Tod von Finanzminister Schäfer - ein Nachruf Er wirkte wie ein Fels in der Brandung
Besonnen, zupackend, verlässlich: Thomas Schäfer handelten viele als zukünftigen Ministerpräsidenten Hessens. Der Finanzminister schien auch in der Corona-Krise ein Fels in der Brandung. Sein Tod erschüttert die Landespolitik schwer.
Beim Kampf gegen die Corona-Epidemie und ihre Folgen nahm Thomas Schäfer wie stets in der Landesregierung eine zentrale Rolle ein. Jahrelang hatte er einen Konsolidierungskurs betrieben, nun wurde in kürzester Zeit ein 8,5 Milliarden Euro umfassender Rettungsschirm aufgespannt, ein Nachtragsetat auf die Beine gestellt und die Schuldenbremse gelockert.
Besonnen, verlässlich und zupackend wie stets - der 54 Jahre alte CDU-Politiker schien an der Seite von Ministerpräsident Volker Bouffier der gewohnt unerschütterliche Stabilitätsgarant. Nun muss Bouffier "mit tiefer Trauer und großer Fassungslosigkeit" den Tod des Weggefährten hinnehmen, der seit Monaten als sein künftiger Nachfolger im Amt des Regierungschefs gehandelt worden war.
Schäfer wird in der Landesregierung fehlen
Die Leiche Schäfers wurde am Samstagvormittag an der ICE-Strecke bei Hochheim (Main-Taunus) gefunden. Die Ermittler gehen von Suizid aus. Ein Tod, der die Landespolitik schwer erschüttert.
Der CDU-Politiker, der eine Frau und zwei Kinder hinterlässt, wird in der Landesregierung gerade in dieser Lage mit ihren beispiellosen Herausforderungen schmerzlich fehlen. Und das nicht nur denen, die ihm freundschaftlich verbunden waren. Seine hohe Kompetenz und seine Erfahrung waren auch bei Kritikern unbestritten, sein Humor geschätzt.
Rettungsschirm im Eilverfahren
Noch am Donnerstag hatte der Mann aus Biedenkopf gemeinsam mit Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die Details für die Bundes- und Landeshilfen zur Rettung von mehr als 200.000 besonders hart von der Corona-Krise getroffenen Freiberufler und kleinen Unternehmen vorgestellt. Er sprach von "ungeahnten Herausforderungen", bei deren Bewältigung das Land schnell und unbürokratisch helfen werde.
Dazu lockerte der Landtag auf Vorschlag der Landesregierung und Schäfers auch die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die Schäfer zuvor stets verteidigt hatte, damit das Land für schlechte Zeiten gewappnet sei. "Am Geld wird die Bekämpfung der Corona-Krise nicht scheitern", versicherte er. Als Krisenmanager hatte der Konservative schon vor einem Jahrzehnt Erfahrungen in der Finanz- und Bankenkrise gesammelt.
Damals koordinierte er, als Finanzstaatssekretär erst kurz im Amt, die politischen Anstrengungen zur Rettung des Rüsselsheimer Autoherstellers Opel und dessen Standorten in ganz Deutschland. Zum Erhalt der deutschen Tochter des US-Konzerns General Motors und tausender bedrohter Arbeitsplätze pendelte er als Mitglieder der "Task Force" der Bundesregierung zwischen Verhandlungsorten in Rhein-Main, Berlin und Washington.
Bundesweit beachtete Konsolidierung
Bundesweit einzigartig und viel beachtet ist der von Schäfer initiierte Kommunale Schutzschirm für die vielen hochverschuldeten hessischen Städte, Gemeinden und Landkreise. Die Kommunen verpflichteten sich zu Konsolidierungsmaßnahmen. Im Gegenzug half das Land bei der Entschuldung. 100 Kommunen beteiligten sich, bis Mitte März konnten 24 den Schutzschirm wieder verlassen.
Von vereinzelter Kritik an dem Projekt ließ sich der Minister nicht beirren. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) griff das Modell des hessischen Amtskollegen mit dem Ziel auf, nach diesem Vorbild bundesweit aktiv zu werden.
Den Umgang mit Geld hatte Schäfer gründlicher als manch anderer Politiker gelernt. 1966 im nordrhein-westfälischen Hemer (Sauerland) geboren, wuchs er im mittelhessischen Städtchen Biedenkopf auf und absolvierte dort nach dem Abitur eine Ausbildung bei der Sparkasse.
Politisch war er früh in der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) aktiv, kam 1985 in deren Landesvorstand. Als die Partei 1999 in Hessen an die Regierung kam, begann sukzessive der Aufstieg in der Landespolitik.
Minister und Kommunalpolitiker
Damals ging Schäfer als rechte Hand und Büroleiter des Justizministers Christean Wagner (CDU) nach Wiesbaden. Die weiteren Etappen: Büroleiter von Ministerpräsident Roland Koch (CDU), dann erst Staatssekretär im Justizministerium, anschließend im Finanzministerium (2009).
Seit 2010 war Schäfer unter Ministerpräsident Volker Bouffier selbst Finanzminister. Der Kommunalpolitik blieb er bis zu seinem Tod treu, als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Marburg-Biedenkopf und im Parlament seiner Heimatstadt Biedenkopf. Dort saß er seit 1985, damals als jüngster Stadtverordneter Hessens.
Sendung: hr-iNFO, 29.03.2020, 6.05 Uhr