Korruptionsprozess in Frankfurt OB Feldmann bestreitet Einflussnahme bei AWO und Kita-Vertrag der Frau
Tag zwei im Korruptionsprozess gegen Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann: Der 64-Jährige hat vor dem Landgericht alle Vorwürfe zurückgewiesen. Dafür überraschte er mit sehr persönlichen Einblicken in die Beziehung zu seiner Ehefrau.
Im Korruptionsprozess gegen Frankfurts Stadtoberhaupt Peter Feldmann (SPD) vor dem Landgericht Frankfurt hat sich dieser ausführlich zu den Vorwürfen geäußert. Seine Verteidiger verlasen am zweiten Verhandlungstag Feldmanns Erklärung, der darin alle Vorwürfe von sich wies.
Dem SPD-Politiker wird Vorteilsannahme vorgeworfen. Feldmann bestritt in seiner Erklärung insbesondere, dass die Einstellung seiner inzwischen von ihm getrennt lebenden Ehefrau, Zübeyde Feldmann, als Kita-Leiterin bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) auf seine Stellung oder Initiative zurückzuführen sei.
Feldmann gab sehr persönliche Einblicke in die Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin. Zum Zeitpunkt der Anstellung habe es sich um eine "von extremen Höhen und Tiefen geprägte Liebschaft" gehandelt, die offiziell lange nicht bekannt gewesen sei. Die Beziehung sei noch keine Lebensgemeinschaft gewesen. Beide hätten getrennt voneinander gelebt und unterschiedliche Lebensmittelpunkte gehabt.
Feldmann: "Vertragsdetails waren mir nicht bekannt"
Details des Anstellungsvertrags zwischen der AWO und seiner späteren Ehefrau seien ihm nicht bekannt gewesen, erklärte Feldmann. Die Heirat mit ihr sei aufgrund einer von ihm ungewollten Schwangerschaft erfolgt. Er habe eine Abtreibung gewollt, sich damit aber nicht durchsetzen können. Auch nach der Hochzeit hätten die Eheleute getrennte Konten geführt. Das Paar lässt sich derzeit scheiden.
Feldmann steht vor Gericht, weil er in mindestens zwei Fällen als Amtsträger unrechtmäßig Vorteile angenommen haben soll. Laut Anklage verhalf er seiner späteren Ehefrau zu einer Stelle als Kita-Leiterin bei der Frankfurter AWO - samt überhöhtem Gehalt und Dienstwagen, obwohl sie über keine Führungserfahrung verfügte.
Über den Dienstwagen seiner Frau habe er sich nicht gewundert, da dieser auch bei anderen Anstellungen der AWO üblich gewesen sei. Zudem habe er auch heute noch keine Zweifel, dass seine Ehefrau für die Stelle qualifiziert gewesen sei, hieß es in der Erklärung.
Befangenheitsanträge abgelehnt
Gleich zu Beginn des zweiten Verhandlungstermins wurden die Befangenheitsanträge der Verteidigung gegen den Vorsitzenden Richter abgewiesen, weil sie in der Sache unbegründet seien. Feldmann hält den Vorsitzenden Richter für befangen, weil dieser mit der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft verheiratet ist, die die Medien über das Ermittlungsverfahren informiert hatte. Allein die eheliche Beziehung rechtfertige nicht, den Richter abzulehnen, begründete das Gericht am Donnerstagmorgen.
Ein weiterer Anklagepunkt der Staatsanwaltschaft: Die AWO habe Feldmann im Wahlkampf 2018 mit Einwerbung von Spenden unterstützt. Im Gegenzug habe er die Interessen der AWO Frankfurt "wohlwollend berücksichtigen" wollen.
Aussage von Ex-AWO-Chefin verschoben
Mit Spannung erwartet wurde nicht nur Feldmanns Aussage: Als Zeugin geladen war für den zweiten Prozesstag mit Hannelore Richter die ehemalige Vorsitzende des Wiesbadener AWO-Kreisverbands. Aus Zeitgründen kam es dazu am Donnerstag aber nicht mehr.
Richters Aussage wird nun erst am 9. November erwartet, also nach dem Bürgerentscheid gegen Feldmann. Gegen den OB läuft noch bis zum 6. November ein Abwahlverfahren.
Brisante SMS von Richter an Feldmann
Zum Auftakt des Prozesses waren brisante SMS von der ehemaligen AWO-Chefin Richter an den Frankfurter OB verlesen worden. Darin hieß es im April 2019 unter anderem: "Stets konntest du dich auf unsere Unterstützung und Loyalität verlassen, jetzt bauen wir auf dich."
Das Verfahren gegen den SPD-Politiker, der seit zehn Jahren Stadtoberhaupt von Frankfurt ist, steht in Verbindung mit dem AWO-Skandal um Betrugsvorwürfe in Millionenhöhe gegen ehemalige Führungspersonen des Verbands in Frankfurt und Wiesbaden. Feldmann betonte in seiner Erklärung, er habe kein besonders enges Verhältnis zum Ehepaar Hannelore und Jürgen Richter, das im Mittelpunkt der AWO-Affäre steht, gepflegt.
Als Oberbürgermeister habe er zudem gar nicht die Kompetenzen gehabt, um im Sinne der AWO Einfluss auf Entscheidungen der Stadtverwaltung zu nehmen. Anliegen des Sozialverbandes seien von ihm an die zuständigen Stellen lediglich weitergeleitet und teilweise auch abgelehnt worden. Eine "Unrechtsvereinbarung" habe nicht bestanden.
Für den Prozess vor dem Landgericht sind noch vier weitere Termine bis einschließlich 23. November angesetzt, der nächste soll am kommenden Montag stattfinden.
Anm. d. Red.: In einer früheren Version hieß es, Hannelore Richter sei nicht vor Gericht erschienen, weshalb ihre Aussage vertagt wurde. Richtig ist: Ihre Aussage wurde aus Zeitmangel verschoben. Wir haben dies korrigiert.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 27.10.2022, 19.30 Uhr
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