Wahlen in Thüringen und Sachsen Rhein freut sich über starke CDU, Grüne besorgt Zäsur durch AfD-Sieg

Während Ministerpräsident Rhein sich über die Ergebnisse der CDU bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen freut, bereitet der Erfolg der AfD den Grünen Sorge. Innenminister Poseck sieht die Demokratie vor einem Kipppunkt.

AfD-Fähnchen auf Veranstaltung vor Deutschland-Fahne
AfD-Wahlveranstaltung in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Hessische Reaktionen nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen

hs 02.09.2024
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Die Alternative für Deutschland (AfD) hat es erstmals seit ihrer Gründung 2013 bei einer Landtagswahl auf Platz eins geschafft. In Thüringen erreichte die Partei von Landeschef Björn Höcke 32,8 Prozent. Aussichten auf eine Koalition hat die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD nicht, alle anderen Parteien haben ein Bündnis mit ihr ausgeschlossen.

Nouripour zu AfD-Erfolg: "Menschen haben nun Angst"

"Dass in Thüringen jetzt eine offen rechtsextremistische Partei stärkste Kraft geworden ist", sei eine Zäsur, kommentierte der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour aus Frankfurt im ZDF. Er sagte, er sehe und höre viele Menschen, die deswegen nun Angst hätten, "Leute aus der Kultur, Leute mit Migrationshintergrund, Leute, die zum Christopher Street Day gehen".

Nouripour betonte: "Jetzt ist die Stunde, ihnen beizustehen und klar zu machen: Wir stehen zusammen und werden unsere Demokratie verteidigen." In Thüringen scheiterten die Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde. Das sei sehr schmerzhaft, sagte Nouripour. Er sei erleichtert, dass es die Grünen in den Sächsischen Landtag geschafft haben.

Poseck warnt vor "Rückfall in dunkelste Kapitel"

Innenminister Roman Poseck (CDU) sagte am Montag: "Diese Wahlergebnisse machen deutlich, dass unsere Demokratie nicht weit von einem Kipppunkt entfernt ist." Die Fortsetzung von Demokratie und Rechtsstaat sei keine Selbstverständlichkeit, betonte er: "Auch ein Rückfall in dunkelste Kapitel unserer Geschichte scheint nicht mehr ausgeschlossen."

Bei der Landtagswahl in Sachsen kam die CDU vor der vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften AfD auf Platz eins mit 31,9 Prozent. In Thüringen verbesserte sich die CDU auf 23,6 Prozent, aber landete damit deutlich hinter der AfD.

Rhein sieht CDU-Chef Merz gestärkt

"In Sachsen ist die CDU sehr stark, und auch in Thüringen ist eine konstruktive Politik ohne uns nicht möglich", zeigte sich Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) zufrieden. Auf die Frage, ob die Wahlen eine Kanzlerkandidatur des CDU-Chefs Friedrich Merz wahrscheinlicher machen, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Das ist sehr klar auch ein Erfolg unseres Bundesvorsitzenden Friedrich Merz."

Die Wahlergebnisse zeigten, dass die Union stabil sei und hohes Vertrauen in der Bevölkerung genieße, sagte Rhein weiter: "Die CDU hat mit Friedrich Merz an der Spitze die Zeit in der Opposition genutzt für ein klares Profil und ein bürgerliches Programm." Das Stimmen-Potenzial der Partei liege "deutlich über 30 Prozent". Dies müsse auch bei kommenden Wahlen ausgeschöpft werden. Man müsse noch weitere Menschen vom Kurs der CDU überzeugen.

Ampel-Parteien mit Verlusten

Die Parteien der Ampel-Regierung im Bund mussten in beiden Ländern teils herbe Verluste hinnehmen. Die SPD schaffte es in Thüringen mit 6,1 Prozent nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde - ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. In Sachsen kamen die Sozialdemokraten auf 7,3 Prozent.

Die FDP ist in keinem der Landtage mehr vertreten. In beiden Ländern brachte es das neu gegründete BSW aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse.

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Die Linke erreichte in Sachsen 4,5 Prozent und kam damit auf weniger als die Hälfte des Stimmenanteils von vor fünf Jahren. Sie errang zwei Direktmandate in Leipzig und ist deswegen im Landtag vertreten, obwohl sie unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt.

Linke: "Schwimmen stark gegen den Strom"

In Thüringen rutschte die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow mit deutlichen Verlusten auf den vierten Platz. Bundeschefin Janine Wissler sagte bei Phoenix, bei den Themen Asyl und Migration vertrete und halte die Linke Positionen, "mit denen wir im Moment wirklich stark gegen den Strom schwimmen". Sie sprach von einer "enormen Rechtsverschiebung".

Das zeige sich nicht nur bei den Ergebnissen der Linken, sondern auch bei den Ampel-Parteien. Wissler betonte, es zahle sich nicht aus, "rechte Forderungen zu übernehmen und rechte Forderungen umzusetzen, sondern das verschiebt einfach die ganze gesellschaftliche Stimmung nach rechts". Das sei ein "riesiges Problem".

Wissler hatte kürzlich verkündet, dass sie nicht mehr für den Posten der Bundesvorsitzenden kandidiert. Sie wolle nun wieder mehr in Hessen und Frankfurt unterwegs sein.

AfD will Koalition mit CDU

Der Co-Landesvorsitzende der AfD Hessen, Andreas Lichert, feierte die Ergebnisse der thüringischen und sächsischen Landesverbände seiner Partei als "bedeutenden Erfolg für die demokratische Rechte und die Demokratie in Deutschland".

Lichert sagte, er erwarte, dass die sogenannte Brandmauer, mit der die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt, "wird fallen müssen, wie auch die Berliner Mauer fiel". Nur eine Koalition aus AfD und CDU könne die großen Probleme im Land lösen und die gesellschaftliche Spaltung kitten.

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Quelle: hessenschau.de, epd, AFP, dpa/lhe