Etatpläne vorgestellt Hessens Finanzminister will 2025 ohne Kahlschlag sparen
Die schwarz-rote Landesregierung will auch in schwerer Zeit in Bildung, innere Sicherheit und die Wirtschaft investieren. Für den Etat 2025 braucht CDU-Finanzminister Lorz alle Reserven auf - und nimmt trotz Schuldenbremse ganz legal Millionen-Kredite auf.
Wie kommt ein Bundesland über die Runden, wenn die Steuereinnahmen nicht so steigen wie einst erhofft? Das Wort "Kahlschlag" nahm Hessens Finanzminister Alexander Lorz mehr als einmal in den Mund, als er am Dienstag in Wiesbaden den Entwurf der schwarz-roten Landesregierung für den Etat des kommenden Jahres vorlegte.
Der CDU-Politiker tat es allerdings, um zu beteuern: Sein Finanzplan für 2025 verlange Hessen zwar notgedrungen vieles ab und trage mit Einsparungen den "herausfordernden Zeiten" Rechnung.
Aber: "Wir tun das, ohne irgendeine Form von Kahlschlag zu veranstalten." Und die Regierung wolle zudem schwerpunktmäßig in Bildung, innere Sicherheit, die Stärkung der Wirtschaft und den sozialen Zusammenhalt investieren.
Dafür wird unter anderem die Beamtenbesoldung später erhöht als angekündigt, es werden 670 Millionen Euro neue Schulden gemacht und Rücklagen um fast eine Milliarde Euro gelüftet.
Balanceakt
Fürs nächste Jahr sieht der Finanzminister die Balance zwischen einer "Konsolidierung mit Augenmaß" und gezielter Investition gewahrt. Mit 27,8 Milliarden Euro werden die Steuereinnahmen spürbar niedriger veranschlagt, als noch vor zwei Jahren geschätzt. Zwei Milliarden Euro fehlten im kommenden Jahr. Insgesamt 38 Milliarden Euro an Ausgaben sind vorgesehen.
Als Maßnahmen, um die Lücke zu schließen, sind 2025 unter anderen vorgesehen:
- 670 Millionen Euro neue Schulden zu machen. Das ist laut Lorz annähernd, was die Schuldenbremse wegen der schlechten Wirtschaftslage auch erlaubt - und weniger an Krediten als im laufenden Jahr. "Die Zeiten der schwarzen Null sind leider vorbei", sagte er.
- 500 Millionen Euro aus der Rücklage zu nehmen. Hessen gibt 2025 damit fast alles aus, was noch an Notgroschen vorhanden war.
- 475 Millionen Euro aus dem Topf für Baumaßnahmen an Hochschulen für anderes auszugeben. Laut Finanzministerium ist es Geld, das ohnehin zuvor nicht ausgeschöpft wurde und später wieder zurückfließen soll. Im Topf blieben immer noch 995 Millionen Euro.
- 200 Millionen Euro weniger für Flüchtlinge auszugeben. Da die Zahl der Neuankommenden sinke, gehe das. Der Posten bleibe aber mit 1,15 Milliarden Euro hoch.
- bei den Beamten zu sparen. 180 Millionen Euro soll die umstrittene Verschiebung der zweiten Stufe der Besoldungserhöhung für Beamte bringen. Es bleibe aber bei einem Gehaltsplus von 10,5 Prozent.
- jede dritte freiwerdende Stelle nicht mehr zu besetzen. Ausgenommen seien Bildung, innere Sicherheit und Justiz. Die Personalkosten sind mit geplanten 13,74 Milliarden Euro größter Ausgabenblock, verschlingen ein Drittel des Etats. Tendenz steigend: Zehn Milliarden Euro waren es 2019, 15,6 Milliarden könnten es laut Prognose 2028 sein.
- weitere Einsparungen in allen Ressorts zu erzielen: im Klimaschutz etwa, wo bislang ohnehin nicht verwendetes Geld gestrichen werde. Oder im Sozialetat, wo der Hessenpass zum Eintritt zu Kulturveranstaltungen wegfällt.
Investitionen wie 2024 auf Rekordstand
Trotzdem will das Land investieren – auf "Rekordniveau", wie Finanzminister Lorz betonte. Die Summe von 3,3 Milliarden Euro entspreche der von 2024 und liege deutlich über denen der Jahre davor.
Zu den wesentlichen Schwerpunkten zählt die Regierung:
- ein erstmals über die Sieben-Milliarden-Marke steigender kommunaler Finanzausgleich. Allerdings sind das 400 Millionen Euro weniger, als vor dem Regierungswechsel unter Schwarz-Grün geplant. Die Lücke müssen viele Städte und Gemeinden gerade in ihre Finanzpläne nachträglich einbauen.
- im Bildungssektor 1.800 neue Stellen wegen deutlich steigender Schülerzahlen sowie 370 neue Stellen im Startchancen-Programm für besonders benachteiligte Kinder und Jugendliche.
- 100 zusätzliche Stellen für die chronisch überlasteten Staatsanwaltschaften
- einen auf mehr als 2,3 Milliarden Euro steigenden Polizei-Etat.
- insgesamt eine Milliarde Euro für Hessengeld zugunsten von Erstbesitzern von Eigenheimen oder Wohnungen und den Hessenfonds für Unternehmen mit der Förderung von Investitionskrediten.
- vier Millionen Euro für ein Notfallpaket Landwirtschaft. Das Hilfsprogramm wurde 2024 erstmals aufgelegt, da noch mit zehn Millionen Euro.
- drei Millionen Euro mehr für das insgesamt 136,5 Millionen Euro umfassende Sozialbudget. Das leichte Plus ist laut Regierung zur Fachkräftesicherung, Sprachförderung und Armutsbekämpfung gedacht.
Wird es am Ende bitter?
Lorz machte klar: Weil das Polster allmählich geleert ist und steigende Einnahmen nicht zu erwarten sind, wird es 2026 kaum besser werden - eher im Gegenteil. "Wir müssen das Land wieder auf einen Wachstumskurs bringen", sagte er zur seiner Meinung nach einzig tragfähigen Lösung. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit müsse dafür aber steigen.
Dazu bedürfe es unter anderem einer Steuerreform, aber auch Deregulierungen. "Ansonsten wird das hier auf mittelfristige und lange Sicht bitter." Der CDU-Politiker beklagte auch, dass Hessen 3,57 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich zahlen müsse. Hätte er bloß die Hälfte der Summe zur Verfügung, so Lorz, gäbe es kein Haushaltsproblem.
Grüne sehen hausgemachte Probleme
Kritik handelte sich der Finanzminister für seine Pläne von der Landtagsopposition ein. Miriam Dahlke, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, betonte: Die Regierung könne 2025 mit einer Milliarde Euro mehr an Steuern als im laufenden Jahr rechnen. Für sie steht fest: "Mit einer falschen Prioritätensetzung verschärft Schwarz-Rot die Haushaltskrise selbst." Für teure Wahlgeschenke wie das Hessengeld seien Mittel da.
"Ohne strukturelle Reform droht der Haushalt mittelfristig zu entgleiten", sagte Roman Bausch, finanzpolitischer Sprecher der AfD. Von den "vollmundig angekündigten Konsolidierungsanstrengungen" der Koalition sei im Etatentwurf nichts übrig geblieben. Stattdessen würden die letzten Reserven verzehrt.
Der Landtag wird sich am 11. Dezember in einem ersten Durchgang mit dem Etatentwurf befassen. Aber erst Ende März soll er im Parlament verabschiedet werden.