Koalition und SPD mit eigenen Vorschlägen Landtag streitet über Weg zu besserer Mobilfunkversorgung

So manche Gegend in Hessen liegt im Funkloch - ohne Handyempfang und mobilem Internet. Das soll sich ändern. Im Landtag streiten Regierung und Opposition, wie es besser werden kann.

Kein Netz
Die Anzeige sieht man in Taunus oder Westerwald öfter mal. Bild © Imago Images
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Debatte über Funklöcher

hessenschau vom 24.01.2023
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Wer am "Gasthaus zum Lindenwirt" vorbeikommt, dem fällt neben dem malerischen Gebäude mit seinen Giebeln und der Landschaft des Weserberglandes vermutlich noch etwas auf: Menschen, die suchend herumgehen und ihre Handys in die Luft halten.

Denn mit dem Empfang ist das so eine Sache. Das schlecht ausgebaute Netz an dieser Stelle der Gemeinde Wesertal (Kassel) ist sogar geschäftsschädigend. "Es sind deshalb schon Gäste abgereist, weil sie nicht arbeiten konnten", sagt Sabine Henne, die Betreiberin des Familienbetriebs.

Ein leidiger Einzelfall ist das nicht. Das Gebiet ist nur einer von vielen weißen Flecken, die diese Woche im Landtag in Wiesbaden gleich zweimal Thema sind. Mit Verbesserungsvorschlägen der schwarz-grünen Koalition und aus den Reihen der Opposition.  Am Dienstag legte die SPD los: mit der Forderung nach sehr viel höherem Ausbautempo und "Mobilfunk für alle".

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Die Debatte über den Mobilfunkausbau

Die gesamte Debatte über ein schnelleren Ausbau des Mobilfunknetzes in Hessen können Sie sich in unseren Videos aus dem Landtag anschauen.

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Hessen steht laut SPD schlecht da

Ob im Rheingau oder im Westerwald, im Odenwald oder im Spessart: Den Eindruck, in einem Hochtechnologie-Land zu leben, hat längst nicht jeder Mobilfunknutzer. "Zwei der drei deutschlandweit am schlechtesten mit Mobilfunk versorgten Landkreise befinden sich in Hessen", sagte Bijan Kaffenberger, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

"Mobilfunkempfang ist digitale Daseinsvorsorge", mahnte Kaffenberger. Die großen Netzbetreiber bekunden zwar, sie kämen gut voran. Der SPD-Politiker findet es aber gut, dass die Bundesnetzagentur nun mehr Druck mache. Sie prüfe Vertragsstrafen bis zu 50.000 Euro pro Standort, an dem die Auflagen zur Versorgung nicht erfüllt werden.

Aber auch Hessen müsse mehr für einen beschleunigten, flächendeckenden Ausbau des Mobilfunkempfangs bieten. In einem Gesetzentwurf hat die SPD-Vorschläge unterbreitet, die über die Änderungen in der Bauordnung leicht umzusetzen seien.

Mehr Masten ohne Genehmigungspflicht

So sollten freistehende Mobilfunkmasten im Außenbereich bis zu 20 Metern ohne besondere Genehmigung errichtet werden dürfen. Masten, die für große Veranstaltungen oder andere Ereignisse zeitlich befristet aufgestellt wurden, sollen länger stehen bleiben dürfen: bei Bedarf für vier Jahre statt wie bisher nur drei Monate lang.

FDP spricht von "digitalem Entwicklungsland"

Mit ihrer Kritik stand die SPD nicht alleine. Auch die Digitalexperten der übrigen Oppositionsfraktionen bemängelten die nicht ausreichende Mobilfunkversorgung gerade in den ländlichen Regionen von Hessen.

"Auch nach vier Jahren Digitalministerium bleibt Hessen ein digitales Entwicklungsland", befand der FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Stirböck. Er wies auf andere technologische Rückstände hin. So liege Hessen bei der Versorgung von Gewerbegebieten mit dem schnellen 5G-Netz deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt zurück.

Privatisierung der Aufgabe schuld?

Axel Gerntke von der Linken zog in Zweifel, ob das Füllen der Funklöcher mit Hilfe des Baurechtes erreicht werden könne. Er nannte als wesentliche Ursache, dass nicht die öffentliche Hand den Ausbau betreibe. Die privaten Netzbetreiber hätten sich auf einwohnerreiche Gebiete konzentriert, "wo der Profit entsprechend winkt".

Die AfD kritisierte am SPD-Vorschlag, dass sie das Funklochproblem verallgemeinere. Ihr Abgeordneter Dimitri Schulz sagte: "Wenn in einigen Regionen unseres Bundeslandes die Menschen in Funklöchern sitzen, während anderswo 5-G-Funkmasten dicht an dicht errichtet werden sollen, dann ist das Politikversagen. Die Versorgung könne auch mit der aktuellen Bauordnung gewährleistet werden.

CDU und Grüne mit eigener Initiative

Das Hessen mit seinen Problemen nicht allein dastehe, berichtete Torsten Leveringhaus von den mit der CDU regierenden Grünen. Er habe bei einem Besuch im seit langem von der SPD regierten Niedersachsen in wenigen Tagen "mehr Mobilfunkabbrüche gehabt als in Hessen im ganzen Jahr".

Probleme leugnet aber auch die Regierungskoalition nicht. CDU und Grüne wollen den Ausbau deshalb voranbringen. Maßnahmen sieht ihr Entwurf eines "Gesetzes zur weiteren Beschleunigung des Mobilfunkausbaus in Hessen“ vor, auf den Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) verwies.

Mobilfunkmasten sollen leichter aufgestellt werden können, auch direkt am Rand von Landstraßen. Außerdem sollen mobile Masten länger genehmigungsfrei stehen dürfen – bis zu zwei Jahre lang. Eine Erhöhung der Mobilfunkmasten lehnt die Ministerin ab.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 24.1.2023, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, Christoph Scheld, Wolfgang Türk