"Wir können nicht mehr" Landräte und Bürgermeister demonstrieren vor Landtag

Vor dem Landtag in Wiesbaden haben Dutzende Bürgermeister und Landräte aus Nordhessen mehr Geld von der Landesregierung gefordert. Es sei fünf nach zwölf, einige Gemeinden und Städte seien schon pleite.

Viele Menschen gehen hinter einem großen Banner, auf welchem "SOS - mit leeren Kassen keine Leistungen für..." steht.
Gemeinsam hielten die Bürgermeister und Landräte Banner. Bild © hr

"Heute Bürgermeister, morgen Insolvenzverwalter", "Ohne starke Kommunen kein starkes Hessen!", "Mit leeren Kassen keine Zukunft für Sozialleistungen, Ganztagsbetreuung, Krankenhäuser": Mit diesen Bannern haben sich am Donnerstag etwa 150 Demonstrierende vor dem Landtag in Wiesbaden versammelt. Darunter: Acht Landrätinnen und Landräte sowie zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus Nordhessen.

Aus Sicht der Kommunen ist ihre finanzielle Situation nicht mehr nur angespannt, sondern führt bereits zu Einschnitten, die auch die Bürgerinnen und Bürger treffen: Zu spüren bekämen etwa Vereine, dass es keine Mittel mehr für die neue Turnhalle gebe. Mit der Demonstration wollten die Kommunen die Landesregierung zu einem Gespräch auffordern, sagte die Landrätin des Werra-Meißner-Kreises, Nicole Rathgeber (Freie Wähler). "Es ist fünf nach zwölf. Wir können nicht mehr. Einige von uns sind tatsächlich pleite."

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"Uns steht das Wasser bis zum Hals"

Grund seien die Ausgaben für Sozialleistungen, die in den vergangenen fünf Jahren um 88 Prozent gestiegen seien, so Rathgeber. "Das macht uns große Sorge. Wenn der ganze Sozialbereich, wo wir versuchen, auch präventiv Gutes zu tun, nicht mehr funktioniert, wird es schwierig."

Auch Luca Fritsch (SPD), Bürgermeister von Willingshausen im Schwalm-Eder-Kreis betont, den Kommunen stehe "das Wasser bis zum Hals". "Die Pflichtaufgaben haben uns überrollt." Als Beispiel nennt Fritsch die Kita-Gebühren, die ursprünglich zu je einem Drittel von Eltern, Land und Kommunen getragen werden sollten. Das sei schon lange nicht mehr Realität, klagt der Bürgermeister. Stattdessen müssten die Kommunen für 90 Prozent aufkommen.

"Die Kosten steigen so immens, dass wir kaum eine andere Finanzierungsmöglichkeit haben, als an den Steuerschrauben zu drehen, letztendlich reden wir über Grundsteuern." Doch dort sei inzwischen die Belastungsgrenze erreicht.

Finanzministerium: Lage der Kommunen verbessert

Bereits im Januar hatten fünf Landrätinnen und Landräte aus Nord- und Osthessen, darunter auch Nicole Rathgeber, in einem Positionspapier von Land und Bund eine Lösung für die steigenden Ausgaben gefordert.

Das Hessische Finanzministerium teilte am Donnerstag auf Anfrage mit, die finanzielle Lage der Kommunen habe sich in den letzten zehn Jahren durch Eigenanstrengungen und Unterstützung des Landes "erheblich verbessert". Als Beispiele nannte ein Sprecher den Schutzschirm, Investitionsprogramme sowie die Hessenkasse. Der Landesrechnungshof hatte im Oktober letzten Jahres dagegen vom schlechtesten Ergebnis der Kommunen seit zehn Jahren gesprochen.

Die Kommunalfinanzen seien krisensicher, hieß es aus dem Ministerium weiter. Die Steuererwartung der jüngsten Steuerschätzung für die Kommunen sei leicht steigend, die des Landes fallend. Mit den Kommunen sei man im Austausch, auch am Donnerstag habe es Gespräche im Landtag gegeben. Land und Kommunen eine dabei, dass die finanzielle Ausstattung angesichts der wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands derzeit für keine staatliche Ebene zufriedenstellend sei.

Redaktion: Anja Engelke

Sendung: hr3,

Quelle: hessenschau.de/Erik Hane