Nach umstrittenem TikTok-Video AfD-Landtagsabgeordneter mit Sturmgewehr legt Parteiposten nieder
Mit drei Schüssen aus einem Sturmgewehr sagte der hessische AfD-Politiker Müger der Migration den Kampf an. Nun zieht seine Partei Konsequenzen aus dem TikTok-Video. Mitglied der Fraktion darf er vorerst bleiben.
"Wir müssen endlich diese Migration bekämpfen", sagt der AfD-Landtagsabgeordnete Maximilian Müger in einem TikTok-Video. Am Ende des Clips feuert er mit der Forderung "Freie Waffen für Freie Bürger" drei Schüsse aus einem Sturmgewehr ab.
Wenige Tage nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks über diesen martialischen Auftritt ist der 31-Jährige nach Angaben der hessischen AfD mit sofortiger Wirkung von seinen Parteiposten und auch als Mitglied des Innenausschusses des Landtags zurückgetreten.
Wie die Parteivorsitzenden Robert Lambrou und Andreas Lichert mitteilten, zog sich Müger innerparteilich als Vorsitzender der AfD im Kreis Offenbach und als Chef des Ortsverbands Neu-Isenburg zurück. Auch das Amt als Vize-Landesvorsitzender der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Nachwuchsorganisation Jungen Alternative (JA) habe er aufgegeben.
AfD-Landeschefs: "Unsägliches Video"
"Wir distanzieren uns ausdrücklich von diesem unsäglichen Video", heißt es in der Stellungnahme von Lambrou und Lichert. Über weitere Konsequenzen werde der Landesvorstand ebenso wie die AfD-Fraktion Anfang der kommenden Woche beraten.
Dem Schritt gingen Sitzungen des Landesvorstands am Montagabend und der Landtagsfraktion am Dienstag voraus. Vollständig ist der Rückzug nicht: Noch bleibt Müger Mitglied des Rechtsausschusses im Landtag und des Petitionsausschusses.
Dessen Vorsitzender Oliver Ulloth (SPD) teilte jedoch am Mittwoch nach einer Prüfung des Videos mit: Er lasse nicht zu, dass die Integrität des Ausschusses beschädigt werde, der sich mit verfassungsmäßig garantierten Rechten der Bürger befasst. Demnach werden dem AfD-Politiker keine Petitionen mehr zugewiesen, in denen Menschen Petitionen zu ihrem Aufenthaltsrecht eingereicht haben. Andere Maßnahmen gegen Müger behalte er sich vor, sagte Ulloth.
Zwei Mandate sind schon weg
Die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens und ein Rauswurf aus der Fraktion hat die AfD damit noch nicht beschlossen. Mit einer Trennung von ihm käme der AfD im Landtag bereits das dritte Mandat abhanden.
Mit ursprünglich 28 Sitzen war sie bei der Hessenwahl vergangenen Herbst stärkste Oppositionskraft geworden. Damit hatte sie ein Fünftel der Parlamentssitze und hätte problemlos per Minderheitenrecht Untersuchungsausschüsse durchsetzen können. Das hat sich geändert.
Denn der Abgeordnete Sascha Herr wurde wegen Neonazi-Kontakten erst gar nicht in die Fraktion aufgenommen und verließ später die Partei. Dann trat der Abgeordnete Dirk Gaw aus. Offiziell will die AfD nicht mit Herr zusammenarbeiten. Für die Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses war sie aber auf seine Unterstützung angewiesen.
Müger: "Nur für privaten Gebrauch"
Das Video vom Sturmgewehr-Auftritt war kurze Zeit auf dem TikTok-Kanal Mügers zu sehen und rasch nicht mehr auffindbar. Dem hr liegt aber ein vollständiger Mitschnitt vor. Die Echtheit des Videos bestätigte Müger dem hr auf Anfrage.
Es sei unter Aufsicht eines Schießleiters auf einem Schießplatz in Polen gedreht worden, sagte Müger dem hr. Er will nach eigenen Angaben Sportschütze werden. Die Video-Aufnahme sei für den "privaten Gebrauch" gedacht, die Veröffentlichung ein Versehen gewesen.
Anfangs zu viel Verständnis?
AfD-Co-Landeschef Robert Lambrou kritisierte das Video unmittelbar nach Bekanntwerden gegenüber dem hr als "Grenzüberschreitung" und kündigte bereits an: "Dieses Video wird Konsequenzen haben."
Lambrou sagte zunächst aber auch, Müger bringe in dem Video "inhaltlich vieles auf den Punkt". Das wiederholte der AfD-Vorsitzende später nicht mehr.
Schießtraining in Polen
Seinen Sturmgewehr-Auftritt begann Müger in dem eineinhalb Minuten langen Clip mit der Klage, dass man sich anders als in Polen in deutschen Städten nicht mehr sicher fühlen könne. Das habe nach vorausgegangenen Angriffen das Messerattentat von Solingen erneut gezeigt.
Dass Polen sicherer sei, führte der AfD-Politiker auf zwei Gründe zurück: Dort gebe es keine "Talahons und afro-arabischen Migranten". Außerdem sei das Waffenrecht viel liberaler.
FDP spricht von Alibi-Aktion
Politiker anderer Parteien im Landtag hatten sich nach dem hr-Bericht entsetzt über das Video gezeigt. Der Inhalt des Videos sei eines Abgeordneten nicht würdig, sagte der FDP-Politiker Oliver Stirböck am Dienstag und befand: "Der Teilrückzug ist eine halbherzige Alibi-Aktion". Müger habe im Landtag nichts verloren und müsse sein Amt niederlegen. Seiner Meinung nach ist der AfD-Mann "im wahrsten Sinne des Wortes durchgeknallt".