Ab kommendem Schuljahr Hessen will Handyverbot an Schulen einführen
Hessen will die Handynutzung an Schulen flächendeckend verbieten. Ein geplantes Gesetz der Landesregierung soll bereits ab dem kommenden Schuljahr gelten – und wenige Ausnahmen vorsehen.
Smartphones, Smartwatches und Tablets sollen ab dem kommenden Schuljahr weitgehend aus hessischen Schulen verbannt werden. Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes will die schwarz-rote Landesregierung in der nächsten Woche in den Landtag einbringen.
Die Regelung sieht vor, die private Handynutzung an Grundschulen generell sowie an weiterführenden Schulen mit wenigen Ausnahmen zu untersagen. Kultusminister Armin Schwarz (CDU) sprach in diesem Zusammenhang von "Smartphone-Schutzzonen".

Lehrkräfte dürfen Handys abnehmen
"Zum Schutz der Kinder und Jugendlichen ist die Verwendung von mobilen digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler im Schulgebäude und auf dem Schulgelände grundsätzlich unzulässig", heißt es in der Gesetzesvorlage, die mit den Stimmen von CDU und SPD abgesegnet werden und bereits nach den Sommerferien in Kraft treten soll.
Während das Mitführen der Geräte zwar weiterhin erlaubt wird, soll die private Nutzung verboten sein. Bei Verstößen könne das Handy von Lehrkräften einbehalten und erst am Ende des Unterrichtstages wieder ausgegeben werden, heißt es weiter. Somit ließen sich etwa digitale Bustickets weiterhin für den Heimweg verwenden.
Ausnahmen an weiterführenden Schulen
Abweichend von dieser Regelung dürfen weiterführende Schulen Ausnahmen festlegen: Älteren Schülerinnen und Schülern kann in der jeweiligen Schulordnung die Nutzung in einzelnen Zeiten oder bestimmten Bereichen der Schulen gestattet werden. Auch als Bestandteil des Unterrichts oder in Notfällen sowie begründeten Einzelfällen soll das Benutzen gestattet werden.
An Grundschulen sind laut Landesregierung keine Sonderbereiche für Smartphones vorgesehen.
Minister: "Gemeinsam spielen statt chatten"
"Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media weiter negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt", sagte Minister Schwarz.
Schulen müssten geschützte Räume sein, "in denen unsere Kinder und Jugendlichen frei von Ablenkung und Ängsten lernen können". Schülern müsse zugleich ein kompetenter Umgang mit modernen Medien beigebracht werden.
Vor allem mit Blick auf jüngere Schulkinder ergänzte Schwarz: "Sie sollen in den Pausen wieder gemeinsam spielen und nicht alleine in der Ecke vor sich hin oder übereinander chatten." In der Schule lernten Kinder auch das soziale Miteinander.
"Das kann nicht durch den Blick auf den Bildschirm ersetzt werden. Die ständige Online-Präsenz schadet den Beziehungen und verhindert echte Begegnungen", betonte Schwarz, der selbst früher Lehrer war.
Grünen und AfD fehlt klare Regelung
Die hessischen Grünen kritisierten den Vorstoß der Landesregierung als verwirrend und uneinheitlich. "Mit dem Gesetzentwurf wird letztendlich die Entscheidung für oder wider Handys im Unterricht der einzelnen Lehrkraft aufgebürdet", sagte der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Daniel May.
Auch die AfD forderte diesbezüglich eine klarere Vorgabe des Landes - "auch um die Autorität der Lehrkräfte an unseren Schulen zu stärken", wie der Abgeordnete Heiko Scholz betonte.
Landesschüler*innenvertretung kritisiert Gesetzentwurf
Die Landesschüler*innenvertretung (LSV) Hessen sieht "erhebliche Schwächen" im Gesetzentwurf. Gerade ältere Schülerinnen und Schüler bräuchten eine größere Freiheit und angemessene Möglichkeit zur Nutzung digitaler Geräte in den Pausen, teilte Landesschulsprecher Ted Krämer am Donnerstag mit.
Die Definition von Notfällen, in denen die Smartphone-Nutzung erlaubt sei, sei "unpräzise". Die Verwendung des Begriffs "Schutzzonen" impliziere eine Gefahr. Schülerinnen und Schüler müssten umfangreich über Gefahren und Chancen aufgeklärt werden, statt sie durch reine Verbote den Risiken an anderer Stelle auszusetzen, forderte die LSV.
Verband Bildung und Erziehung: "längst gang und gäbe"
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Hessen kommentierte: "Was nach einem großen Wurf klingt, ist bei näherem Hinsehen nur eine rechtliche Grundlage für das, was an den meisten Schulen längst gang und gäbe ist."
Diesen sei aktuell die Regelung der Handynutzung überlassen. Die echten Herausforderungen der Schulen seien aber andere - etwa Lehrermangel, schleppende Digitalisierung und Bürokratiewahnsinn. Hier brauche es mehr Engagement.
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Ihre Kommentare Handyverbot an Schulen - sinnvoll oder kontraproduktiv?
80 Kommentare
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Also vielleicht überlegen wir uns den Mehrwert von Social Media und Doom Scrolling in unserer Gesellschaft. Es sind ja nicht nur die Kinder in der Schule. Viele Erwachsene stehen so an Bushaltestellen, Eltern auf Spielplätzen, inklusive Radikalisierungspotenzial und Fake News es ist also ein Problem der Gesellschaft. Ein soziales Miteinander sollte man vorleben, dann machen es auch die Kinder.
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Die Schulen und vor allem die Unterrichte sollten viel mehr attraktiver gestaltet werden. Wichtiger Lernstoff sollte für die Zukunft vermittelt werden, aber wenn man sich die Themen mal so anschaut gehts es nicht darum. Verbote bringen rein gar nichts.
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Auf dem ersten Schritt scheinbar nachvollziehbar, aber nicht zielführend. Der Umgang mit Smartphone und die sinnvolle Nutzung derselben ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Erstens folgen Kinder oft den beispiel ihrer Eltern. Somit ist es erstmal Aufgabe im Elternhaus einen guten und sinnvollen Umgang mit dem Handy einzuüben. Dies sollte ergänzt werden mit einem guten Medienkonzept. Schon vor mehr als 10 Jahren wurde an der Schule meiner Kinder eien Handyzone eingerichtet, in welcher das Handy genutzt werden konnte. Zuvor waren die Lehrkräfte in den Pausen fast ausschließlich mit dem Einsammeln der Handy beschäftigt, welche nicht genutzt werden durften. Solch ein Konzept halte ich für zielführender, wenn es pädagogisch entsprechend begleitet wird, als ein Verbot auszusprechen dessen Durchsetzung kaum zu realisieren ist. Das ist meine Erfahrung nach mehr als 10 Jahren Schulelternbeiratsvorsitz, Mitglied im Kreiselternbeirat und dessen langjähriger Vorsitzender
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