Möglichen politischen Straftaten Lockere Radmuttern, beschmierte CDU-Geschäftsstelle: Polizei fahndet nach Tätern

Ein FDP-Wahlkampfbus im Taunus verliert ein Rad, in Kassel wird die CDU-Geschäftsstelle beschmiert: In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz. Jetzt hat die Polizei den Stand der Ermittlungen bekanntgegeben.

Die Fassade eines 70er-Jahre-Gebäudes ist mit schwarzer Farbe beschmiert. Zu lesen ist das Wort "Rassisten".
Unbekannte haben die Geschäftsstelle der Partei CDU im Kasseler Stadtteil Oberzwehren auf 16 Metern Länge mit einem Schriftzug in schwarzer Farbe besprüht. Bild © Kübra Anac/hr
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Nach dem Verlust eines Vorderrads bei einem fahrenden FDP-Wahlkampf-Kleinbus im Taunus und der Beschädigung der CDU-Geschäftsstelle in Kassel hat die Polizei vorerst noch keine Verdächtigen identifiziert. In beiden Fällen werden Zeugen vernommen und Spuren ausgewertet, wie Polizeisprecher in Wiesbaden und Kassel am Dienstag mitteilten. Wegen des Verdachts politischer Straftaten ermittelt jeweils der Staatsschutz.

Wegen lockerer Radmuttern hatte das Wahlkampf-Fahrzeug des hessischen FDP-Bundestagsabgeordneten Alexander Müller in der Taunus-Stadt Idstein das linke Vorderrad verloren. Ein Freund und Mitarbeiter sei im Rheingau-Taunus-Kreis mit seinem Wahlkampfbus unterwegs gewesen. "Er hörte es klackern, ist dann aber weitergefahren - und in der nächsten Kurve war das Rad ab", berichtete Müller.

Polizei: "Radmuttern nicht festgezogen"

Der Wagen wurde unfallfrei gestoppt. Für Müller war aber nach eigener Aussage klar: "Jemand versucht, mich einzuschüchtern." Insgesamt habe es vier Attacken auf mehrere seiner Fahrzeuge gegeben, die teils mit FDP-Logos und einem Bild des liberalen Bundestagsabgeordneten aus Niedernhausen (Rheingau-Taunus) bedruckt sind, hatte er dem hr am Montag berichtet.

Die Polizei bestätigte noch am selben Tag in einer Mitteilung, dass "alle Radmuttern des Fahrzeugs nicht festgezogen worden waren". Müller berichtete zudem von Farbschmierereien an seinem Privatauto in Wiesbaden. Hier wurde nach späteren Polizeiangaben auch "ein Reifen platt gestochen".

Zudem habe ein Mitarbeiter des FDP-Abgeordneten noch bei einem dritten Fahrzeug, das dieser nutze, lockere Radmuttern bei einem Vorderrad gemeldet.

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Vorfall kurz nach Interview über russische Sabotageserie

Während Müller bei den Schmierereien - Hammer und Sichel und der Schriftzug "Alerta" - einen linksextremistischen Hintergrund vermutet, ist er sich bei den gelockerten Radschrauben weniger sicher: "Es könnte einen Zusammenhang mit einem Interview geben, das ich am Freitag im Deutschlandfunk gegeben habe - aber das ist reine Spekulation", sagte er.

In dem Interview habe er als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums über eine Sabotageserie an Autos gesprochen, für die deutsche Sicherheitsbehörden Russland verantwortlich machen. Die Aktionen werden laut einem Bericht aus der vergangenen Woche als Teil der hybriden Kriegsführung des Kreml verstanden, der mit gezielter Manipulation den Wahlkampf in Deutschland zu beeinflussen versuche.

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags überwacht die Bundesnachrichtendienste und wird regelmäßig streng vertraulich über die wichtigsten Tätigkeiten der Nachrichtendienste informiert.

Müller: "Heißt nicht, dass ich Aufkleber jetzt abmache"

Müller sagte, er werde nun regelmäßig die Räder an seinen Fahrzeugen kontrollieren, wolle sich von den Angriffen jedoch nicht einschüchtern lassen. "Es ist eine Verunsicherung da, aber das heißt nicht, dass ich Aufkleber jetzt abmache", so der Abgeordnete.

Insgesamt sei spürbar, dass der Umgang im Wahlkampf harscher geworden sei - etwa an Infoständen. Müller führt das auch auf die umstrittene Asyl-Abstimmung der CDU im Bundestag mit Stimmen der AfD zurück. Auch seine Fraktion hatte für den Antrag gestimmt.

CDU-Geschäftsstelle in Kassel besprüht

Ein weiterer Vandalismus-Vorfall wurde am Montag in Kassel bekannt: Dort war bei der CDU-Geschäftsstelle die innere Eingangsglastür laut einer Polizeisprecherin mit einem Baustellenschild beschädigt worden. Zwei Wände seien mit schwarzer Farbe besprüht worden, unter anderem mit dem Wort "Rassisten!".

Auf die Frage, ob von linksextremistischen Tätern ausgegangen werde, sagte eine Sprecherin am Dienstag lediglich: "Wir ermitteln in alle Richtungen." Ein klassischer Einbruchsversuch werde allerdings nicht angenommen, sondern eher eine Sachbeschädigung aus politischen Motiven.

Der Kreisverband der CDU sprach von einer "beispiellosen Grenzüberschreitung der politischen Auseinandersetzung". Auch in diesem Fall hat die Staatsschutz-Inspektion der Polizei Ermittlungen aufgenommen.

Fälle von Vandalismus werden im Wahlkampf derzeit nahezu täglich bekannt - meist geht es um beschädigte Wahlplakate. So hatte die Polizei in Seligenstadt (Kreis Offenbach) am Freitag drei Jugendliche vorläufig festgenommen, die mehrere Plakate beschädigt haben sollen. Gegen sie wird nach Polizeiangaben wegen des Verdachts der Sachbeschädigung ermittelt.

Die Zahl der Angriffe auf Amts- und Mandatsträger ist laut Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr deutschlandweit, aber noch deutlicher in Hessen angestiegen. Zu Amts- und Mandatsträgern zählen nicht nur Bundestagsabgeordnete, sondern auch Bürgermeister, Stadtverordnete oder Landräte.

Redaktion: Pia Stenner

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe