Austritt Landtag stimmt über kreisfreies Hanau ab
Hanau will seit Jahren kreisfreie Stadt werden. Heute soll der Austritt im Landtag vollzogen werden. Um die Einwohnerzahl – und damit den Großstadt-Status – gibt es Streit mit dem Statistischen Landesamt.
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Der Landtag in Wiesbaden will sich am heutigen Dienstag mit der Frage beschäftigen, ob die Stadt Hanau kreisfrei werden, also den Main-Kinzig-Kreis verlassen darf. Die Abgeordneten wollen über ein Gesetz abstimmen, das das regelt.
Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) plante, am Nachmittag mit Stadtverordneten in einem Stadtbus aus Hanau nach Wiesbaden zu fahren, um der historischen Landtagssitzung beizuwohnen.
Wenn der Landtag zustimmt, könnte die Brüder-Grimm-Stadt den Austritt vollziehen und zum 1. Januar 2026 kreisfrei werden. Damit würde erstmals in Hessen eine Stadt einen Kreis verlassen und komplett selbständig werden.
OB erwartet Imagegewinn durch Kreisfreiheit
Dass Hanau kreisfrei werden will, ist schon lange bekannt. Nachdem die Stadtverordnetenversammlung und der Kreistag dem sogenannten Grenzänderungsvertrag zugestimmt hatten, wurde eine Vereinbarung zur "Auskreisung" von Stadt- und Kreisverwaltung unterzeichnet.
Dann ging das Vertragswerk ans Innenministerium und an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt. Der Innenausschuss des Landtags gab bereits grünes Licht und empfiehlt die Zustimmung.
Kaminsky betont seit Jahren, dass Hanau als Großstadt auch kreisfrei sein sollte. Er erhofft sich einen Image- und Bedeutungsgewinn für die Stadt. Für die Menschen in Hanau verspricht er "Bürgernähe". Behördengänge sollen zum Beispiel einfacher werden.
Doch wieder nur Hessens größte Mittelstadt?
Hanau wirbt für sich mit dem Slogan "kleinste Großstadt Hessens". Doch nach Daten der Bevölkerungszählung Zensus des Statistischen Landesamts hat die Stadt dafür nicht mehr genug Einwohner. Zum Stichtag 15. Mai 2022 waren es demnach genau 93.632 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit wäre Hanau nur noch Hessens größte Mittelstadt.
Die Zahl ist nach Kaminskys Angaben falsch. Laut städtischem Einwohnermeldeamt gab es an jenem Stichtag 100.307 Hanauerinnen und Hanauer. Läge die Einwohnerzahl tatsächlich über der Marke von 100.000, bekäme Hanau als offizielle Großstadt mehr Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich und mehr EU-Fördermittel.
Es geht um 100 Millionen Euro
Im Streit mit dem Statistischen Landesamt geht es nach Kaminskys Schätzung um rund 100 Millionen Euro. Die gesamte Finanzplanung sei nach den bislang angenommen Zahlen der Meldestatistik aufgestellt worden.
Gegen einen entsprechenden Bescheid des Landesamtes legte die Stadt Widerspruch ein und forderte damit erneut Akteneinsicht. Neben Hanau regt sich auch in Dutzenden anderen Kommunen in Hessen Widerstand gegen die Bevölkerungszahlen des Zensus.