Parteiübergreifender Antrag Inkompetenz-Vorwürfe - Lindens Bürgermeister soll zurücktreten

Ein Bürgermeister, der nicht gehen will - den gibt es nicht nur in Frankfurt, sondern auch im mittelhessischen Linden. Die Stadtverordneten fordern geschlossen den Rücktritt von Rathauschef Jörg König. Sogar seine eigene Partei wirft ihm Unfähigkeit vor.

Bildkombination aus zwei Fotos: links Portrait Jörg König, rechts gelber Streifen auf Asphalt, dermit einem Pfeil nach rechts recht abbiegt. Daneben steht "ABGANG"
Bürgermeister Jörg König ist im Rathaus von Linden nicht mehr gut gelitten. Bild © privat, Imago Images, hessenschau.de
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Inkompetent und unfähig, das Amt auszuführen, so beschreiben die Stadtverordneten der Kleinstadt Linden (Gießen) ihren eigenen Rathauschef Jörg König. Es ist ein kleines kommunalpolitisches Erdbeben: Alle Stadtverordneten haben den CDU-Bürgermeister geschlossen zum Rücktritt aufgefordert.

In einer Stellungnahme und gemeinsamen Pressekonferenz erklärten Vertreter von CDU, SPD, Grünen, Freien Wählern, FDP, AfD und der Linken in dieser Woche: Die Leitung der Stadtverwaltung überfordere König, er agiere in letzter Zeit wie im Dämmerschlaf. "Herr Bürgermeister: Die Zeit ist reif", teilten sie mit.

Seit Jahren brodelnder Konflikt

Der 55 Jahre alte Jurist König ist in Linden aufgewachsen und seit 2013 Bürgermeister der 13.000-Einwohner-Stadt am Rande Gießens. 2018 war er mit knapper Mehrheit in der Stichwahl wiedergewählt worden.

Im Stadtparlament brodelt der Konflikt um ihn nun allerdings schon seit einigen Jahren, immer wieder erhoben Abgeordnete Vorwürfe gegen Königs Verwaltung, etwa weil in Corona-Zeiten zu viel bezahltes Essensgeld für Kita-Kinder monatelang den Familien nicht zurückbezahlt worden sei. Der Bürgermeister wiederum forderte mehr Personal für den städtischen Verwaltungsappparat, was jedoch vom Parlament abgelehnt wurde.

CDU-Fraktionsvorsitzender sieht Führungskrise im Rathaus

Der Lindener CDU-Fraktionssprecher Thomas Altenheimer erklärt: Im Rathaus fehlt nach Ansicht des Parlaments die Führung. "Wir haben mit allen Fraktionen zusammen die Lage besprochen und sind übereinstimmend - bei allen Unterschieden, die wir in Sachfragen ansonsten haben - zu der Auffassung gekommen, dass drei Jahre mit Jörg König weder für Jörg König, noch die Bediensteten der Stadt, noch für die ehrenamtlich Tätigen, noch für die Bürger eine gute Lösung wären."

Altenheimer sagt über seinen Parteikollegen: Als Verwaltungsleiter müsse König Initiativen ergreifen, Anstöße geben, seine Mitarbeiter anleiten - das mache er aber zu wenig. "Er hofft immer darauf, dass seine Mitarbeiter die Arbeit und letztlich die Führungsaufgaben in der Verwaltung übernehmen."

 "Mitarbeiter im Rathaus fühlen sich allein gelassen"

Die Mitarbeiter im Rathaus fühlen sich allein gelassen, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. "Alle Versuche, den Bürgermeister dazu zu bewegen, etwas zum Positiven zu verändern, haben leider nicht gefruchtet." König habe als Bürgermeister nicht nur repräsentative Aufgaben, sondern sei vor allem eines: Verwaltungsleiter. Und dafür werde er auch gut bezahlt, so Altenheimer.

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Hessische Bürgermeister gehören im bundesweiten Vergleich zu den Spitzenverdienern. Das genaue Gehalt ist abhängig von der Größe der Kommune. Ein Bürgermeister einer Stadt bis 15.000 Einwohner erhält beispielsweise Besoldungsgruppe B2, also derzeit rund 7.800 Euro Grundgehalt. Hessische Bürgermeister erhalten zudem nach einer mindestens achtjährigen Amtszeit ein Ruhegehalt in Höhe von mindestens 35 Prozent ihrer Amtsbezüge, wenn sie zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens 55 Jahre alt sind.

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Bisher keine Stellungnahme von König

Bis zur nächsten Parlamentssitzung Anfang Dezember wollen die Stadtverordneten dem Bürgermeister Zeit geben, einen Antrag auf Abberufung durch das Parlament zu stellen. Ansonsten wollen die Stadtverordneten ein Abwahlverfahren einleiten.

Jörg König bezog auf hr-Anfrage bisher nicht zu den Vorwürfen und Rücktrittsforderungen Stellung. Er wolle sich kommende Woche äußern.

Weitere Informationen

Sendung: hr4, die hessenschau für Mittelhessen, 12.10.22, 16.30 Uhr

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Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir berichtet, dass hessische Bürgermeister nach sechs Jahren Amtszeit ein lebenslanges Ruhegeld unabhängig von ihrem Alter beziehen. Dies wurde jedoch inzwischen geändert.

Quelle: hessenschau.de/Rebekka Dieckmann, Klaus Pradella