Nach Gewerbesteuereinbruch Stadt Marburg hat Millionenloch im Haushalt - sieht aber "kein Drama"

Die Stadt Marburg erwartet für das laufende Jahr deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen als noch im vergangenen Dezember eingeplant. Spürbare Einschränkungen soll es für die Bürger aber nicht geben.

Marburg Schlossblick
In Marburg gibt man sich trotz sinkender Gewerbesteuereinnahmen gelassen. Bild © Fabian Weidenhausen
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Nur noch 96 Millionen statt der ursprünglich erwarteten 158 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen: Am Freitag hat die Stadt Marburg mitgeteilt, sie müsse einen Nachtragshaushalt verabschieden. Dieser sehe Einsparungen von rund 15 Millionen Euro vor.

Auch für 2025 müsste die Stadt nach Ansage von Unternehmen mit weniger Gewerbesteuer auskommen als geplant. Trotzdem werde es keine spürbaren Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger geben.

Warum das so ist, erklärte die Stadt am Montag auf hr-Nachfrage. "Für die Stadt Marburg sind die Haushaltsdefizite kurzfristig zunächst kein Drama", teilte eine Sprecherin mit. Seit Jahren seien Ausgaben im Haushalt höher angesetzt worden als das, was tatsächlich ausgegeben werden konnte - es sei also Geld übrig geblieben. Für 2023 sei dies in den Bereichen "Sach- und Dienstleistungen" sowie "Zuschüsse und Zuwendungen" geschehen, hier seien es gut 20 Millionen Euro gewesen.

Stadt: Keine Kürzungen zugesagter Zuschüsse

Das habe verschiedene Gründe: Ausgaben hätten sich verzögert, Projekte seien günstiger geworden, in manchen Bereichen seien "Sicherheitszuschläge für Eventualitäten" eingeplant gewesen, auch aus der Erfahrung der Krisenjahre. In Summe könnten Kürzungen also vermieden werden, so die Sprecherin. Wo erforderlich, seien im Nachtragshaushalt sogar höhere Ausgaben angesetzt.

Es würden keine zugesagten Zuschüsse gekürzt, betonte sie. Auf steigende Herausforderungen wie etwa höhere Tarifabschlüsse reagiere die Verwaltung mit "Effizienzsteigerung bei der Aufgabenerledigung" und der "kostengünstigeren Bereitstellung von Leistungen". Die Verwaltung wolle also besser werden. "Das ist ein langwieriger Prozess für die Zukunft - und für die Haushaltsplanungen ab 2026", hieß es weiter. Und: "Die Aufstellung des Haushalts für 2025 ist quasi schon abgeschlossen."

Marburg habe finanzielle und zeitliche Puffer, weil die Stadt ihre Defizite zudem durch hohe Rücklagen noch für viele Jahre ausgleichen könne. Das Geld solle aber auf Dauer für Investitionen genutzt werden.

Zwischen 2021 und 2023 noch sprudelnde Einnahmen

Zwischen 2021 und 2023 konnte sich die Stadt noch über satte Gewerbesteuereinnahmen freuen, allein 2021 waren es rund 480 Millionen Euro. Rund 80 Prozent davon kamen von der dort ansässigen Pharmaindustrie, wie Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) noch Anfang des Jahres in einem Interview erklärte.

Namen einzelner Unternehmen darf die Stadt aufgrund des Steuergeheimnisses nicht nennen, wie sie betonte.

Wichtiger Steuerzahler ins Minus gerutscht

Ein wichtiger Gewerbesteuerzahler ist allerdings bekannt: Das unter anderem in Marburg ansässige Unternehmen Biontech, das im August ein Defizit von über 807 Millionen Euro vermeldete - womit es noch einmal deutlich über dem Minus von 190,4 Millionen aus dem Vorjahreszeitraum lag.

Im ersten Halbjahr 2024 summierte sich den Angaben des Unternehmens zufolge der Nettoverlust auf über 1,1 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte Biontech noch einen Gewinn von 311,8 Millionen Euro ausgewiesen.

Investition in Schulen und Kitas geplant - eigentlich

Zu den guten Zeiten hatte die Verteilung des Geldes in der Marburger Stadtverordnetenversammlung zu Streit und zum Austritt der Linken aus der Regierungskoalition geführt. Teil des Streits war auch eine Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes zum Jahr 2022 von 400 auf 357 Punkte.

Schließlich investierte die Stadt 350 Millionen Euro in einem Spezialfonds mit Anleihen und Aktien - von hier soll das Geld in Schulen, Kitas, Wohnen, Sozialeinrichtungen, Kultur und Brandschutz investiert werden.

Der Nachtragshaushalt soll nun am 8. Oktober im Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss und am 11. Oktober in der Stadtverordnetenversammlung beraten werden.

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Redaktion: Sonja Fouraté

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de