Korruptionsprozess gegen Frankfurter OB Ein guter Tag für Peter Feldmann

Zwei Tage vor Ende seiner Amtszeit zeichnen im Korruptionsprozess gegen OB Feldmann die Zeugenaussagen ein merkwürdiges Bild vom Gebaren der Frankfurter AWO. Einen Einfluss des Oberbürgermeisters belegen sie nicht.

Peter Feldmann hält ein Tablet in der Hand und zeigt lachend auf etwas oder jemanden.
Peter Feldmann am dritten Prozesstag. Bild © picture-alliance/dpa
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AWO-Mitarbeiterin sagt im Feldmann-Prozess aus

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Drei Tage nach seiner Abwahl hat der Noch-Oberbürgermeister von Frankfurt tatsächlich gut lachen. "Der heutige Prozesstag ist sehr gut gelaufen", sagt Peter Feldmann (SPD), kurz nachdem er den Gerichtssaal am Mittwoch verlassen hat. "Manchmal wünscht man sich, dass ein Wahlgang vier Tage später stattgefunden hätte."

Ob die Aussagen an diesem - nachgeholten - dritten Prozesstag tatsächlich etwas an dem eindeutigen Votum der Frankfurterinnen und Frankfurter geändert hätten, steht dahin. In dem Korruptionsprozess, der derzeit gegen Feldmann vor dem Frankfurter Landgericht geführt wird, könnten sie aber entscheidend sein. Feldmanns Amt haben sie nicht retten können, vielleicht aber seinen Leumund.

Einträglicher Posten durch gute Kontakte

Nach wie vor muss sich Feldmann wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme in mindestens zwei Fällen verantworten, die beide im Zusammenhang mit der sogenannten AWO-Affäre stehen - einem millionenschweren Skandal um überhöhte Honorare, Scheinbeschäftigungen und möglicherweise illegale Immobiliendeals. Feldmann unterhielt gute Kontakte zu den beiden betroffenen Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden und vor allem zum Geschäftsführer-Ehepaar Hannelore und Jürgen Richter.

Einer der Vorwürfe gegen Feldmann: Seine inzwischen von ihm getrennt lebende Ehefrau Zübeyde T. soll 2015 zu überaus üppigen Konditionen von der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt als Leiterin einer deutsch-türkischen Kindertagesstätte angestellt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Zübeyde T. diese Anstellung ausschließlich ihrer Beziehung zu Feldmann verdankt.

Hohes Einstiegsgehalt ohne Berufserfahrung

Tatsächlich legt die Aussage von Cornelia Held, der für Kitas zuständigen Abteilungsleiterin bei der AWO Frankfurt, nahe, dass Zübeyde T. ihre Position auf Betreiben des Ehepaars Richter erhielt. Held war seinerzeit auch für Personalangelegenheiten zuständig. 2013 habe ihr Peter Feldmann erstmals von der Idee einer deutsch-türkischen Kita in Frankurt berichtet. Als dieses Projekt später konkrete Formen annahm, habe ihr AWO-Wiesbaden-Chefin Hannelore Richter zu verstehen gegeben, dass man bereits jemanden für die Leitung im Auge habe. Dabei handelte es sich um Zübeyde T.

"Ich habe mir damals die eine oder andere spitze Bemerkung zu ihrer Qualifikation erlaubt", erinnert sich Held am Mittwoch im Zeugenstand. Zübeyde T. habe bei ihrem ersten Treffen im Mai 2015 weder über die formelle Qualifikation für die Stelle noch über ausreichend Berufserfahrung verfügt. Doch innerhalb der AWO sei ihr deutlich vermittelt worden, dass es sich bei der Anstellung um "eine klare Order" von der Geschäftsleitung handele.

Sie habe daraufhin Zübeyde T.s bis dahin kaum vorhandene Berufserfahrung "großzügig" ausgelegt und sie so in die Besoldungsstufe 2 gehoben, sagt Held. Diese Entscheidung sei dann ohne ihr Wissen von der Geschäftsführung revidiert worden. Zübeyde T. wurde schließlich in eine noch höhere Besoldungsstufe eingruppiert und erhielt einen Dienstwagen gestellt.

Keine Einflussnahme Feldmanns

Dass die AWO im Rhein-Main-Gebiet großzügig dotierte Posten vergab, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Dass einer davon an die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau des amtierenden Oberbürgermeisters ging, der selbst eng mit der AWO verbandelt ist, legt den Verdacht einer Gefälligkeit nahe.

