Hessische Reaktionen auf Trump-Sieg "Wir müssen die europäische Souveränität stärken"
Für die einen ist er ein Spalter, für die anderen ein Hoffnungsträger: Der Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl hat in Hessen emotionale Reaktionen hervorgerufen. Über Parteigrenzen hinweg wird nun ein starkes Europa gefordert.
In den USA wurden noch die Stimmzettel ausgezählt, da äußerten sich schon die ersten Politiker in Deutschland und Hessen zum sich abzeichnenden Sieg von Donald Trump. Schneller als zunächst gedacht war klar: Der Republikaner wird erneut Präsident der USA.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) zeigte sich im Gespräch mit dem hr überrascht angesichts des deutlichen Ergebnisses. "Wir müssen jetzt die europäische Souveränität stärken", sagte er am Rande eines Frankreich-Besuchs.
Europa müsse etwa in der Verteidigungspolitik, in der Wirtschaftspolitik und in Migrationsfragen stärker und selbstbewusster werden. Auf Länderebene gelte es, den Kontakt zu halten und auszubauen, aus hessischer Sicht etwa mit der US Army am Standort Wiesbaden oder dem US-Generalkonsulat in Frankfurt. Der Austausch dürfe nicht nur auf Bundesebene stattfinden. "Das ist das Gebot der Stunde", findet Rhein.
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Mansoori: Partnerschaft weiter pflegen
Auch Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) betonte im Gespräch mit dem hr die enge Verbindung der USA und Hessen, etwa im Handel, bei Investitionen sowie Forschung und Entwicklung. "Diese Freundschaft und Verbindung besteht seit Jahrzehnten und ist gut, daran wird sich auch nach vier Jahren Donald Trump nichts ändern", glaubt Mansoori.
Diese Partnerschaft gelte es weiter zu pflegen. Europa, Deutschland und Hessen müssten sich aber auch auf die eigenen Interessen konzentrieren. "Zum Beispiel, wie wir die besten Bedingungen dafür schaffen, dass sich Industrie und Unternehmen hier ansiedeln und neue Technologien und Innovationen vorantreiben", so Mansoori.
"Trump ist eine Wundertüte"
Für den hessischen AfD-Co-Vorsitzenden Andreas Lichert ist der Sieg Trumps nach eigener Aussage keine Überraschung. Er habe sich kürzlich bei einem USA-Besuch ein Bild vor Ort machen können, sagte er dem hr. Trotzdem müsse man abwarten, welche seiner Versprechungen der Republikaner nun einlöse. "Er ist ja schon ein wenig eine Wundertüte", räumte Lichert ein.
Die EU und Deutschland müssten sich nun etwa in Handelsfragen oder in Bezug auf die Beiträge zur Nato auf "deutlich härtere Verhandlungen als in der Vergangenheit" einstellen. Er sehe aber auch große Chancen, sagte Lichert: "Für viele Freiheitliche und Konservative ist Trump auch ein Hoffnungsträger."
Roth und Stark-Watzinger sehen Aufgaben für EU
Der hessische Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD) aus Heringen (Hersfeld-Rotenburg), sagte im ZDF-Mittagsmagazin, Trump sei kein rationaler Politiker und habe bereits in seiner ersten Amtszeit versucht, Europa zu spalten.
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Die aus Frankfurt stammende Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte Deutschland und die EU auf X ebenfalls auf, jetzt ihre "Hausaufgaben" zu machen.
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Hessische Wirtschaft fürchtet Zölle
Die USA sind für hessische Unternehmen der wichtigste Handelspartner. Aber gerade kleine und mittelständische Unternehmen könnten es sich nicht leisten, in den USA eigene Fabriken zu betreiben und so mögliche Zölle zu umgehen, sagte Clemens Christmann von der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände dem hr.
Handelshemmnisse wie Zölle würden die starke hessische Wirtschaft schwächen, insbesondere die Industrie. "Wir sind sehr stark im Außenhandel", sagte Christmann: "Wir brauchen offene Märkte zum Investieren und zum Handeltreiben."
Es sei deshalb an der EU, den USA zu vermitteln, dass sie keine egoistische Handelspolitik betreiben dürften.
Zollkrieg als Worst-Case-Szenario
Der Chef-Volkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater, befürchtet im Falle neuer Zölle eine Abwanderung der Produktion in die USA und schlimmstenfalls einen Zollkrieg.
"Es kommt darauf an, wie die Gegenreaktion sein wird, ob es Gegenzölle geben wird", erklärte Kater. Das birge eine Gefahr, "die für alle Beteiligten tatsächlich problematisch wäre".