflüchtigt zu haben.

Umfragen aus diesem Jahr zeigen: Bei der Europawahl sowie den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg landete der Klimaschutz laut ARD Deutschlandtrend auf den hinteren Rängen. Das müsse sich ändern, findet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Die Klimaziele zu erreichen gehöre wieder ganz oben auf die Agenda – in der Bevölkerung und in der hessischen Landespolitik. Denn Hessen droht sein Klimaschutzziel zu verfehlen, warnt der BUND-Landesverband. In Frankfurt hat er daher ein "machbares Sofortprogramm" vorgestellt.

Sofortprogramm für mehr Klimaschutz

Eigentlich sollen die Treibhausgas-Emissionen laut dem hessischen Klimaschutzgesetz bis 2025 um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken. Dieses Ziel werde "deutlich verfehlt", wenn die Landesregierung nicht mehr Maßnahmen ergreife, warnt der BUND Landesverband Hessen.

Bis 2021 seien nur 30 Prozent erreicht worden, im Schnitt ein Prozent pro Jahr. Das Tempo müsse sich jetzt mindestens verfünffachen. Schließlich blieben nur noch 15 Monate bis zum nächsten Etappenziel.

BUND: "Zeit drängt"

Auch der wissenschaftliche Klimaschutzbeirat der Landesregierung habe schon voriges Jahr auf die "Klimaschutzlücke" hingewiesen. Passiert sei aber fast nichts, kritisiert der BUND. "Die Zeit drängt", sagt der BUND-Landesvorsitzende Jörg Nitsch. Die Landesregierung habe "die Dramatik noch nicht entdeckt", heißt es vom Verband.

Das größte Potential sieht der BUND im Stromsparen und im Ausbau von Windenergie. Damit könnten jeweils jährlich drei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Mit dem Ausbau von Photovoltaik könnten 1,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Balkonkraftwerke für alle und weniger Autoverkehr

Mit weiteren Maßnahmen wie weniger Autofahren, Wärme sparen, Balkonkraftwerken für alle und Wasser sparen könnte laut BUND eine jährliche CO2-Einsparung von über neun Millionen Tonnen erreicht werden.

Auch Bürgerinnen und Bürger sollen ihren Teil beitragen, um Wärme, Wasser und Strom zu sparen, Werner Neumann, BUND-Energieexperte und Autor des Sofortprogramms. Zum Beispiel, indem sie in der anstehenden Heizperiode die Raumtemperatur senken und für die dunkle Jahreszeit Beleuchtung durch sparsame LED-Technik ersetzen.

Die Politik sei gefordert, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energie gehe. Mini-Photovoltaikanlagen, die sogenannten Balkonkraftwerke, seien schon einfacher zu realisieren als früher. Und Windkraftanlagen seien zuletzt schneller genehmigt geworden.

250 Millionen Euro nötig

Im Verkehrssektor sei noch viel Luft nach oben. Der Individualverkehr müsse reduziert werden, so der BUND.

Ideen für Alternativen gebe es reichlich, wie bessere Radinfrastruktur oder "On-demand-Busse", die man bei Bedarf rufen kann. Sie müssten nur umgesetzt werden. Dann seien die Klimaziele noch zu erreichen. Das Programm sei "einfach und schnell umsetzbar", sagt Neumann, der Autor des Sofortprogramms ist.

Insgesamt rechnet der BUND mit Kosten für das Sofortprogramm von 250 Millionen Euro über zwei Jahre. Damit sollen Kampagnen, Infomaterial und Förderprogramme finanziert werden. Gleich mehrfach gut angelegtes Geld sei das, meint Neumann.

"Klimaschutz ist Wirtschaftsförderung", sagt der Experte. Wer Strom spart oder weniger heizt, senkt auch seine Energiekosten. Das komme schließlich den Nutzern zugute, egal ob kleine Haushalte oder Industrie, so Neumann.

Landesregierung widerspricht

Das hessische Umweltministerium will die Kritik des BUND so nicht stehen lassen. Die im Hessischen Klimagesetz vereinbarten Ziele seien ehrgeizig und es brauche Anstrengungen, um sie zu erreichen.

"Wie stark diese weitergehenden Anstrengungen genau sein müssen, kann allerdings erst nach der in den nächsten Monaten anstehenden Veröffentlichung der Treibhausgasbilanz für das Jahr 2022 beurteilt werden", heißt es aus dem Ministerium. CO2 einzusparen werde mit jedem Prozent schwieriger und finanziell aufwändiger.

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Redaktion: Malena Menke

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe