Koalitionsverhandlungen: Heiße Luft statt weißer Rauch
Der Neuigkeitswert des Zwischenstands, den CDU und SPD zu den laufenden Koalitionsverhandlungen gaben, hielt sich in Grenzen. Auffallend war aber die Harmonie zwischen den Parteien. Die Pressekonferenz der Generalsekretäre wirkte wie das Ergebnis einer gelungenen Beziehungstherapie.
Es gibt Sprüche, die sind so ausgelutscht, dass man sie kaum noch hören will. "Es muss anders werden, wenn es besser werden soll" - ist so einer. Oder auch: "Auf Regen folgt Sonnenschein". Mit beiden Phrasen hätten CDU und SPD perfekt die aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen beschreiben können. Aber sie kommen mit anderen Motivationssprüchlein um die Ecke.
Auf Schnee von gestern zum Gipfelkreuz
"Wir sind auf einem guten Weg Richtung Gipfelkreuz" - das bekamen die landespolitischen Korrespondenten am Donnerstag als Antwort auf die Frage, wie weit die Verhandlungen inhaltlich sind. Gipfelkreuz, was für ein schönes Bild. Der gemeinsame ambitionierte Aufstieg zweier Parteien, die sich in den vergangenen Jahrzehnten ordentlich bekriegt haben. Sogar noch im Wahlkampf. Aber das ist Vergangenheit. Jetzt gibt es ein "neues Miteinander".
Man ist nicht mehr "scharf unterwegs", sondern hat jetzt "viel Vertrauen aufgebaut und vertieft". In vielen Gesprächen, "auf Augenhöhe" natürlich. Die Fehler der Vergangenheit werden dem anderen nicht mehr schadenfroh unter die Nase gerieben.
Das fiese Wahlkampf-Video der SPD gegen CDU-Spitzenkandidat Boris Rhein? Wurde in einer "anständigen Aussprache" aus dem Weg geräumt, beteuert CDU-Generalsekretär Manfred Pentz.
Das 2021 gescheiterte Corona-Sondervermögen der schwarz-grünen Regierung ist für SPD-Generalsekretär Christoph Degen keine heftige Klatsche mehr. Nein, jetzt weist er nur noch "mit einem Augenzwinkern" darauf hin, dass es so etwas mal gab. Eine kleine Neckerei unter Liebenden.
Neue Farbenlehre
So ließen die Partner in spe statt weißem Rauch ganz schön viel heiße Luft in den Himmel steigen. Das ist er dann wohl: Der Ausdruck dieses "neuen Konsens", den Schwarz-Rot künftig prägen will. Vorbei die Zeit der "alten Kompromisse".
Die schwarz-grüne Farbe in der Staatskanzlei blättert ab, ein neuer, kräftiger Anstrich soll her. Einmal in Schwarz und einmal in Rot, denn, so wird betont, CDU und SPD seien ja trotz Konsens unterschiedliche Parteien. Bleibt abzuwarten, was das für die Regierungszeit bedeutet, wenn die rosarote Brille durch ein Brennglas ersetzt wurde.
Liebeshochzeit statt Zweckehe
Das Eigenlob "geräuschloses Regieren" ist schon vergeben, da müssten sich CDU und SPD dann etwas Neues aussuchen. Und bitte später auch nicht von einer "Zweckehe" sprechen, wie noch Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir das schwarz-grüne Bündnis anfangs nannte.
Die Phrase ist auch ganz gewiss unpassend. Denn so viel wissen wir schon vor dem fertigen Koalitionsvertrag: Diese Paartherapie wird erfolgreich in einer Liebeshochzeit enden.