Landeshaushalt 2025 Schwarz-Rot muss sparen und verschiebt Besoldungserhöhung
Die Steuereinnahmen brechen ein, die Schuldenbremse will CDU-Ministerpräsident Rhein im Etat 2025 nicht lockern. Was tun? Einen Posten zum Sparen hat die Regierung gefunden - aber der ist konfliktträchtig.
Seit Monaten warnt Hessens Finanzminister Alexander Lorz (CDU), dass die Zeiten härter werden. Auch die Haushaltslage werde angespannter. Zuletzt machte er bekannt: Die Wirtschaftskrise lässt die Steuereinnahmen des Landes in den kommenden zwei Jahren um fast eine Milliarde Euro schrumpfen.
Die Regierungspartner CDU und SPD haben am Dienstag in Wiesbaden getrennt voneinander erste konkrete Angaben darüber gemacht, wie sie darauf im Etat für 2025 reagieren wollen.
Ein dicker und streitträchtiger Posten: Um 180 Millionen Euro sollen die Ausgaben sinken, indem ein Teil der geplanten Besoldungserhöhung für die mehr als 100.000 Landesbeamten und -beamtinnen um vier Monate verschoben wird.
Rhein hält es für vertretbar
"Wir fangen beim Staat an", sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dazu, dass ein versprochenes Plus von 5,5 Prozent für die Beamten nicht am 1. August des kommenden Jahres kommt. Es werde erst von Dezember 2025 an ausgezahlt.
Bei der geplanten ersten Stufe der Besoldungserhöhung bleibt es. Wie versprochen zum 1. Februar 2025 erhalten die hessischen Beamten 4,8 Prozent mehr. Rhein gab zu bedenken, dass die zusätzlichen Ausgaben für die um insgesamt rund zehn Prozent steigenden Beamtengehälter das Land auch so rund eine Milliarde Euro kosteten.
Da die "ernsthafte Wirtschaftskrise" in Deutschland auf die öffentlichen Haushalte durchschlage, müsse im Etat Vorsorge getroffen werden. Vor diesem Hintergrund einen Teil der Besoldungserhöhung zu verschieben, hält der Regierungschef gerade derzeit für vertretbar: "Nirgendwo sonst gibt es eine solche Arbeitsplatzsicherheit." Dass die CDU trotz der zu erwartenden Diskussionen diesen Schritt gehe, zeige, dass man den Ernst der Lage erkannt habe.
Prinzip Hoffnung
Das Wort "Sparhaushalt" nahm Rhein nicht in den Mund. Er sprach von einem "Brückenhaushalt", weil die Lage nach dem Ende der Ampel-Koalition und einer Regierungsübernahme der CDU in Berlin nach den Neuwahlen im Februar besser werden soll. Dann, so die Hoffnung des Regierungschefs, werde "der Wachstumsmotor wieder anspringen".
Auf lange Sicht könnte das Steuerloch in Hessen laut der jüngsten Schätzung allerdings noch größer werden. Für den kompletten Schätzzeitraum von 2024 bis 2028 erwarten die Finanzexperten ein Minus von knapp 2,5 Milliarden Euro.
Umstrittenes Hessengeld bleibt
Um die Zahl der Beamten in der Landesverwaltung dauerhaft zu senken, wird zudem gemäß der schwarz-roten Sparpläne jede dritte frei werden Stelle nicht mehr besetzt. Ausgenommen seien die Schulen. Betroffen seien vor allem Ministerien und Regierungspräsidien.
Keine Abstriche soll es neben den Feldern der inneren Sicherheit und der Bildung laut Rhein noch beim Hessengeld geben, an dem man als "Leistung für die Mitte der Gesellschaft“ nicht rühren werde. Wer erstmals für die eigene Nutzung eine Immobilie baut oder kauft, erhält diese Landesförderung. Im Etat 2024 sind 38 Millionen Euro veranschlagt, mit neuen Anträgen wird die Summe in den Folgejahren steigen.
Ein "Sondervermögen", das keines ist?
Frisches Geld für Investitionen in Kindergärten, Kliniken oder Berufsschulen soll in der schwierigen Finanzlage und ohne Lockerungen der Schuldenbremse ein sogenannter "Daseinsvorsorgefonds" bringen – eine Kreditquelle, die nicht in laufenden Etats auszuweisen wäre.
Details werde man im März nennen, sagte Rhein auf die Nachfrage, was einen solchen Fonds von einem sogenannten Sondervermögen unterscheide. Hintergrund: Ein solches, außerhalb des Etats angelegtes, mit Geld aus neuen Krediten gefülltes Corona-Sondervermögen der damaligen schwarz-grünen Regierung hatte der Hessischer Staatsgerichtshof als verfassungswidrig gekippt. Begründung: Es verletzte das ureigne Recht des Parlaments, das Budget der Regierung festzulegen und zu kontrollieren.
Auch Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hält eine von dem Schuldenbremsen-Gebot der Landesverfassung gedeckte Lösung per Fonds für möglich. Ein über die landeseigenen Wi-Bank und deren zinsgünstigen Darlehen für die Wirtschaft finanzierter Hessenfonds könne als Vorbild dienen.
