Trotz Strafe wegen Urkundenfälschung Landesregierung will SPD-Politiker Weiß in Fraport-Aufsichtsrat schicken

Er wurde als Urkundenfälscher verurteilt, aber ein Karriereknick war das nicht: Nun soll der SPD-Politiker Marius Weiß bei üppigem Nebenverdienst die Geschäfte des Flughafens Frankfurt kontrollieren. In der eigenen Partei finden das nicht alle passend, die Grünen haben einen Verdacht.

Ein Mann sitzt hinter einem Podest, auf welchem "Hessischer Landtag" steht.
Der SPD-Politiker Marius Weiß, als er Vorsitzender des Hanau-Untersuchungsausschusses war. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Wenn die Hauptversammlung des Flughafenbetreibers Fraport AG im Mai in Frankfurt zusammenkommt, steht eine Umbesetzung des Aufsichtsrats an. Dabei kommt es zu einer pikanten Personalie. 

Die Aktionäre müssen entscheiden, ob der wegen Urkundenfälschung bestrafte Landtagsabgeordnete und SPD-Vize-Fraktionschef Marius Weiß einen Platz als Vertreter des Landes Hessen in dem Gremium bekommt. 

Nach hr-Informationen will die schwarz-rote Landesregierung den 50 Jahre alten Rechtsanwalt aus Idstein (Rheingau-Taunus) in den Aufsichtsrat entsenden. Das Kabinett von CDU-Ministerpräsident Boris Rhein hat im Februar auf Vorschlag der SPD einen entsprechenden Beschluss gefasst. 

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Kontrollieren, ob alles rechtens ist

Das Land Hessen ist mit 31,31 Prozent der größte Fraport-Anteilseigner. Drei Vertreter darf die Landesregierung für den Aufsichtsrat vorschlagen. 

Der CDU-Politiker Michael Boddenberg ist derzeit Aufsichtsratsvorsitzender. Er will das Amt, das er in seiner früheren Funktion als Finanzminister angetreten hat, dem Vernehmen nach fortführen. 

Der ehemalige Wirtschafts- und Verkehrsminister Lothar Klemm (SPD) und der frühere Grünen-Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann scheiden allerdings aus. Einen der beiden Posten soll nun Weiß bekommen, den anderen CDU-Staatskanzleichef Benedikt Kuhn. 

Üppiges Zusatzeinkommen

Begehrt sind die Posten nicht nur, weil sie Einfluss auf eines der wichtigsten Unternehmen der Region verleihen. Sie sind auch mit einem Zusatzeinkommen verbunden, das üppig ausfallen kann. Zu einer Grundvergütung von zuletzt 35.000 Euro kommen je nach Tätigkeitsumfang kräftige Zuschläge für Ausschüsse und Sitzungsgelder.

Dem Vergütungsbericht der Fraport ist zu entnehmen, dass der SPD-Politiker Klemm im vergangenen Jahr 105.000 Euro erhielt. Grünen-Politiker Frank Kaufmann kam auf 73.000 Euro. 

30 Prozent des Geldes, das er für die Tätigkeit im Fraport-Aufsichtsrat erhalten wird, muss Weiß aufgrund der Parteiregeln an die SPD überweisen. Im Hauptberuf als Landtagsabgeordneter erhält er jährlich Diäten in Höhe von 112.260 Euro.

Parkausweis für Frau gefälscht und laminiert

Als Aufsichtsratsmitglied wird der Abgeordnete mitentscheiden, wenn der Fraport-Vorstand gewählt wird. Ihm fiele es vor allem zu, mit seinen Kollegen die Unternehmensführung zu kontrollieren: Stimmt die Strategie? Und handelt der Vorstand rechtmäßig und wirtschaftlich? 

Formell steht der Strafbefehl wegen Urkundenfälschung, den sich Weiß im August 2023 einhandelte, der Berufung nicht entgegen. Fraport-Aufsichtsräte müssen zwar ein makelloses polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Darin sind allerdings nur Vorstrafen von mindestens 90 Tagessätzen vermerkt. 

