Al-Dailami und Jeschonnek teilen sich Vorsitz Landesverband des Bündnisses Sahra Wagenknecht gegründet

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat jetzt einen hessischen Landesverband. Ein Ex-Linker und ein neues Gesicht im Politikbetrieb führen diesen an.

Ali Al-Dailami und Oliver Jeschonnek sitzen nebeneinander
Ali Al-Dailami und Oliver Jeschonnek (von links). Bild © Sebastian Jakob (hr)
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BSW gründet hessischen Landesverband

Neues Führungsduo bei Pressekonferenz
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Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat am Samstag in Wiesbaden seinen hessischen Landesverband gegründet. Die bislang rund 50 Parteimitglieder trafen sich dazu im Kurhaus der Landeshauptstadt.

Damit hat das BSW jetzt elf Landesverbände in Deutschland. Namensgeberin Sahra Wagenknecht hatte das Ziel ausgegeben, bis Ende des Jahres in allen Bundesländern mit eigenen Verbänden vertreten zu sein. Sie war am Samstag allerdings nicht anwesend.

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10 bis 15 Kreisverbände geplant

Wichtig ist ein Landesverband vor allem im Hinblick auf die Bundestagswahl in einem Jahr. Dann kann das BSW in Hessen nur mit Landesverband überhaupt gewählt werden. Ziel des neu gegründeten Landesverbands ist es, auch in Hessen über fünf Prozent zu kommen.

Nach hr-Informationen gab es hierzulande rund 2.000 Anfragen auf eine Parteimitgliedschaft. Die Bewerberinnen und Bewerber sollen vor einer Aufnahme gründlich geprüft werden. Weitere Aufnahmen soll es erst geben, wenn die Strukturen des Landesverbands stehen. So seien etwa 10 bis 15 Kreisverbände in Hessen geplant.

Bundestagsabgeordneter und Unternehmer an der Spitze

Für den Vorsitz in Hessen kandidierten Ali Al-Dailami und Oliver Jeschonnek als Doppelspitze. Al-Dailami wurde einstimmig gewählt. Jeschonnek erhielt 80,4 Prozent der Stimmen.

Jeschonnek ist 48 Jahre alt und führt ein Kommunikationsunternehmen in Frankfurt. Politisch in Erscheinung getreten war er bislang nicht - er sei aber schon immer ein politischer Mensch gewesen, sagte er dem hr. Er wolle die politischen Verhältnisse in Hessen ändern. "Auch ich war frustriert", beschreibt er seine Motivation. Sein Herzensthema sei als Familienvater die Sozialpolitik. Außerdem wolle er sich für mittelständische Unternehmen und eine Friedenspolitik einsetzen.

Ali Al-Dailami und Oliver Jeschonnek sitzen nebeneinander
BSW-Mitglieder bei der Gründung des Landesverbandes in Wiesbaden. Bild © picture-alliance/dpa

Der 42-jährige Al-Dailami ist bereits Bundestagsabgeordneter des BSW. Er war im vergangenen Herbst aus der Linkspartei ausgetreten und hatte sich dann der neugegründeten Wagenknecht-Partei angeschlossen. Von 2013 bis 2021 war Al-Dailami Vorsitzender des Kreisverbandes Gießen der Linken gewesen, von 2018 bis 2022 war er zudem stellvertretender Parteivorsitzender der Linken im Bund.

Die Linken waren in Hessen bei der Landtagswahl im Oktober 2023 nach 15 Jahren im Parlament mit 3,1 Prozent (-3,2) an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Forderung nach Investitionen in Bildung

Auch Al-Dailami sieht einen Schwerpunkt in der Friedenspolitik. Mit dem Aufbau des Nato-Kommandos in Wiesbaden werde die hessische Landeshauptstadt "zu einer Drehscheibe des Ukrainekrieges" hinsichtlich Waffenlieferungen und Ausbildung von Soldaten. Im Falle einer möglichen Eskalation oder eines "Flächenbrandes" könne somit "auch Hessen zu einer Zielscheibe dieses Krieges werden". Nötig seien Verhandlungen und ein Ende des Krieges, sagte Al-Dailami. 

Auch in Hessen lebten zudem Kinder, Rentnerinnen und Rentner in Armut, deshalb sei es ein "Zynismus", dass viel Geld in die Aufrüstung fließe. "Wir sagen ganz klar, auch damit muss Schluss sein." Zudem brauche es massive Investitionen in die Bildung. Es dürfe nicht sein, dass der Geldbeutel der Eltern über den schulischen Werdegang eines Kindes entscheide. 

"Magnet für enttäuschte Linke"

Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki von der Universtiät Marburg sagte, die Ausrichtung des BSW zu mehr linksautoritärer Politik könnte zu einem "Magneten" für enttäuschte Anhänger der Linkspartei, aber auch für Protestwähler werden.

Das Wählerpotenzial des BSW liege sowohl im Lager der SPD und der Linken, als auch der AfD und bei Nichtwählern. Sie sprach von einem "heterogenen Reservoir", aus dem die Partei schöpfen könne.

Zweistellige Ergebnisse bei Landtagswahlen

In der Partei selbst sieht man ein Potenzial von sechs bis zehn Prozent der Stimmen bei einer bundesweiten Abstimmung. Punkten will das BSW mit einer sozial-konservativen und in Teilen fast schon nationalistischen Politik. Dazu will sich das BSW auf dem Land ebenso stark aufstellen wie in den Städten.

Seit der Parteigründung auf Bundesebene im Januar dieses Jahres kam das BSW bei der Europawahl in Hessen auf 4,4 Prozent, bundesweit auf 6,2 Prozent. Bei den jüngsten Landtagswahlen erreicht das BSW zweistellige Werte: in Thüringen 15,8 Prozent, in Sachsen 11,8 Prozent und in Brandenburg 13,5 Prozent.

"Das BSW ist erstaunlich erfolgreich, aus dem Stand solche Wahlergebnisse zu erzielen", sagte Borucki. Das liege an der Gründungsgeschichte und der "prominenten Person Sahra Wagenknecht". Langfristig müsse sich zeigen, wie tragfähig ihre Person für die Parteiorganisation sei. 

Redaktion: Clarice Wolter

Sendung: hr INFO,

Quelle: mit Informationen von Timo Kurth und Sebastian Jakob, hessenschau.de, dpa/lhe