Programm der künftigen CDU/SPD-Landesregierung Rhein und Faeser besiegeln schwarz-rote Koalition für Hessen
Nun ist das Ende von Schwarz-Grün in Hessen offiziell abgemacht: CDU und SPD haben den Koalitionsvertrag für ihr künftiges Regierungsbündnis unterzeichnet.
Für Modernität und Transparenz sollte der Ort stehen. Deshalb hatten die beiden Partner den Neubau des noch nicht eröffneten Museums Reinhard Ernst in Wiesbaden gewählt: CDU-Ministerpräsident Boris Rhein und SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser haben dort am Montag in ihrer jeweiligen Funktion als Landesvorsitzende ihrer Parteien einen Koalitionsvertrag unterzeichnet.
Es ist das erste Mal in der Geschichte des Bundeslandes, dass es zu einer unionsgeführten CDU/SPD-Regierung kommt. Sie wird am 18. Januar des kommenden Jahres beginnen, wenn sich der neue Landtag konstituiert und den Ministerpräsidenten wählt. Dann endet nach zehn Jahren die schwarz-grüne Koalition, die Rhein nicht mehr fortführen wollte.
Der in der Endfassung rund 200-seitige Koalitionsvertrag trägt das Motto "Eine für alle". Rhein und Faeser betonten, wie wichtig in einer Zeit vielfacher Krisen Stabilität für die Menschen sei. "Wir wollen die Mehrheit und die gesellschaftliche Mitte stärken" sagte Rhein. Als Volksparteien könnten CDU und SPD zeigen, dass Demokratie funktioniere. "Wir haben uns zusammengetan, um das Leben der Menschen stetig zu verbessern", betonte Faeser die sozialen Aspekte des Vertrags.
Dank für Augenhöhe
Der CDU dankte Faeser ausdrücklich dafür, dass die neunwöchigen Verhandlungen auf Augenhöhe abgelaufen seien. Dies sei nach dem historisch schlechten Landtagswahlergebnis ihrer Partei nicht selbstverständlich gewesen.
Nach einem Vierteljahrhundert auf der Oppositionsbank geht die hessische SPD als Juniorpartnerin in die schwarz-rote Koalition. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober hatte sie mit 15,1 Prozent weniger als die Hälfte der Stimmen der CDU (34,6 Prozent) bekommen. Für die Wahl Rheins haben CDU (52 Mandate) und SPD (23) eine Mehrheit von zusammen 75 der insgesamt 133 Stimmen im Parlament.
Sozialministerium wird geteilt
Am Wochenende hatten CDU und SPD auf jeweiligen Parteitagen das Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029 beschlossen. Während es bei den Christdemokraten eine große Zustimmung von mehr als 99 Prozent gab, ging dem Votum bei der SPD eine kontroverse Diskussion voraus - vor allem wegen der Asylpolitik. Schließlich stimmten knapp 82 Prozent der SPD-Delegierten für das Papier. Wenige Tage zuvor hatte die Verhandlungskommission beider Parteien eine Einigung erzielt.
Die Christdemokraten sollen acht und die Sozialdemokraten drei Ministerien erhalten. Gravierendste Änderung ist die Aufteilung des Sozialministeriums in zwei Ressorts. Die CDU wird das für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege führen, die SPD das für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales.
Im Titel des Umweltministeriums findet eine Akzentverschiebung statt. In der vollständigen Bezeichnung fehlt der Begriff Klimaschutz. Dafür rückt auf Initiative der CDU die Landwirtschaft nach vorne. Die Namen der künftigen Ressortchefs und Ressortchefinnen sollen Anfang 2024 bekanntgegeben werden.
Asyl-Verschärfungen und Investitionen in Bildung
Der Koalitionsvertrag sieht bei Verbesserung in der Integration von Migranten mit Bleiberecht Verschärfungen in der Asylpolitik und Maßnahmen gegen irreguläre Migration vor. Dazu zählt eine "Rückführungsoffensive" mit der Schaffung von Abschiebezentren und eine längere maximale Dauer der Abschiebehaft vor. Nur noch Menschen mit Bleibeperspektive sollen auf die Kommunen aufgeteilt werden.
Außerdem ist die Ausweitung der Fahndungsmöglichkeiten der Polizei durch Künstliche Intelligenz und Videoüberwachung vorgesehen. Geplant sind Investitionen in Kitas und die Einstellung zusätzlicher Lehrer. Das mehrgliedrige Schulsystem, jahrzehntelang ein Streitpunkt zwischen CDU und SPD, soll erhalten bleiben.
Der Wohnungsbau soll unter anderem über eine Bauland-Initiative und finanzielle Förderungen ein Schub erhalten. Ausnahmslos tariftreue Unternehmen sollen Aufträge des Landes erhalten. Schwarz-Rot hält auch am verfassungsrechtlich umstrittenen Ziel fest, Gender-Sonderzeichen nicht nur an Schulen und in der öffentlichen Verwaltung zu verbieten, sondern auch an Universitäten und im Rundfunk.
Redaktion: Wolfgang Türk
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 18.12.2023, 19.30 Uhr