Mansoori: Keine "Operation düstere Zukunft 2.0"
"Der Zusammenhalt in Hessen wird gesichert" – dieses Signal sendet der Etatentwurf der Koalition nach Meinung des SPD-Politikers Mansoori. Man werde zwar zukünftig an manchen Stellen den Gürtel enger schnallen müssen. Aber der Wirtschaftsminister und SPD-Vize-Landeschef versicherte: "Wir wollen keine Operation düstere Zukunft 2.0."
Hintergrund: "Operation düstere Zukunft" nannte die damals oppositionelle SPD vor gut 20 Jahren das Sparpaket einer CDU-Landesregierung, das offiziell "Operation sichere Zukunft" hieß. Als sozialen Kahlschlag empfanden Kritiker seinerzeit Einschnitte bei sozialen Einrichtungen wie Frauenhäusern oder Elternberatungen.
Damals trat das Land auch aus der Tarifgemeinschaft der Länder aus und erhöhte die Wochenarbeitszeit der Landesbeamten auf 42 Stunden. Dass nun die SPD an der Verschiebung der Besoldungserhöhung mitwirkt, verteidigte Mansoori als "vertretbar". Es gehe dabei auch um Solidarität in Zeiten, in denen Beschäftigte wie bei VW in Baunatal (Kassel) um ihre Jobs bangten.
SPD-Fraktionschef Eckert räumte ein: "Es ist ein schwerer Schritt für uns." Man gehe aber nicht mit der Rasenmähermethode vor, sondern mit Augenmaß und Bedacht". Als Erfolg verbucht die SPD neben dem geplanten "Daseinsfürsorgefonds", dass die Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau steigen sollen und an der Qualität in der Bildung nicht gespart werde.
Gewerkschaften empört
Empörung lösten die Pläne zur Verschiebung der Besoldungserhöhung bei Gewerkschaften aus. "Ein Sonderopfer der hessischen Beamtinnen und Beamten im Namen der Schuldenbremse darf es nicht geben", sagte Michael Rudolph, Landeschef des DGB Hessen-Thüringen.
Von einem unakzeptablen Sonderopfer sprach auch Heini Schmitt, Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes. Dass wieder einmal auf dem Rücken der Beamten der Haushalt konsolidiert werden soll, sei "ein fatales Signal". Die Ankündigung sei auch vor dem Hintergrund ein "Hammer", dass die schwarz-rote Landesregierung zu Beginn massive Ausgaben wie die zur Schaffung eines neuen Ministeriums oder für das Hessengeld beschlossen habe.
Jens Mohrherr, Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), kritisierte: Den Beamten werde "gegen das Schienbein getreten". Respekt vor der polizeilichen Arbeit bedeute auch, Zusagen nicht einseitig aufzukündigen.
Nach Meinung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi entfernt sich Hessen immer weiter von einer verfassungskonformen Besoldung. Die stellvertretende Verdi-Landeschefin Natalie Jopen erinnerte daran, dass frühere Besoldungskürzungen 2020 zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts führten. Demnach war die Versorgung der Beamten in Hessen zu niedrig gewesen.
Opposition spricht von Wortbruch
Heftige Kritk kam auch von der Opposition im Landtag. "Jetzt wird die Koalition von ihrer selbst geschaffenen Haushaltskrise erdrückt und begeht Wortbruch", befand Miriam Dahlke, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen. Sie hielt CDU und SPD vor, dass auch die Kommunen schlechter finanziell ausgestattet würden als angekündigt. Gleichzeitig belasteten das ihrer Meinung nach unwirksame Hessengeld und die personelle Vergrößerung der Landesregierung den Etat im dreistelligen Millionenbereich.
Die Grünen argwöhnen auch, dass das Einvernehmen zwischen CDU und SPD nicht so groß sei, wie von den beiden Partnern behauptet. Der Grund: Die Koalition trat nicht gemeinsam vor die Presse, um ihre Etat-Eckpunkte vorzustellen. Vielmehr lud die Union am Dienstagmorgen kurzfristig zu einem Statement ein, erst dann zog die SPD nach.
Die ebenfalls oppositionelle FDP störte sich entschieden daran, dass die CDU mit Rhein vorgeprescht sei. "Das ist schlechter Stil und lässt jeglichen Respekt vor dem Parlament vermissen", sagte FDP-Haushaltsexpertin Marion Schardt-Sauer dazu, dass die gewählten Volksvertreter erst Ende November den Etatentwurf erhielten.
Dieses Vorgehen der Regierungsfraktionen störte die AfD ebenfalls. Böses lässt nach Meinung ihres finanzpolitischen Sprechers Roman Bausch vor allem der "Daseinsvorsorgefonds" erahnen. Er fragte: "Wer hätte gedacht, dass die CDU bereits in dieser Legislaturperiode erneut versuchen wird, an der Schuldenbremse vorbei einen verfassungsrechtlich fragwürdigen Schattenhaushalt zu errichten?"
Das Regierungskabinett befasst sich am Mittwoch mit dem Etat. Verabschiedet wird er vom Landtag. Dort fällt die Entscheidung voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres.