Reaktionen zum hr-Hessentrend Starkes Signal für Schwarz-Rot oder Quittung für schwache Zwischenbilanz?
Die CDU übermächtig, die schwarz-rote Koalition nicht besonders populär, die AfD mit Verlusten: Das Ergebnis des aktuellen hr-Hessentrends hat bei den betroffenen Parteien sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.
Die Popularität der neuen schwarz-roten Landesregierung hält sich noch in Grenzen, die deutlich führende CDU aber legt weiter zu. Ihr neuer Juniorpartner SPD stagniert ebenso wie Grüne und FDP - und die AfD verliert als einzige Kraft im Landtag spürbar.
Auf diese Ergebnisse des aktuellen hr-Hessentrends haben die Parteien am Freitag erwartungsgemäß sehr unterschiedlich regiert.
Die Bandbreite der Interpretationen reicht von "starkem Signal“ für die nun 100-tägige Regierungsarbeit von Schwarz-Rot bis zum Befund: Hier schlage sich eine schwache Zwischenbilanz in Umfragewerten nieder.
CDU lobt Rhein und sein "Kontrastprogramm"
Die CDU wertet ihren enormen, gegenüber der Landtagswahl vom vergangenen Herbst noch ausgebauten Vorsprung vor den anderen Parteien als "starkes Signal". Von einem Vertrauensbeweis für die Partei, vor allem aber für Ministerpräsident Boris Rhein sprach die CDU-Generalsekretärin Anna-Maria Bischof.
"Als Kontrastprogramm zur Streit-Ampelregierung im Bund schätzen die Menschen die Stabilität der hessischen Regierung“, heißt es in ihrer Mitteilung. Laut Bischof zahlt es sich aus, dass die Koalition in ihrer bisherigen Amtszeit mit ihrem Sofortprogramm die Bedürfnisse der Menschen erkannt habe.
AfD sieht ihr Programm kopiert
Der Erfolg der Union sei darauf zurückzuführen, dass sie sich bei der AfD "inhaltlich hemmungslos bedient" - so lautet der Befund von AfD-Co-Landeschef Andreas Lichert. Ministerpräsident Rhein vollbringt aus seiner Sicht zurzeit mit anhaltender Kritik an der Ampel-Bundesregierung dabei ein "Kunststück": Er könne "eine Oppositionsrhetorik kombinieren mit einem gewissen Amtsbonus".
Obwohl die AfD als einzige im Landtag vertretene Partei spürbar gegenüber der Hessen-Wahl an Rückhalt verloren hat, zeigt sich Lichert mit den Zahlen "eigentlich noch sehr zufrieden". Er sieht die Verluste unter anderem im Zusammenhang mit aktuellen Vorwürfen gegen die AfD-Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron. Trotzdem sei die Partei in Hessen noch immer zweitstärkste politische Kraft.
SPD: Wenigstens stabil
"Zufrieden sind wir nicht. Aber das ist eine Momentaufnahme" - so ordnet SPD-Generalsekretärin Josefine Koebe die 15 Prozent für ihre Partei ein. So hatten die Sozialdemokraten auch bei der Hessen-Wahl abgeschnitten und damit das historisch schlechteste Ergebnis eingefahren.
Zu bedenken gab Koebe, dass sich die SPD seit der Wahl "ziemlich viel getraut" habe. Der Koalitionsvertrag mit der CDU streichle die sozialdemokratische Seele nicht nur, es gebe mit der innerparteilichen Neuausrichtung viele neue Gesichter. Es sei schön, dass der Wert da stabil geblieben sei.
Grüne beobachten "CDU-Alleinregierung"
Die oppositionellen Grünen lenken den Blick kritischer auf die SPD, von der sie nach zehn Jahren als Juniorpartner der Union abgelöst wurden. Nachdem die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt hatten, zeige sich nun: Die Regierungsbeteiligung zahle sich für sie nicht aus. Sie werde aufgrund einer "faktischen CDU-Alleinregierung" in der neuen Rolle gar nicht wahrgenommen.
Den eigenen Zahlen gewinnen die Grünen die positive Sichtweise ab, "stabil" zu sein und ein "ordentliches Ergebnis" erreicht zu haben. "Unser Ziel bleiben aber wieder Werte um die 20 Prozent", heißt es in einer Stellungnahme der Landesvorsitzenden Kathrin Anders und Andreas Ewald.
Hintergrund: Bis zum Beginn der Ampel-Bundesregierung und dem Streit um das Heizungsgesetz lagen die Grünen in den Umfragen zeitweise nicht weit hinter der CDU auf Platz 2.
FDP will freien Platz in der Mitte
Dass weniger als die Hälfte der Menschen in Hessen mit der Koalition zufrieden sind, ist laut FDP-Generalsekretär Moritz Promny angesichts einer schwachen 100-Tage-Bilanz von Schwarz-Rot nicht überraschend. Rhein und sein Kabinett stellten populistische Themen wie das Genderverbot ins Schaufenster, statt sich um drängendere Probleme wie Zuwanderung oder Bildung zu kümmern.
Promny räumt ein: Dass die FDP mit 5 Prozent beim Ergebnis der Landtagswahl stagniert, "kann uns nicht zufrieden stellen". Die Liberalen wollten in der Opposition im Landtag als "Partei der Mitte" zulegen. "Die Landesregierung ist seit dem Regierungswechsel deutlich konservativer geworden und macht keine Politik für die Mitte."
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 26.04.2024, 16.45 Uhr
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