Schon 35 Millionen Euro Kosten am Wiesbadener Schloss Warum die Sanierung des Landtags doppelt so teuer wird

Das Wiesbadener Stadtschloss ist ein wunderbares Baudenkmal, Sitz des Landtags – und in Teilen ein Sanierungsfall. Die Arbeiten laufen, und die Kosten sind regelrecht explodiert.

Sanierung im Obergeschoss des Landtags.
Wenn der Hausschwamm zum Schlossgespenst wird. So sah es 2019 bei der noch laufenden Landtagssanierung aus. Bild © Hessischer Landtag
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Sanierung des Landtags doppelt so teuer

hs 03.03.2023
Bild © hessenschau.de
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Am Ende könnte es teurer werden - wer baut, der weiß das. Und wer ein denkmalgeschütztes, schädlingsgeplagtes Gebäude aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert mit schweren Schäden saniert - der wird damit rechnen. 

Im Wiesbadener Stadtschloss, in dem die Arbeiten seit 2018 laufen, steigen die Kosten gerade kräftig. "Wir haben lange Voruntersuchungen gemacht und trotzdem ist es so wie bei jedem Denkmal. Man hat immer mal wieder Dinge, die man so nicht geplant hat", sagt Landtagsdirektor Peter von Unruh. 

Allein für den ersten Bauabschnitt im Ostflügel des Schlosses, das seit 1946 Teil des Landtags ist, geht die Landtagsverwaltung jetzt von insgesamt 35 Millionen Euro Kosten aus. Mindestens. Veranschlagt war mit 18,1 Millionen Euro ursprünglich gerade mal gut die Hälfte. Und auch bei einem zwischenzeitlichen gemeldeten Kosten-Update in Höhe von mehr als 27 Millionen Euro bleibt es demnach nicht. 

Erst schlimm, dann schlimmer

Die Sanierung ist unvermeidlich. Der Brandschutz war nicht auf dem erforderlichen Stand. Vor allem fraß sich der schädliche Hausschwamm durch den Bestand. Dem Holz und Mauern zerstörenden Pilz hatten Reparaturarbeiten in der Nachkriegszeit glänzende Bedingungen geschaffen. Schäden eines Bombardements behob man damals wenig fachmännisch, Feuchtigkeit drang ein. Dass es schlimm war, fiel erst im Jahr 2008 auf. Und erst während der Sanierung, wie schlimm wirklich. 

Der massive Hauspilzfall vom Dach bis zum Keller ist nun zwar Vergangenheit. Aber es kamen noch weitere preistreibende Überraschungen zum Vorschein. Zum Beispiel ein alter Kanal, der unter dem Schloss entdeckt wurde und in keinem Plan verzeichnet war. 

Das Geologische Landesamt musste hinzugezogen werden, zumal es sich um Heilwasser hätte handeln können. Bis feststand, dass es doch nur Grundwasser ist, vergingen Monate. Da der Kanal womöglich eine wichtige Funktion hat, wird er teilweise offen bleiben.

Der alte Gebäudeteil des Hessischen Landtags von außen.
Parlament mit Schloss: der Hessische Landtag in Wiesbaden von außen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Corona, Fachkräftemangel usw.

Und dann setzten nach Angaben der Landtagsverwaltung die Corona-Krise, der Handwerkermangel und die zuletzt explodierenden Materialpreise Terminplan und Budget unter Druck. 

Eigentlich sollten die Arbeiten im Ostflügel dieses Jahr fertig sein. Nun heißt es, ohne sich genauer festzulegen: Es wird bis ins Jahr 2024 hinein dauern. Ein Dutzend neue Büros warten dann auf neue Nutzer. Sie sind schon heiß begehrt, wie man hört. Kein Wunder: Aus dem dritten Stock hat man einen wunderbaren Blick auf Rathaus und Marktkirche.

Wer darf rein?

