Regierungserklärung des Innenministers Landtag streitet über innere Sicherheit und Beuths Bilanz
Innenminister Beuth ist seit fast zehn Jahren Lieblingsgegner der Opposition. Nun gab der CDU-Politiker seine vielleicht letzte Regierungserklärung ab. Es folgten ein dankbarer Händedruck, harte Kritik und eine "ungünstige Sozialprognose".
Wenn im ersten Quartal der Innenminister im Landtag in Wiesbaden eine Regierungserklärung abgab, konnte man stets gewiss sein: Es geht um die kurz zuvor präsentierte Jahres-Kriminalstatistik des Bundeslandes. Noch einmal würde der Hauptverantwortliche klar machen, wie viel sicherer Hessen doch geworden sei und wie viel gerade geschehe, damit es noch besser werde.
So war es auch, als der Amtsinhaber Peter Beuth am Dienstagnachmittag ans Rednerpult ging. Aber diesmal stand auf der Tagesordnung mehr als Routine.
Der CDU-Mann hielt seine letzte Erklärung dieser Art. Er steigt nach der Landtagswahl im Herbst ganz aus der Politik aus. Zehn Jahre lang wird er dann das von der Opposition aufs Heftigste kritisierte Kabinettsmitglied von Schwarz-Grün gewesen sein.
Nicht alltägliche Mixtur
Und so kam es im Parlament zu einer nicht alltäglichen Mixtur aus aktuellem Geschäft, Abschiedsbilanz und Abschiedsdank, Abrechnung – und frühem Wahlkampf.
Bis an den Anfang des Jahrhunderts, seit 1999 regiert die Union schon und stellt die Innenminister, ging Beuth zurück, um zum Ausdruck zu bringen: Unter der CDU und nicht zuletzt unter ihm sei Hessen "zu einem der sichersten Bundesländer" geworden.
Die Zahl der Delikte sei seit 2002 um 17 Prozent gesunken. Der Anteil der aufgeklärten Fälle sei seit damals von 48,2 auf 63,7 Prozent gestiegen. Und Beuth führte weitere Rekorde an: 2,1 Milliarden Euro an Investitionen dieses Jahr seien neuer Höchststand. Genau wie die fürs Jahr 2025 angestrebten 16.000 Polizistinnen und Polizisten. 15.500 sind es derzeit.
Sicherheit auch fürs Gefühl
Beuth will sich damit nicht zufrieden geben: "Wir wollen, dass die Hessinnen und Hessen nicht nur in einem der objektiv sichersten Bundesländer leben, sondern sich auch sicher fühlen", sagte er.
Dazu sollen neben mehr Personal auch Investitionen in die Ausstattung beitragen. Die sei jetzt schon "hervorragend", nicht zuletzt dank spezieller Smartphones oder der umstrittenen Analysesoftware HessenData.
Da Beuth kaum noch einmal eine solche Selbstbilanz ziehen wird, nutzte CDU-Innenexperte Alexander Bauer seine Rede, um dem Parteifreund am Ende ausdrücklich für dessen Arbeit zu danken – ein Händedruck inbegriffen.
So weit ging Eva Goldbach vom grünen Koalitionspartner nicht. Sie gab Beuth allenfalls indirekt Rückendeckung, indem sie die gesamte Regierung lobte: "Wir kümmern uns um diese Polizei." Goldbach sprach aber auch Probleme an: Zum Beispiel die Affäre um rechte Umtriebe bei der Polizei, der aber konsequent mit der Umsetzung von Vorschlägen einer Expertenkommission begegnet werde.
Vergiftetes Lob
Es sei schon eine Leistung, "das Empörungsniveau über 15 Minuten so hoch zu halten" – mit diesem ironischen Lob kam Grünen-Politikerin Goldbach ihre Vorrednerin Heike Hofmann. Die innenpolitische Sprecherin der oppositionellen SPD-Fraktion hatte kein gutes Haar an Beuths Arbeit gelassen. Der Innenminister habe "viel Eigenlob und wenig Fakten" verbreitet.
Die aktuelle Statistik mit einer Zunahme der Straftaten und einem Sinken der Aufklärungsquote sei aber "kein Ruhmesblatt". Hofmann machte den Innenminister auch dafür verantwortlich, dass die Polizei überlastet sei und Millionen von Überstunden vor sich herschiebe.
Hofmanns Schlussfolgerung: Es werde Zeit, dass am 8. Oktober Bundesinnenminister Nancy Faeser als SPD-Spitzenkandidatin zur Ministerpräsidentin gewählt werde.
Die Prognose des Ex-Ministers
In der Wortwahl von Richtern stellte Ex-Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) dem Innenminister in seinem politischen Urteil eine "ungünstige Sozialpognose" aus. Denn der habe sich wiederholt als unbelehrbar erwiesen, wie verfassungswidrige Gesetze zum Einsatz von HessenData und zur Beamtenbesoldung gezeigt hätten.
Hahn, einst Justizminister in der Koalition mit der CDU, hielt Beuth auch vor, der Polizei zu wenig Anerkennung und Rückendeckung gegeben zu haben. Auch gegen unberechtigte Kritik nach dem Attentat von Hanau habe er sie nicht genug in Schutz genommen.
Mehr Schein als Sein machte auch die Linkspartei in Beuths Erklärung aus. So sei es "schlicht zynisch" vom Minister, den Kampf gegen Kriminalität von rechts als Erfolg zu verkaufen, sagte ihr Innenexperte Torsten Felstehausen. Tatsächlich seien die Straftaten auf diesem Gebiet seit 2017 um 82 Prozent gestiegen. Eine Studie über Dunkelfelder der Kriminalität sei dringend geboten, doch Beuth verweigere das immer noch.
Noch ein Abschied, unfreiwillig
Für die AfD rechnete ihr Innenexperte Klaus Herrmann mit Beuth ab. Dessen Erklärung nannte er ein "Festival der Vernebelung". Es sei verantwortungslos, die Bevölkerung "durch eine unangemessene Verharmlosung" in trügerischer Sicherheit" zu wiegen.
Auch für Hermann war es vielleicht der letzte große Auftritt im Landtag – anders als im Falle Beuths aber unfreiwillig. Die AfD, deren Co-Landesvorsitzender er einmal war, hat ihn für die bevorstehende Hessen-Wahl nicht noch einmal nominiert.
Sendung: hr-iNFO, 21.03.2023
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