Megastromtrasse bleibt Aufreger-Thema Bundesnetzagentur weist Landtagsbeschluss zu Rhein-Main-Link zurück

Die geplante Megastromtrasse Rhein-Main-Link sorgt für dicke Luft. Nachdem sich der Landtag mehrheitlich für einen Switch auf oberirdische Freileitungen ausgesprochen hat, widerspricht die zuständige Bundesnetzagentur: Das würde alles verzögern und erheblich teurer machen.

Dicke, rote Erdkabel in einer langgezogenen Baugrube für eine Megastromtrasse. Die Kabel verlaufen vom Vordergrund des Bildes bis zum Horizont, links und rechts davon ist jeweils ein Erdwall aus heller Erde
Beim Projekt Rhein-Main-Link sollen ähnliche Erdkabel verwendet werden wie hier bei der Baustelle im nordrhein-westfälischen Raesfeld. Bild © Amprion GmbH/Frank Peterschroeder

Im Streit um die geplante Windstromtrasse Rhein-Main-Link quer durch Hessen von Nord nach Süd wendet sich die Bundesnetzagentur gegen den Landtag in Wiesbaden. Das Parlament beschloss vorige Woche mit großer Mehrheit einen Antrag der Regierungsfraktionen CDU und SPD, in dem die Abgeordneten den Bund auffordern, die Pflicht zur Verlegung der Kabel unter der Erde schnellstmöglich auch für laufende Verfahren aufzuheben. Auch eine Trassenführung als Freileitung - also in Form herkömmlicher oberirdischer Hochspannungsleitungen - müsse rechtssicher ermöglicht werden. 

Audiobeitrag
Bild © picture alliance/dpa| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Das könne viel Geld sparen und damit niedrigere Netzentgelte ermöglichen. Außerdem werde der Ausbau beschleunigt, argumentierten die Landtagsabgeordneten. "Die vier Gleichstromvorhaben des Rhein-Main-Links sind als leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen von hoher energiewirtschaftlicher Bedeutung", räumten sie ein. Doch der Ausbau müsse landschaftsverträglich sein und von der Bevölkerung akzeptiert werden.

Mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren

Die Bundesnetzagentur in Bonn, die den Verlauf der Megastromtrasse plant, widerspricht den hessischen Parlamentariern in zentralen Punkten. Sie teilte der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch mit, die Erdverlegung sei im Bundesbedarfsplangesetz festgelegt. Eben um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, einigten sich die Bundesregierung und die Bundesländer vor Jahren darauf, die riesigen Leitungen unter der Erde zu verlegen, obwohl es teurer ist. Durch diese Leitungen soll Strom aus dem windreichen Norden Deutschlands ins bevölkerungs- und industriereiche Süddeutschland fließen.

Karte Trassenverlauf Rhein-Main-Link in Hessen
So sieht die Planung für den Rhein-Main-Link in Hessen aus. Bild © hessenschau.de/Vorlage: Amprion, BNetzA

Die Agentur wies außerdem darauf hin, dass der Rhein-Main-Link für den Stromtransport von den Nordsee-Windparks nach Südhessen bereits mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren sei. Bei einer komplett neuen Umplanung zu einer Freileitung wäre mit einer fünfjährigen Verzögerung und erheblichen Mehrkosten zu rechnen.

"Da der Rhein-Main-Link acht Gigawatt Leistung übertragen muss, müssten mehrere parallele Freileitungsmastreihen inklusive hoher Masten und der dann nötigen Schutzstreifen geplant und gebaut werden", erklärte die Bundesnetzagentur. Ob dann von einer Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung auszugehen wäre, bleibe eine politische Bewertung. Außerdem seien volkswirtschaftliche Schäden wegen der verzögerten Inbetriebnahme des Rhein-Main-Links zu erwarten.

