Rücktritt des Bürgermeisters angenommen Löhnberg macht Weg frei für Neuwahlen
Die Löhnberger Gemeindevertreter haben einstimmig ihren Bürgermeister in den Ruhestand versetzt und den Weg für Neuwahlen freigemacht. Wie geht es nun weiter? Das Regierungspräsidium will zur Lösung der Finanzkrise der Gemeinde einen staatsbeauftragten Bürgermeister einsetzen.
Die Gemeindevertreter von Löhnberg (Limburg-Weilburg) haben am Donnerstagabend einstimmig dem Antrag des amtierenden Bürgermeisters Frank Schmidt (SPD) auf Versetzung in den Ruhestand zugestimmt. Neben der CDU und den Freien Wählern stimmte auch Schmidts Partei dem Antrag zu.
Die Sozialdemokraten bedauerten aber zugleich, dass Schmidt keine Zeit gelassen worden sei, sich zu erholen und zu rechtfertigen. Sie monierten, dass der Respekt gegenüber dem Bürgermeister in den vergangenen Monaten auf der Strecke geblieben sei. Schmidt war seit Mai dienstunfähig gemeldet.
Die Gemeindevertreter machten mit der Entscheidung den Weg frei für Neuwahlen, die innerhalb von vier Monaten stattfinden müssen, wie der Amtsleiter der Gemeinde sagte.
Diskussion über Staatsbeauftragten
Am späten Abend diskutierten die Gemeindevertreter noch über den Plan des Regierungspräsidiums (RP) Gießen, einen staatsbeauftragten Bürgermeister einzusetzen, der die Finanzmisere der Kommune lösen soll. Die Freien Wähler zogen schließlich einen Antrag zurück, der das RP auffordern sollte, zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Staatsbeauftragten einzusetzen - offenbar weil sie befürchteten, dass ihr Antrag abgelehnt würde.
Der Erste Beigeordnete der Gemeinde, Wolfgang Grün (CDU) hatte zu Beginn der Woche der Nachrichtenagentur dpa noch gesagt, dass der Gemeindevorstand die geplante Einsetzung des Staatsbeauftragten ablehne.
RP braucht Zustimmung der Gemeinde nicht
Die Frage ist allerdings, ob die Gemeinde überhaupt einen solchen Staatsbeauftragten ablehnen kann. Denn wie das RP Gießen am Mittwoch auf hr-Anfrage mitteilte, handele es sich bei der Bestellung eines Staatsbeauftragten um eine Anordnung der Aufsichtsbehörde, die keiner vorherigen Zustimmung der Gemeinde bedarf.
"Der Gemeinde steht es selbstverständlich offen, eine etwaige Bestellung gerichtlich überprüfen zu lassen", heißt es weiter.
Klage gegen Staatsbeauftragten möglich
Diese rechtliche Auffassung bestätigt auch Verwaltungsexperte Maximilian Roth. Die Stellungnahme der Gemeinde müsste die obere Aufsichtsbehörde bei ihrer Entscheidung nur berücksichtigen, mehr nicht, sagt der Lehrbeauftragte an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit in Gießen.
Sollte es nun zu einer Bestellung eines Staatsbeauftragten kommen, könne die Gemeinde dagegen Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Diese Klage hätte aufschiebende Wirkung. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung könnte der Staatsbeauftragte dann seiner Tätigkeit nicht nachgehen.
Um diesen Zustand zu vermeiden, dürfte das RP vermutlich die "sofortige Vollziehung" der Bestellung des Staatsbeauftragten anordnen. Dann gelte die Beauftragung sofort.
Hebesätze und Kita-Gebühren erhöht
Einen Staatsbeauftragten hatte das RP Gießen in den vergangenen zehn Jahren lediglich in einem Fall bestellt, und zwar in der Gemeinde Siegbach (Lahn-Dill) im Jahr 2020. Dort war der Bürgermeister dauerhaft erkrankt.
Löhnberg hatte über Jahre Schulden angehäuft und keine geprüften Jahresabschlüsse vorgelegt. Mittlerweile liege ein geprüfter Abschluss für 2017 vor, und die Prüfung des Jahresabschlusses 2018 sei für Januar 2025 terminiert, sagte Grün, der Bürgermeister Schmidt vertritt.
Auch Maßnahmen zur Haushaltssanierung habe man bereits auf den Weg gebracht, darunter die Erhöhung von Hebesätzen und Kita-Gebühren.
RP: Haushaltskonsolidierung "dringend notwendig"
Das RP Gießen hatte Ende August bekanntgegeben, dass es die Bestellung eines Staatsbeauftragten plant: "Laut Einschätzung von Landkreis Limburg-Weilburg und RP Gießen ist die Gemeinde nicht eigenständig in der Lage, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um der äußerst kritischen finanziellen Situation mit der gebotenen Dringlichkeit und Nachhaltigkeit zu begegnen", begründete die Behörde damals.
Bereits im Juli hatte das RP Gießen der Gemeinde Liquiditätskredite in Höhe von bis zu vier Millionen Euro genehmigt, um deren Zahlungsfähigkeit zu sichern. Der Schritt war seinerzeit mit einer Auflage "zur dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung" verbunden.
Bislang keine strafrechtlichen Konsequenzen
Dazu gehörte auch eine nachhaltige Verbesserung der Ertragslage: Bis spätestens Ende Oktober solle die Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen, das darstellen soll, wie die Liquiditätskredite in einem "überschaubaren Zeitraum" zurückgeführt werden sollen, hieß es seinerzeit.
Offen ist, ob die Finanzkrise dienst- oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird. Bisher wurde die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet