Zu teuer und wenig aussichtsreich Klimarat kritisiert Förderung von Kernfusion
Geniale Energiequelle der Zukunft oder teure Träumerei? Beim Thema laserbasierte Kernfusion gehen die Meinungen weit auseinander. Der Klimabeirat kritisiert die Investitionen der Landesregierung und weist auf Risiken der Technik hin.
Klimaneutrale Energiegewinnung im großen Stil, nach dem Vorbild der Sonne: Verfechter der laserbasierten Kernfusion setzen große Hoffnung in diese Technik. Auch die Landesregierung glaubt daran, dass sie ein wichtiger Baustein der Energiewende sein wird. Im Koalitionsvertrag wird sie explizit genannt und auch ein Darmstädter Start-Up hat kürzlich 2,5 Millionen Euro vom Land und der EU für die Forschung erhalten.
Daran hat der wissenschaftliche Klimabeirat der Landesregierung nun deutliche Kritik geäußert. Teuer, wenig aussichtsreich, dafür mit Risiko - so lautet das Urteil des Beratungsgremium in Kurzform.
Beirat bezweifelt Wirtschaftlichkeit
Der Beirat, bestehend aus fünf wissenschaftlichen Experten, hat eine weitere Sorge: Es bestehe die Gefahr, dass dringend notwendige, kurzfristig wirksame Klimaschutzmaßnahmen durch einen zu starken Fokus auf die Fusion ausgebremst würden.
"Angesichts der vorliegenden Ergebnisse aus der Fusionsforschung verwundert der hohe Stellenwert, den die Fusion in der politischen Diskussion derzeit einnimmt", erklärte der Vorsitzende des Beirates und Professor an der Hochschule Darmstadt, Sven Linow. Der Klimabeirat hatte eine Studie in Auftrag gegeben, die die aktuelle Forschung zu dem Thema zusammenfasst.
Demnach werde Kernfusion in absehbarer Zeit keinen Beitrag leisten, um die hessischen Klimaziele zu erreichen. "Es ist derzeit sogar noch sehr ungewiss, ob Kernfusionsreaktoren technisch jemals umgesetzt und wirtschaftlich eingesetzt werden können", so Linow. Die Forschung stecke trotz jahrzehntelangen Bemühungen noch in den Kinderschuhen.
20 Milliarden Euro für Reaktor
Auch wenn die Fusion technisch gelänge - die Kosten wären enorm, wie der Klimabeirat mit Bezug auf die Studie berichtet. Mindestens 20 Milliarden Euro würde ein Reaktor demnach kosten.
Ein weiterer Kritikpunkt des Beirats sind die Gefahren der Technik. Die Radioaktivität sei zwar deutlich geringer als in Atomreaktoren. Aber auch dort entstünden radioaktive Abfälle, ein Endlager dafür gebe es noch nicht.
Der Kritik schließen sich die Grünen im Landtag an. Natürlich dürfe man an Kernfusion forschen und diese Forschung auch unterstützen, so der Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner. "Aber wenn man die Energieprobleme im Hier und Jetzt lösen will, dann muss man auf den Ausbau der erneuerbaren Energien setzen.
Testanlage in wenigen Jahren?
Das Unternehmen, das bereits von der Förderung des Landes profitiert hat, ist Focused Energy in Darmstadt. Aktuell werden dort mit der staatlichen Unterstützung ein Laborgebäude und eine Halle gebaut.
"Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Ende dieses Jahrzehnts die erste Testanlage in Betrieb nehmen werden", sagt Markus Roth, einer der Gründer des Start-Ups. Die Vision: Ein Kilogramm Wasserstoff und ein Kilogramm Lithium am Tag sollen genügen, um ein Gigawatt elektrische Leistung zu produzieren.
Wirtschaftsminister Kaweeh Mansoori (SPD) hat das Unternehmen im Oktober besucht. Man müsse technologieoffen bleiben, entgegnete er am Freitag auf die Warnung des Klimabeirats. Die Sorgen seien unbegründet. "Wir treiben den Ausbau der Erneuerbaren mit Tempo voran", sagte Mansoori. "Die brauchen wir natürlich, um vor allem kurzfristig unsere Probleme zu lösen", so der Minister weiter. Aber der Energiehunger steige. "Da können uns auch solche Zukunftstechnologien wie Laserkernfusion helfen."