Weiß erhielt vom Amtsgericht Wiesbaden einen Strafbefehl über 80 Tagessätze zu 160 Euro, insgesamt 12.800 Euro. Er hatte seinen Abgeordneten-Parkausweis für den Landtag kopiert und laminiert. Die Kopie hatte er seiner Ehefrau zur Verfügung gestellt, die damit ebenfalls auf dem Parlamentsgelände parken konnte.

Kritiker in der eigenen Partei

Wegen dieser Sache ist die Nominierung von Weiß für den Fraport-Aufsichtsrat auch innerhalb der SPD umstritten. Gegrummel gibt es nicht nur in der Landtagsfraktion. Im Präsidium der Landespartei, das die Personalie beschloss, gab es kein einstimmiges Votum. 

Nach der Parkausweisaffäre, die seinerzeit in den Landtagswahlkampf fiel, hatte Weiß zunächst seinen Posten als Vorsitzender des Hanau-Untersuchungsausschusses niederlegen müssen. Zu einem anhaltenden Karriereknick kam es jedoch nicht. 

Von Mansoori gestützt

Nicht zuletzt dank der Unterstützung des späteren Vize-Ministerpräsidenten und Wirtschaftsministers Kaweh Mansoori erhielt der 50-Jährige trotzdem einen sicheren Platz auf der SPD-Kandidatenliste und zog wieder in den Landtag ein. Dort ist er einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und haushaltspolitischer Sprecher der SPD.

Außerdem benannte ihn die SPD im vergangenen Jahr für den Vorsitz eines Untersuchungsausschusses. Der Posten stand der schwarz-roten Koalition zu. Weiß leitet nun die parlamentarische Aufarbeitung der Entlassungsaffäre im Wirtschaftsministerium.

Der Untersuchungsaussschuss nimmt die Umstände unter die Lupe, unter denen SPD-Minister Mansoori seine parteilose Staatssekretärin Lamia Messari-Becker entließ.

Grüne: "Ein Schelm, wer Böses denkt"

Schon die damalige Personalie um Weiß stieß auf Kritik aus den Reihen der Opposition. Die Grünen etwa zeigten sich "sehr verwundert", dass der SPD-Mann trotz des verhängten Strafbefehls für den Ausschussvorsitz benannt wurde. Man trage dessen Wahl lediglich "aus demokratischer Gepflogenheit" mit, hieß es.

Die Grünen-Abgeordnete Miriam Dahlke legte am Donnerstag nach. Sie stellte in Frage, ob Weiß wirklich der Beste sei, um für die Landesregierung die Geschäfte des Flughafens zu kontrollieren.

Schon für den Vorsitz im Untersuchungsausschuss habe gegolten: "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, etwa, dass Weiß dort Unliebsames vom Wirtschaftsminister fernhalten soll". Der hr-Bericht über den geplanten Fraport-Aufsichtsratsposten legt nach Dahlkes Meinung die Vermutung nahe: "Die Dankbarkeit innerhalb der Sozialdemokratie scheint grenzenlos."

Als untragbar und schädlich für die Fraport AG bezeichnete die AfD den Plan, weil Weiß wegen Urkundenfälschung bestraft worden sei. "Wofür soll er belohnt werden?", fragte Klaus Gagel, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion.

SPD: Es geht nach Qualifikation

Weiß selbst, der seit langem auch in Fragen des Flughafens für die Fraktion spricht, wollte sich auf Anfrage gegenüber dem hr in eigener Sache nicht äußern - auch nicht zu kritischen Stimmen in der SPD. Ein Sprecher der Landtagsfraktion teilte mit: Das Vorschlagsrecht liege bei der Landesregierung.

Weiter heißt es: "Deren Vorschlag richtet sich erkennbar nach der bestmöglichen fachlichen Qualifikation, die sich aus der akademischen Ausbildung, der langjährigen Erfahrung in verschiedenen Aufsichtsgremien und der umfassenden Kenntnis des Unternehmens ergibt."

Redaktion: Wolfgang Türk

Sendung: hr-iNFO,

Quelle: hessenschau.de