Männliche Maskottchen der Ministerien Warum es neben dem Hessen-Leo keine Lea gibt
Fast jedes Ministerium der Landesregierung hat sich einen eigenen Hessen-Löwen entwerfen lassen. Die Maskottchen kommen meist betont männlich daher. Manche Gestalterinnen vermissen weibliche Figuren.
Schmale Hüften, breite Schultern, Riesen-Mähne, so viril kommt Landtagslöwe Leo daher. Lässig rollt er auf dem Skateboard durchs Youtube-Video und erklärt Kindern, wie die Landtagswahl abläuft. Leo ist ein Produkt der Landtagsverwaltung. In Videos, Heftchen und Malbüchern soll er jungen Menschen Politik verständlich machen.
Jede Menge Löwen tummeln sich auch auf den Internetseiten der Ministerien. Öko-Leo heißt das Maskottchen des Umweltressorts. Chatbot Leon beantwortet für das Sozialministerium Fragen zu Corona. Das Justizministerium hat das Raubtier sogar in einen Talar gesteckt. Rund zehn verschiedene Comic-Löwen hält sich die Regierung, lauter Leos und Leons - aber wo sind die Leas?
Historisches Vorbild
Mit Astrid Wallmann (CDU) steht erstmals eine Frau an der Spitze des Hessen-Parlaments. Dennoch, erklärt ihre Sprecherin, sei für das Maskottchen ein Männchen die erste Wahl. Begründung: Leo sei die Comic-Version des hessischen Wappentiers, eines wehrhaften Löwen. "Durch diesen unmittelbaren Bezug zum historischen Vorbild ergibt sich daher die Geschlechtszuordnung des Maskottchens", sagt die Sprecherin.
Auf die Mähne hebt die Staatskanzlei ab. Der Hessen-Löwe habe nun mal einen dicken, langen Haarschopf. Die Mähne sei "ideal, um die Wiedererkennung zu unterstreichen", sagt ein Sprecher von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Deshalb fänden Leos und Leons "seit Jahrzehnten in unzähligen Figuren, Symbolen, Stofftieren, Bildern, Comiczeichnungen und sogar Verkleidungen Verwendung".
Mangelnde Identifikationsfläche
Wie es anders geht, hat Christina Plaka gezeigt. Die in Japan ausgebildete Comic-Künstlerin aus Offenbach ist in der hiesigen Manga-Szene eine Berühmtheit. Vor 15 Jahren entwarf sie für das Kinder-Portal der Landesregierung eine ganze Löwen-Bande. Da sind auch eine Lea und eine Leonie dabei. Noch immer findet sich die Bande auf dem Landesportal im Netz, aber relativ versteckt und ohne aktuelle Inhalte.
Alle sollten sich mit den Maskottchen identifizieren können, findet Plaka. Deshalb gehörten für sie Löwen-Mädchen dazu. Noch weiter geht Lisa Borgenheimer, die an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach Design unterrichtet. Ein weibliches Löwen-Maskottchen könne "ein visuelles Zeichen für starke Frauen" sein. Sie könne sich das auch für das Hessen-Wappen selbst vorstellen.
Heraldische Tradition
Bei Wappentieren hört aber für manche der Spaß auf. Das wurde deutlich, als der hr über den NS-Hintergrund des Frankfurter Wappenadlers berichtete. Die meisten Leserkommentare stuften jede Diskussion darüber als überflüssig ein. Es gebe genug andere Probleme, und Frankfurt solle das mittelalterlich gehaltene Adlermotiv behalten.
Auch Landtagspräsidentin Wallmann legt Wert auf die heraldische Tradition, wie sie sagt. Heraldik ist die Wappenlehre, die jedem Detail Bedeutung beimisst. Auch die Farben des Löwen, Rot und Weiß, werden historisch abgeleitet: von den thüringischen Landgrafen, die einst Teile Hessens regierten.
Was möglich wäre, wenn man die Wappenregeln einmal frei interpretiert, hat hr-Grafiker Kaan Karca einmal ausprobiert. Seine Entwürfe zeigen: Mit einer Löwin hätte der Auftritt des Landes gleich eine ganz andere Anmutung.
Sendung: hr-iNFO, 27.02.2023, 16.25 Uhr
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