Allerdings berichtet Held auch, dass Zübeyde T. 2020 nach der Rückkehr aus der Elternzeit freimütig erzählt habe, wie es zu ihrer Anstellung kam. Demnach hatte Zübeyde T. bei einem Abendessen mit Feldmann und dem Ehepaar Richter erwähnt, dass sie Erziehungswissenschaften studiere. Hannelore Richter habe daraufhin gesagt: "Da haben wir ja unsere Leitung."

Zübeyde T. habe zunächst eine Freundin vorgeschlagen, doch Richter habe davon nichts wissen wollen, berichtet die Zeugin vor dem Landgericht. Stattdessen sei ihr ein Einstiegsgehalt von 4.300 bis 4.500 Euro in Aussicht gestellt worden. Auf dem Nachhauseweg soll Feldmann dann gesagt haben, so zitiert Held aus ihrem Gespräch mit T.: "Du hast ganz schön Eindruck gemacht. Wegen mir hat die das nicht gemacht. Mich kann sie nicht leiden."

Stillschweigende Übereinkunft?

Es ist eine Geschichte vom Hörensagen, doch eine, die ziemlich viele Parallelen zu der Einlassung Feldmanns am zweiten Prozesstag aufweist. Held bestätigt auch, dass die Beziehung von Feldmann und Zübeyde T. lange nicht als solche offensichtlich gewesen sei. Eine direkte Einflussnahme Feldmanns zugunsten seiner späteren Ehefrau jedenfalls lässt sich aus dem bisherigen Prozessverlauf nicht belegen.

Über die Frage, ob sich Feldmann mit politischen Gefälligkeiten gegenüber der AWO revanchierte, soll am Mittwoch die ehemalige Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) Auskunft geben. Die Anklage geht davon aus, dass AWO-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter 2018 im OB-Wahlkampf Spenden für Feldmann einwarben. Im Gegenzug soll es eine "stillschweigende Übereinkunft" gegeben haben, dass sich der wiedergewählte Oberbürgermeister für die Belange der AWO einsetzen würde.

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Gespräch in der Pause

Eine mögliche Einflussnahme wittern die Ankläger im Zusammenhang mit dem Betrieb von Flüchtlingsunterkünften in Frankfurt durch die AWO. Ende Mai 2018 war die Stadt mit der Arbeit des Sozialverbands unzufrieden und wollte die Zusammenarbeit beenden. Birkenfelds Dezernat verhandelte über die Auflösung der entsprechenden Verträge.

In dieser Zeit bat der OB sie um ein Gespräch. "Ich war mir sicher, dass es um Flüchtlinge geht", erinnert sich Birkenfeld, das sei zu der Zeit das alles beherrschende Thema gewesen. Das Gespräch habe dann in der Pause einer Theatervorführung stattgefunden. Feldmann habe sich nach den Problemen erkundigt. "Die AWO war doch immer ein guter Vertragspartner. Einigt euch!", soll Feldmann gesagt haben.

Birkenfeld bestätigt, dass auch sie den Eindruck gehabt habe, dass Feldmann ein enges Verhältnis mit der AWO und dem Ehepaar Richter pflege. "Ich bin prinzipiell davon ausgegangen, dass es regelmäßigen Austausch zwischen den Richters und dem Herrn Oberbürgermeister gibt", sagt Birkenfeld. Eine direkte Einflussnahme des OB auf politische Entscheidungen zugunsten der AWO kann sie allerdings nicht bestätigen - schon allein weil der Oberbürgermeister nicht weisungsberechtigt sei.

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Verteidiger legt Mandat nieder

Die Vorwürfe gegen Feldmann sind damit nicht zwangsläufig entkräftet. Aber aus Sicht des Angeklagten und seiner Verteidigung bewegt sich der Prozess in die richtige Richtung. Nachdem sich Feldmann am zweiten Verhandlungstag mit seiner eigenen Einlassung und mit seinen Aussage über seine Tochter zusätzlich Sympathien beim Wahlvolk verscherzte, scheint zumindest die strafprozessrechtliche Strategie aufzugehen.

Einer nimmt diese Wendung allerdings nicht mehr zur Kenntnis - zumindest nicht als Prozessbeteiligter. Der bekannte Frankfurter Strafverteidiger Ulrich Endres hat sein Verteidigermandat vor Beginn des dritten Prozesstages niedergelegt.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 09.11.2022, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, Heike Borufka, Volker Siefert, Frank Angermund, dpa/lhe