Nach der Stichwahl in Frankfurt Oberbürgermeister Josef will nicht "im eigenen Saft schmoren"
Bei seinem ersten Auftritt nach der Stichwahl kündigt der designierte Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef eine Zeit "des Handelns und der Entscheidungen" an. Auch die Opposition will er einbinden.
Die Zukunft der Stadt ist eine Baustelle. Zumindest legt das der Ort nahe, den sich der designierte Oberbürgermeister von Frankfurt für seine erste Pressekonferenz nach der gewonnenen Stichwahl ausgesucht hat: Die Agentur des städtischen Wandels, ein Konzeptbüro in den ehemaligen Räumen eines Autoteile-Handels in der Innenstadt, zelebriert das Unfertige. Unverputzte Wände, hölzerne Treppenaufgänge mit reichlich Patina, Bierbänke als Sitzgelegenheit.
"Die Zukunft der Innenstadt", steht an den Fenstern zu lesen. Würde man das "Innen" streichen, hätte man zum passenden Ort auch das passende Motto für den ersten öffentlichen Auftritt von Mike Josef (SPD) nach seinem Stichwahl-Sieg. Die "Zeit des Handelns und der Entscheidungen" sei gekommen, erklärt Mike Josef.
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Josef will Sportdezernent bleiben
Vor allem in der Stadtverwaltung erwarten Josef nach der AWO-Affäre und dem unrühmlichen Ende der Ära Feldmann einige drängende Baustellen. So kündigt Josef an, das Hauptamt - quasi die Zentrale der Stadtverwaltung - neu ordnen zu wollen.
Viele Strukturen müssten "verändert und freigeräumt" werden: Eine direkte Reaktion auf die Ermittlungen gegen den ehemaligen Leiter des Hauptamtes und Feldmann-Vertrauten Tarkan Akman.
Weiterhin soll das Stadtmarketing künftig dem Wirtschaftsdezernat zugeordnet werden. Ein erster Schritt in Richtung Neuordnung des Amtes für Kommunikation und Stadtmarketing, das Kritikern zufolge von Feldmann vorwiegend zur Eigen-PR genutzt worden sei.
Das von im bislang geführte Planungsdezernat will Josef abgeben. Wer sein Nachfolger wird, soll zeitnah geklärt werden. Sportdezernent will Josef einstweilen bleiben.
Energiehilfen und Zuschläge für Erzieherinnen
Die großen Baustellen in der Stadtverwaltung sind ein Erbe seines Vorgänger. Doch auch abseits davon erwartet den OB einiges an Arbeit. Vor allem wenn er seine Versprechen aus dem Wahlkampf einhalten will.
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Zu den drängendsten Anliegen gehöre die Umsetzung eines Energiehilfefonds, sagt Josef. Dieser soll Bürgerinnen und Bürger unterstützen, welche die steigenden Energiekosten "nicht aus eigener Kraft" bewältigen können.
Zugleich müsse die Stadt das Thema Energiewende angehen. Dies sei jedoch nur in Zusammenarbeit mit der Region möglich. Er wolle daher das Gespräch mit den umliegenden Kreisen und Kommunen suchen, so Josef. Als erstes werde er den Offenbacher Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) besuchen.
Und auch an dem im Wahlkampf in Aussicht gestellten "Frankfurt-Zuschlag" für Erzieherinnen und Erzieher hält Josef weiter fest. Allerdings müsse darüber mit der Landesregierung verhandelt werden.
Keine sozialdemokratische Hausmacht
Josefs erster Auftritt ist gekennzeichnet von der für ihn typischen Zurückhaltung. Statt einer großen Vision, präsentiert er eine grobe Marschrichtung mit einigen festgelegten Wegpunken. Und er verspricht, möglichst viele mitzunehmen.
"Ein Bürgermeister für alle Frankfurterinnen und Frankfurter", wolle er sein, betont Josef. Eine beliebte Nachwahl-Floskel. In diesem Fall aber wohl auch die Formulierung einer Notwendigkeit.
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Denn die Analysen der Stichwahl zeigen deutlich, dass sich Josef nicht auf eine sozialdemokratische Hausmacht in der Frankfurter Wählerschaft stützen kann. Das knappe Stichwahl-Ergebnis zu seinen Gunsten verdankt er nämlich nicht der sozialdemokratischen Stammwählerschaft. Die übte sich größtenteils in Abstinenz an den Wahlurnen. Nur rund 23 Prozent der Wähler, die bei der vergangenen Kommunalwahl 2021 die SPD wählten, machten am Sonntag auch ihr Kreuz beim SPD-Kandidaten Josef.
Mehr als 40 Prozent seiner Stimmen in der Stichwahl erhielt Josef von Menschen, die im ersten Wahlgang die Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann wählten. "Man kann es auch so sehen, dass ich Wählerinnen und Wähler zurückgewonnen habe, die bei der Kommunalwahl 2021 nicht mehr SPD gewählt haben", versucht sich das frisch gewählte Stadtoberhaupt an einer für ihn positiveren Deutung der Statistik.
Doch es ist klar, dass er bei künftigen Entscheidungen, die Positionen der Grünen mitdenken muss. Nicht nur weil sie einen erheblichen Teil seiner Wählerschaft ausmachen, sondern auch weil sie die größte Fraktion im Magistrat stellen.
Nicht im eigenen Saft schmoren
Und dann ist da noch die Tatsache, dass CDU-Kandidat Uwe Becker mit 48,3 Prozent fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler von sich und seinen Positionen überzeugen konnte. Auch das gilt es zu berücksichtigen.
Josef kündigt entsprechend an, "bei wichtigen Entscheidungen für die Stadt auch die Parteien außerhalb der Stadtregierung" einbinden zu wollen - etwa in Sachen Zukunft der städtischen Bühnen.
"Wer in seinem eigenen Saft schmort, kann sich nicht weiterentwickeln. Und die Stadt muss sich weiterentwickeln", so Josef. Die Weichen dafür kann er ab dem 11. Mai zumindest mit stellen - dann beginnt offiziell seine erste Amtszeit.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 27.03.2023, 19.30 Uhr
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