"Da kommen schon Wünsche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch von Abgeordneten", sagt Landtagsdirektor von Unruh.  Am Ende wird sich aber erst nach der Landtagswahl entscheiden, wer die neuen Räume nutzen darf. 

Noch ist auch unklar, ob der Landtag nach der Wahl am 8. Oktober wieder genügend Büros für alle Fraktionen bieten kann. Seit 2019 mit der AfD eine sechste Fraktion ins Parlament einzog, reicht der Platz nicht. Neben der AfD hat auch die FDP-Fraktion ihre Räume nicht mehr auf dem Landtagsgelände. 

Neidische Blicke aus Schloss Sanssouci

Was die fürs Kalkulieren Verantwortlichen plagt, ist für andere ein Traum. Das zeigt sich gerade am Westflügel des repräsentativen Stadtschlosses, wo auch noch einiges ansteht. Ölgemälde auf Stuckmarmor, Lamperien und der vor 180 Jahren verlegte Holzboden sind kulturhistorische Schätze. Vier Experten verschaffen sich derzeit einen Überblick. 

Das Schmuck-Parkett im roten Salon etwa bringt Holz- und Möbelrestaurator Michael Recker regelrecht zum Schwärmen. Der Zustand sei hervorragend, selbst die Kollegen im Potsdamer Schloss Sanssouci seien ganz neidisch, berichtet er. "Weil die Materialstärke noch so dick und sehr sorgsam damit umgegangen worden ist", lobt Recker.

Holz- und Möbelrestaurator Michael Recker auf dem historischen Schmuckparkett des Landtags
Neidische Kollegen: Holz- und Möbelrestaurator Michael Recker auf dem historischen Schmuckparkett des Landtags Bild © Christiane Schulmayer, hr

Angeschrubbt, aber fast unvergleichlich

Bei den Wänden im gelben Salon, in dem einst die Herzogin von Nassau im Schein der Morgensonne so gerne frühstückte, sieht es anders aus. "Vor allem im unteren Bereich sind Farbschichten so ein bisschen angeschlagen und abgeschrubbt", sagt Restauratorin Katrin Elsner. Ein Maßnahmenkonzept soll bald zeigen, "wie man das wieder schön kriegt.“

Was solche Arbeiten in einem nächsten Bauabschnitt kosten werden, ist noch gar nicht bekannt. Am Restaurieren geht angesichts der Bedeutung aber kein Weg vorbei. Schließlich schwärmt nicht nur Wandmalerei-Expertin Elsner: "Es gibt in Hessen nur noch in Kassel-Wilhelmshöhe ein Schloss, das vergleichbar ist."

Wandmalerei-Expertin Katrin Elsner im Schlossteil des Landtags
Traum für Restauratoren: Wandmalerei-Expertin Katrin Elsner im Schlossteil des Landtags Bild © Christiane Schulmayer, hr

 

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Herzöge, Könige, Nazis, Demokraten

Als Landtag fungiert das Wiesbadener Stadtschloss seit 1946. Mit seiner Fertigstellung fast genau ein Jahrhundert zuvor an der Stelle einer früheren mittelalterlichen Burg war das Schloss von 1841 bis 1866 Residenz der Nassauer Herzöge. Als die sich auf die Seite Österreichs gegen Preußen schlugen und der Krieg verloren ging, wurde der Herzog abgesetzt und seine Residenz los. Sie diente fortan den Königen von Preußen und ihrer Familie als repräsentativer Zweitwohnsitz.

Nach dem Ersten Weltkrieg war 1918 auch die Preußen-Monarchie am Ende. Erst einmal wechselten die Bewohner häufig: Einen Arbeiter- und Soldatenrat lösten erst französische, dann britische Besatzer ab. 1930 wurde das Schloss zum Museum. Während des Zweiten Weltkriegs nahm sich das Generalkommando der Wehrmacht die historische Immobilie, die erst nach der Befreiung zum Sitz eines demokratischen Landesparlamentes wurde. 

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 03.03.2023, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, Simone Behse, Wolfgang Türk