Streit um Mietvertrag Nie genutzte Büros könnten für Stadt Frankfurt teuer werden
Zoff in der Frankfurter Stadtpolitik: Bildungsdezernentin Weber soll Büro-Flächen angemietet haben - ohne Zustimmung aus dem Magistrat. Bezogen wurden die Räume nie, doch der Vermieter fordert jetzt sein Geld. Die Opposition sieht den Ruf der Stadt in Gefahr.
Man sieht ihr an, dass sie sich nicht wohlfühlt in ihrer Haut: Als Frankfurts Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) am Dienstagabend dem Haupt- und Finanzausschuss im Römer Rede und Antwort steht, hat das eher den Charakter eines Tribunals als den eines politischen Gremiums.
Der Vorwurf aus der CDU in der Opposition: Weber habe eigenmächtig und ohne Rückendeckung ihrer Magistratskollegen gehandelt und damit der Stadt einen finanziellen Schaden zugefügt - oder zumindest einen Imageverlust.
Mietvertrag ohne Zustimmung unterschrieben
Auf den ersten Blick wirkt der Fall nicht ungewöhnlich: Eine Dezernentin einer großen Stadt braucht neue Räumlichkeiten für ihr Büro und führt Verhandlungen mit potentiellen Vermietern. Sie findet eine geeignete Immobilie und leistet im Dezember 2022 eine Unterschrift - unter Vorbehalt.
Doch ein solcher offizieller Mietvertrag ist in Frankfurt nur gültig, wenn es die Zustimmung des Magistrats in Form einer zweiten Unterschrift gibt. Und da liegt der Knackpunkt: Genau diese Zustimmung fehlt bis heute.
Weber soll Empfehlungen ignoriert haben
Der Magistrat ist nicht einverstanden mit dem Anmieten der Bürofläche in der Hedderichstraße in Frankfurt-Sachsenhausen. Doch das wurde erst Anfang dieses Jahres endgültig entschieden. Weber habe die Sache intern also nicht abgestimmt, heißt es von der CDU. Sie habe eigenmächtig gehandelt und die Empfehlungen aus verschiedenen städtischen Fachämtern, unter anderem aus dem Rechtsamt, ignoriert. Die hielten die Bürofläche für zu groß und zu teuer. Zudem gebe es alternative Flächen, die genutzt werden könnten.
Das Rechtsamt der Stadt hatte schon im Sommer 2022 rechtliche Bedenken angemeldet und nach eigener Aussage "mehrfach telefonisch und per E-Mail dringend davon abgeraten, die Liegenschaft anzumieten".
Weber argumentiert dagegen: Sie habe 2022 ihre bisherigen Räume in der Mainzer Landstraße im Frankfurter Gallus dringend freimachen wollen, um sie für die Beratung ukrainischer Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Sie sei fest davon ausgegangen, dass die Zustimmung des Magistrats nur eine Formsache sei. Und zu teuer sei die Miete mit 16,70 Euro pro Quadratmeter auch nicht. In Sachsenhausen würden ganz andere Preise für Büroflächen aufgerufen, argumentiert Weber.
Vermieter fordert sechsstellige Summe
Weber bekommt jetzt Gegenwind im Römer. Sogar Magistratskollegen aus den eigenen Reihen gaben ihr während einer Debatte zu dem Thema im Stadtparlament im Frühjahr keine Rückendeckung.
Gleichzeitig fordert der Vermieter, eine Immobiliengesellschaft aus Luxemburg, sein Geld. Der Vertreter des Vermieters, ein Architekt mit Sitz in der Schweiz, bestätigte dem hr: Die Gesamtmiete für die 1.230 Quadratmeter große Bürofläche liegt bei knapp 25.000 Euro im Monat.
Laut dem Vertreter der Immobiliengesellschaft ist Frankfurt über ein Jahr lang mit der Miete im Rückstand. Eine finanzielle Forderung dürfte laut Rechtsamt der Stadt inzwischen bei 350.000 bis 395.000 Euro liegen.
Inklusive der Umbauten, die die Dezernentin beim Vermieter in Auftrag gegeben hat, könnte die Summe sogar bei 500.000 Euro liegen.
Türschild angebracht, Räume nie bezogen
Sylvia Weber hatte im Dezember 2022 den Mietvertrag unterschrieben und die Schlüssel für die Räume entgegengenommen. Die Schlüssel wurden aber erst Ende März 2024 zurückgegeben, als endgültig klar war, dass der Magistrat dem Vertrag nicht mehr zustimmen würde.
Der Vertrag dürfte eigentlich nicht gültig sein, denn es fehlt die zweite Unterschrift. Doch der Vermieter sieht die Sache anders: Das Dezernat hatte immerhin gut 15 Monate lang Zugang zu den Büroräumen.
Ein skurriles Detail: Die Immobiliengesellschaft hatte nach der Unterschrift Webers bereits ein Klingelschild anbringen lassen mit der Aufschrift "Dezernat für Bildung, Immobilien und Neues Bauen" - als sei dies tatsächlich bereits ein Standort der Stadt Frankfurt am Main. Doch bislang hat nie eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Dezernats dort gearbeitet - und wird es wohl auch nie tun.
Opposition sieht noch viele offene Fragen
Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Sarah Steinhardt, hatte wegen der vielen offenen Fragen Akteneinsicht gefordert – und sie bekommen: Gut einen Monat lang konnten die Stadtverordneten die elf Aktenordner zu der Sache einsehen. Auch am Dienstagabend im Haupt- und Finanzausschuss war immer noch nicht alles klar. Das Thema wurde auf die nächste Sitzung vertagt, die CDU forderte noch mehr Akten an.
In einem waren sich mehrere Stadtpolitiker einig: Die Angelegenheit schadet dem Ruf der Stadt Frankfurt als seriöse Geschäftspartnerin.
Sendung: hr-iNFO, 10.07.2024, 9.07 Uhr
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