Landtag votiert dafür Hanau wird kreisfreie Stadt
Seit Jahren will Hanau den Main-Kinzig-Kreis verlassen und eigenständig werden. Der Landtag votierte am Dienstagabend dafür. Um den Großstadt-Status von Hanau gibt es allerdings Streit mit dem Statistischen Landesamt.
Die Stadt Hanau darf kreisfrei werden, also den Main-Kinzig-Kreis verlassen. Der Landtag in Wiesbaden hat am Dienstagabend mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP einem entsprechenden Gesetz zugestimmt, das diesen Vorgang regelt. Die AfD enthielt sich.
Damit kann die Brüder-Grimm-Stadt den Austritt vollziehen und zum 1. Januar 2026 kreisfrei werden. Erstmals in Hessen verlässt eine Stadt einen Kreis und wird komplett selbstständig.
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Hanau künftig "in einer Liga" mit Frankfurt und Kassel
"Die Beharrlichkeit der Stadt Hanau auf dem Weg zur Unabhängigkeit zahlt sich aus", sagte Innenminister Roman Poseck (CDU). Er sprach von einem historischen Tag für die Stadt, den Kreis, aber auch das Land.
"Es ist der richtige Schritt", sagte der Minister. Und es sei folgerichtig, dass Hanau künftig in einer Liga mit den anderen kreisfreien Städte in Frankfurt, Kassel, Wiesbaden und Offenbach spiele.
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Die Kreisfreiheit stärke nicht nur die Selbstständigkeit Hanaus, sondern auch die Identität der Stadt. Offene Fragen werde man lösen, sagte Poseck. Die Auskreisung werde auch keine negativen finanziellen Folgen für die Stadt, den Kreis oder dessen Gemeinden haben. Der Main-Kinzig-Kreis werde mit rund 320.000 Bürgerinnen und Bürgern der einwohnermäßig zweitgrößte hessische Landkreis bleiben.
An der historischen Landtagssitzung nahmen auch Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) und mehrere Stadtverordnete teil. Sie waren zusammen in einem Stadtbus von Hanau nach Wiesbaden gefahren.
Hanau will schon länger eigenständig werden
Dass Hanau kreisfrei werden will, ist schon lange bekannt. Nachdem die Stadtverordnetenversammlung und der Kreistag dem sogenannten Grenzänderungsvertrag zugestimmt hatten, wurde eine Vereinbarung zur "Auskreisung" von Stadt- und Kreisverwaltung unterzeichnet.
Dann ging das Vertragswerk ans Innenministerium und an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt. Der Innenausschuss des Landtags gab bereits grünes Licht und empfahl die Zustimmung.
OB erwartet Imagegewinn
Kaminsky betont seit Jahren, dass Hanau als Großstadt auch kreisfrei sein sollte. Er erhofft sich einen Image- und Bedeutungsgewinn für die Stadt. Für die Menschen in Hanau verspricht er "Bürgernähe". Behördengänge sollen zum Beispiel einfacher werden. "Wir sind auf vielen Gebieten schon lange kreisfrei", erklärte der Oberbürgermeister mit Blick auf den "Sonderstatus", den Hanau hat. "Denken Sie an die Schulträgerschaft, das Jugendamt, die Bauaufsicht", sagte er dem hr am Dienstag.
Ab dem kommenden Jahr soll die Stadt zusätzlich für den Katastrophenschutz und das Sozialwesen zuständig sein. Den Rettungsdienst will Hanau gemeinsam mit dem Main-Kinzig-Kreis organisieren.
Doch wieder nur Hessens größte Mittelstadt?
Hanau wirbt für sich mit dem Slogan "kleinste Großstadt Hessens". Doch nach Daten der Bevölkerungszählung Zensus des Statistischen Landesamts hat die Stadt dafür nicht mehr genug Einwohner. Zum Stichtag 15. Mai 2022 waren es demnach genau 93.632 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit wäre Hanau nur noch Hessens größte Mittelstadt.
Die Zahl ist nach Kaminskys Angaben falsch. Laut städtischem Einwohnermeldeamt gab es an jenem Stichtag 100.307 Hanauerinnen und Hanauer. Läge die Einwohnerzahl tatsächlich über der Marke von 100.000, bekäme Hanau als offizielle Großstadt mehr Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich und mehr EU-Fördermittel.
Es geht um 100 Millionen Euro
Im Streit mit dem Statistischen Landesamt geht es nach Kaminskys Schätzung um rund 100 Millionen Euro. Die gesamte Finanzplanung sei nach den bislang angenommen Zahlen der Meldestatistik aufgestellt worden.
Gegen einen entsprechenden Bescheid des Landesamtes legte die Stadt Widerspruch ein und forderte damit erneut Akteneinsicht. Neben Hanau regt sich auch in Dutzenden anderen Kommunen in Hessen Widerstand gegen die Bevölkerungszahlen des Zensus.