Mehr Swag im Hofheimer Rathaus Wie sich Wilhelm Schultze zum Bürgermeister rappte
Am Sonntag hat der parteilose Wilhelm Schultze das Bürgermeisterrennen in Hofheim für sich entschieden. Mit ihm dürfte etwas mehr Swag ins Rathaus einziehen - sein Wahlprogramm hatte Schultze unter anderem in einem Rap-Song vorgetragen.
Der Tag nach dem Sieg kann ganz schön anstrengend sein. Wilhelm Schultze jedenfalls wirkt am Montagnachmittag noch etwas angeschlagen, als er durch die Hofheimer Innenstadt spaziert. Der 29-Jährige kommt meist nur ein paar Meter weit, dann muss er kurz stehen bleiben, jemandem winken oder auch gleich die Hand schütteln.
"Herzlichen Glückwunsch, Willi", schallt es des Öfteren über den Platz. Meist sind es jüngere Menschen, die Schultze beim Vornamen nennen. Doch auch ein paar ältere Hofheimerinnen und Hofheimer halten an. Oft haben sie dieselbe Frage: "Sind Sie nicht unser neuer Bürgermeister?" Nur eines erwartet überraschenderweise niemand: dass Wilhelm Schultze losrappt.
Ins Amt gerappt
"Ich dachte, meine Chance wäre vielleicht ein knappes Ergebnis zu erzielen. Wenn ich überhaupt eine Chance hätte", sagt Schultze. Tatsächlich war es am Ende kein enges Rennen. Mit 58,5 Prozent hat sich der parteilose Schultze am vergangenen Sonntag bei der Bürgermeister-Stichwahl gegen Amtsinhaber Christian Vogt (CDU) durchgesetzt. "Dass es so deutlich ausfällt, hätte ich mir niemals träumen lassen."
Im Wahlkampf lautete Schultzes Motto: Swag statt Understatement. "Willi wählen! Willi wählen! Willi wählen! Willi wählen! Willi wählen! Willi wählen! Willi wählen! Hör, wie's durch die ganze Stadt schallt! Vom Kellereiplatz bis zum Stadtwald", rappte der Herausforderer in seinem eigens komponierten Wahltrack. "Er ist der Beste fürs Rathaus! Alles, was er sagt, immer gradaus!" Die Botschaft kam offenkundig an. Man könnte auch sagen: Schultze ist der erste Bürgermeister in Hessen, der sich ins Amt gerappt hat.
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Glaubwürdigkeit durch Erfahrung
Man könnte also - um im Hip-Hop-Jargon zu bleiben - sagen, dass im Hofheimer Rathaus ein neuer MC am Start ist. Andererseits: so ganz neu auch nicht mehr. Wilhelm Schultze ist in der Kreisstadt schon länger eine lokale Bekanntheit.
Als selbsternannter "König von Lorsbach" veröffentlichte er bereits Ende der 2010er-Jahre lustige Kurzvideos, um seinen Heimatstadtteil zu bewerben. 2019 ging er - damals gerade mal 23 Jahre alt - ins Rennen um den Bürgermeisterposten und holte beachtliche 12,3 Prozent im ersten Wahlgang.
Sechs Jahre später ist aus dem engagierten Ehrenamtler ein gestandener Lokalpolitiker geworden. Seit vier Jahren ist er Fraktionsvorsitzender der "Bürger für Hofheim" in der Stadtverordnetenversammlung. Beruflich arbeitet er im benachbarten Hattersheim (Main-Taunus) in der Wirtschaftsförderung.
Er habe "an Erfahrung einiges draufgepackt" seit der letzten Wahl. Das, so Schultze, hätten die Wählerinnen und Wähler auch mitbekommen. "Ich habe mich in den letzten Jahren, glaube ich, ganz gut eingebracht, engagiert und gezeigt. Und die Leute nehmen das wahr und schätzen das." Das hätte sich auch schon im Wahlkampf gezeigt, bei dem ihn mehr als 100 freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützt hätten.
Dauerbrenner Kita-Plätze
Am Ende habe es dann eine Mehrheit für einen "Wechsel" statt eines "Weiter so" gegeben. Dabei habe er sicherlich davon profitiert, dass er als unabhängiger Kandidat ohne Parteibindung angetreten sei. Zudem sei ihm und seinem Team zugute gekommen, dass sie konsequent auf "Transparenz" und "Bürgernähe" gesetzt hätten.
Und wohl auch auf die richtigen Themen. "Jedes Kind verdient einen Kita-Platz! Priorisier's, weils sonst niemand macht", heißt es im Schultzes Wahlkampf-Rap. Tatsächlich ist der Mangel an Betreuungsplätzen ein lokalpolitischer Dauerbrenner. Schultze verspricht, das Thema zur Chefsache zu machen. In Zusammenarbeit mit Trägern und Ämtern sollen Konzepte entwickelt werden, um Fachpersonal für Kitas auszubilden und in der Stadt zu halten.
Mehr Grün und mehr Wirtschaft
Weiteren Handlungsbedarf sieht Hofheims neuer BürgerMC beim Stadtwald, den er "naturnah bewirtschaften" lassen will, sowie bei der Digitalisierung der Stadtverwaltung und bei der Wirtschaftsförderung. Hier will Schultze Politik, Gewerbe und Verwaltung besser vernetzen, die Innenstadt durch Feste beleben und durch gezieltes Stadtmarketing mehr Besucher nach Hofheim locken.
Ein durchaus ambitioniertes Programm für die kommenden sechs Jahre. Mit dem Rappen könnte es daher nach dem Amtsantritt im September schwierig werden. "Ich glaub, für Hobbys bleibt in Zukunft nicht mehr so viel Zeit, wenn man sich für seine Stadt einbringen will", sagt Schultze. Ein Dankes-Song könnte vielleicht noch kommen - wenn's ihn nochmal packt.