Bedenken von Anwohnern, Bauern und Winzern

Der Streit um die Trassenführung tobt schon länger in Hessen. Grundsätzlich gilt, dass die in der Regel teureren Erdverlegungen besser als hohe, weithin sichtbare Freileitungen von Anwohnern akzeptiert werden. Allerdings müssen für Erdstromkabel Bagger erst breite Schneisen graben. Tief wurzelnde Weinreben oder Bäume können dann dort nicht mehr stehen. 

Zudem geht es dem Landtag um horizontal verschobene, landschaftsschonende Trassenführungen, etwa entlang der Autobahnen A3 und A67. Die Bedenken von Kommunen und Anwohnern, Bauern und Winzern im Stromtransit- und Stromimportland Hessen müssten angemessen berücksichtigt werden, finden die Parlamentarier.

In öffentlichen Anhörungen sagten Vertreter der Bundesnetzagentur, entlang von Autobahnen dürften solche Leitungen nicht gelegt werden. Den Platz neben Fernstraßen müsse man freihalten für mögliche Verbreiterungen.

Netzbetreiber füchtet zusätzliche Kosten

Der Netzbetreiber Amprion mit Sitz in Dortmund sieht die politische Entscheidung des hessischen Landtags "mit großer Sorge". Der Netzausbau hinke dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich hinterher. Das erhöhe die Netzentgelte. 

"Bis 2045 wird sich der Stromverbrauch in Hessen mehr als verdoppeln, von derzeit rund 40 Terawattstunden (TWh) auf über 90 TWh", teilte Amprion kürzlich mit. Gründe seien etwa die Elektrifizierung der Industrie sowie der steigende Bedarf von Rechenzentren der Digitalwirtschaft. 

Für das laufende Rhein-Main-Link-Projekt seien bereits Kosten von rund einer Milliarde Euro entstanden, teilte der Netzbetreiber weiter mit. Eine Umplanung zu Freileitungen würde zu zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe führen.

Ihre Kommentare Megastromtrassen: in der Erde, oberirdisch, entlang an Autobahnen - oder wie?

* Pflichtfeld

9 Kommentare

  • Die von der Agora Energiewende am Schreibtisch ausgedachte "All Electric" Strategie ist einfach zu radikal und nicht zu finanzieren. Die zu Grunde liegende "Null Co2" Ideologie ebenso. In einem liberaldemokratischen Staat müssen Veränderungen ausgewogen und mehrheitlich akzeptiert sein. Die derzeit benutzte Brechstange von oben führt zu Frustration und Stärkung der politischen Ränder.

  • 8-9 mal so teuer wie Freileitungen, sind die Erdleitungen und obendrein haben sie eine Lebenserwartung von nur 40 Jahren, sie müssen dann erneuert werden.
    Also praktisch eine Ewigkeitsaufgabe für künftige Generationen.
    Die Freileitungen, die ich hier um mich herum habe, stehen schon solange ich denken kann. (Jahrgang 1963)
    Abertausende von Hektar landwirtschaftlicher Fläche gehen verloren. 75m Breit über ca. 600km Länge.
    Zusätzlich die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen und Aufforstungen, natürlich auch auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.
    Dieser Wahnsinn war von Anfang an falsch aber wir haben's ja vermeintlich.
    Die Rechnung für unsere energiepolitische Geisterfahrt offenbart sich ja langsam in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt.
    Man steht nur noch staunend dabei.

  • Das Hauptproblem gegenwärtiger Energiepolitik (und nicht nur der) ist kein primär sachlicher. Als alter Mensch, der im Laufe seines Lebens im Kleinen wie im Großen viele (mitunter auch faule) Kompromisse zwischen zunächst widerstrebenden Interessen miterlebt hat, sehe ich den Verlust an Kompromissfähigkeit als eines der zentralen Probleme an.

    Kein Beteiligter möchte nachgeben, weil er seinen Gesichtsverlust befürchtet. Die vielen schwarz-weiß-Zuspitzungen zeugen von der Zerstörung eines früheren Gemeinwesens. Heute geht es nur noch um Partikularinteressen. Und da - so die unsinnigen Behauptungen - sind nur die eigenen gut und richtig.

Alle Kommentare laden